Architektur 25.08.2000, 17:26 Uhr

Das Bauhaus in Amerika

Eine Ausstellung in Essen widmet sich den Bauhaus-Künstlern nach deren Emigration in die USA. Wie die Künstler aufgrund neuer Einflüsse ihren Stil und Standpunkt wandelten, aber auch, wie sie die jungen amerikanischen Künstler beeinflussten, ist Gegenstand der reich ausgestatteten Schau.

Die Austellung in Essen widmet sich ganz den Werken der Bauhaus-Künstler in den USA, denn dorthin emigrierten sie, nachdem sowohl das Dessauer Bauhaus 1932 als auch das Berliner 1933 geschlossen worden waren. Die Ausstellung zeigt, was sie dort taten und welchen Einfluss ihr Wirken in den Vereinigten Staaten von den 30er Jahren bis in die 60er Jahre nahm. Dabei werden die Werke der Bauhauskünstler den Werken amerikanischer Künstler gegenüber gestellt und veranschaulichen so die Auswirkungen, die von der Bauhausidee auf die Künstler jenseits des Atlantiks ausgingen.
Ein Überblick über den künstlerischen wie beruflichen Werdegang der Bauhauskünstler – zuerst in Deutschland und später in den USA – will den Einfluss der deutschen Moderne auf die amerikanische Kultur deutlich machen. Neue soziale und ökonomische Bedingungen beeinflussten die stilistischen und ikonografischen Entscheidungen der Künstler genau so wie ihre Theorien.
Die Schau beginnt mit der Präsentation einer Reihe von Gemälden und grafischen Arbeiten von Wassily Kandinsky und Paul Klee, die 1925 entstanden, als das Bauhaus von Weimar nach Dessau übersiedelte. Diese Werke kennzeichnen zugleich einen Übergang, an ihnen verdeutlich sich, dass in Dessau eine neue Periode der Bauhausgeschichte einsetzte mit einer beschleunigten Tendenzwende zum Industriedesign und zur Architektur. Am Anfang der vier Hauptteile der Ausstellung steht eine Auswahl von Objekten aus der Dessauer Zeit von: Anni und Josef Albers, Laszlo Moholy-Nagy, Ludwig Mies van der Rohe, Ludwig Hilberseimer, Walter Peterhans, Walter Gropius, Marcel Breuer, Xanti Schawinsky, Herbert Bayer, Lyonel, T. Lux und Andreas Feininger.
Danach erläutern die verschiedenen Abteilungen der Ausstellung die amerikanischen Erfahrungen dieser Künstler: das Zusammentreffen von Josef Albers mit Robert Rauschenberg und Kenneth Noland, die Zusammenarbeit von Walter Gropius, Mies van der Rohe und Ludwig Hilberseimer mit jungen amerikanischen Architekten sowie das gleichzeitige Engagement von Herbert Bayer und Xanti Schawinsky in privaten und öffentlichen Projekten in New York.
Laszlo Moholy-Nagys multimediale Arbeiten aus der Chicagoer Zeit stehen neben wesentlich weniger bekannten Arbeiten seiner zahlreichen Studenten, zu denen so bedeutende Namen wie Tony Smith und Richard Filipowski zählten. Marcel Breuers und Hilde Reiss“ in der Nachkriegszeit entstandenen Musterhäuser für wohlhabende und gutsituierte amerikanische Kunden demonstrieren ihren positiven Einfluss auf die amerikanische Vorstadtarchitektur.
Lyonel Feiningers Gemälde und die Fotografien seiner beiden Söhne von New York City erinnern an eine im 20. Jahrhundert geführte und einflussreiche Debatte über Fotografie versus Malerei und über die Abhängigkeit der Fotografie von bestimmten historischen Kontexten. Die Tatsache, dass Peterhans sich in Chicago entschied, nicht zu fotografieren, sondern in die akademische Lehre zu gehen, unterstreicht die künstlerischen Schwierigkeiten, die angemessene Darstellungsform zu finden, sobald man das Vertraute, seinen vertrauten Kulturkreis hinter sich gelassen hat.
Die Ausstellung zeigt Gemälde, Skulpturen, Fotografien, Zeichnungen, Möbel, grafische Entwürfe, Designprodukte und Architekturmodelle. Eingegliedert ist ihr eine Video- und Filmpräsentation.
Gezeigt werden eine Filmwerbung über das Meisterhaus von Gropius, Laszlo Moholy-Nagys „ein lichtspiel schwarz-weiss-grau“ sowie sein Film von Nathan Lerners „light machine“ in Bewegung, der 1941 an der School of Design in Chicago entstand. Vorgeführt wird eine Dokumentation über die Entstehung von Xanti Schawinskys abstrakten Gemälden, die er mit der Fahrt eines Kleinwagens über lange, mit leuchtenden Farben bestrichene Stoffstreifen schuf. Ein Video-Dokumentarfilm von Lore Kadden Lindenfeld, einer Studentin von Anni und Josef Albers, berichtet über Lehrer und Studenten des Black Mountain College.
Das Ziel, Kunstwerke aus allen Teilen der Welt für diese Ausstellung zusammenzutragen, gelang dank finanzieller Unterstützung der Hochtief AG in Essen aus Anlass ihres 125-jährigen Bestehens. Mehr als dreihundert Originalobjekte sowie umfangreiches Dokumentarmaterial wurden in Europa und Amerika für diese Ausstellung zur Verfügung gestellt. Hierzu gehören die Gemälde von Wassily Kandinsky und Paul Klee als Leihgaben des Fort Worth Museum, Texas, der Sammlung Thyssen-Bomemisza, Madrid, des Philadelphia Museum of Art sowie The San Francisco Museum of Modern Art Zeichnungen Ludwig Mies van der Rohes wurden uns vom Art Institute of Chicago und vom Museum of Modern Art, New York, überlassen die Entwürfe von Walter Gropius und dem TAC stellte das Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, Mass., zur Verfügung, und Herbert Bayers und Laszlo Moholy-Nagys Gemälde stammen aus den Familiennachlässen.
Die studentischen Arbeiten als Leihgaben des Canadian Center for Architecture und des Art Institute of Chicago lassen eine tiefe Verwurzelung wichtiger amerikanischer Bildungs- -und Kulturinstitutionen in der Kunstproduktion und den Bildungsidealen des Vorbilds Bauhaus erkennen.
Die frühen Arbeiten renommierter amerikanischer Künstler wie Robert Rauschenberg, Kenneth Noland und Tony Smith zeigen, daß die Zusammenarbeit dieser Künstler mit Josef Albers und Laszlo Moholy-Nagy einen wesentlichen Anteil an der Herausbildung ihres frühen stilistischen und konzeptuellen Vorgehens hatten. Heute scheint es für Künstler in der ganzen Welt selbstverständlich, in vielen, auch sich überschneidenden Medien zu arbeiten, und Architektur- und Designelemente mit anderen Darstellungsmitteln zu kombinieren. Dieser unkomplizierte Umgang mit einer Vielzahl neuer Technologien und ästhetischer Prinzipien ist genau das, was zeitgenössische Künstler nicht zuletzt ihren Vorgängern, die in Dessau, Chicago und New York arbeiteten, verdanken. wip
Bauhaus: Dessau-Chicago-New York. Museum Folkwang, Essen, bis 12. November 2000.

Ein Beitrag von:

  • Wilma Preiss

    Redakteurin VDI nachrichten. Fachthemen: Hoch- und Tiefbau, Bautechnik.

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