Metallbauteile aus dem 3D-Drucker 29.05.2020, 06:00 Uhr

3D-Druck: Forscher entwickeln völlig neue Methode

Wissenschaftler an der Universität des Saarlandes haben einen Weg gefunden, mit dem 3D-Drucker technische Spezialanfertigungen aus Metall herzustellen. Sie sind überzeugt: Mit dem neuen Verfahren ließen sich auch große Stückzahlen kosteneffizient produzieren.

Wissenschaftler und 3D-Drucker

Die Fertigungstechniker um Dirk Bähre (l., hier mit dem technischen Mitarbeiter Stefan Wilhelm aus seiner Forschungsgruppe), haben zwei Herstellungsverfahren miteinander kombiniert.

Foto: Oliver Dietze

Der 3D-Druck revolutioniert in vielen Bereichen die Produktion, und das Ende seiner Möglichkeiten ist noch lange nicht erreicht. Wissenschaftler verfeinern das additive Schichtverfahren immer weiter und erhöhen auch die Geschwindigkeit. Schon jetzt ist es unter anderem möglich, filigrane Glasobjekte auszudrucken, Bauteile mit großen Abmessungen herzustellen oder sogar mit Biotinte Gewebe zu schichten – eines Tages soll es möglich sein, biologische Implantate individuell auszudrucken. Das heißt aber nicht, dass diese Technik bereits alles kann. Unter anderem bei Metallbauteilen, für die eine extrem hohe Präzision benötigt wird, gelang der 3D-Druck bislang an seine Grenzen. Forscher an der Universität des Saarlandes haben dafür nun eine Lösung gefunden und einen 3D-Drucker mit einem weiteren Verfahren kombiniert, dem elektrochemischen Abtragen.

3D-Drucker arbeiten nicht genau genug

Motoren sind heutzutage meist sehr komplex. Zum Beispiel für den Bau von Fahrzeugen oder Flugzeug-Triebwerken werden daher zahlreiche Bauteile aus Metall benötigt, die sehr spezifische Anforderungen erfüllen müssen. In der Regel müssen sie zudem hundertprozentig exakt geformt sein, denn nur, wenn die verschiedenen Bauteile hundertprozentig ineinandergreifen, halten sie den hohen Belastungen stand, denen sie im Betrieb ausgesetzt sind. „Die Toleranzen können dabei im Mikrometerbereich liegen“, sagt Dirk Bähre, Professor für Fertigungstechnik an der Universität des Saarlandes. Und genau das ist das Problem. Denn Metallbauteile kann der 3D-Drucker im Schichtverfahren herstellen, auch wenn sie komplex aufgebaut sind. Doch für extrem feine Abmessungen war er bislang die falsche Wahl.

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Was also tun? Bähre und sein Team haben das elektrochemische Abtragen ins Spiel gebracht. Dafür werden die unfertigen Bauteile von einer Elektrolytlösung aus Wasser und Salz umspült. Vereinfacht gesagt, wird die Konstruktion nun unter Strom gesetzt. Dieser fließt zwischen einer Vorlage, der Kathode, und der Anode, in diesem Fall dem zu bearbeitenden Werkstoff aus dem 3D-Drucker. Dabei lösen sich Metallionen aus dem Bauteil, und es wird geformt. „Durch Stromimpulse und Schwingungen des Werkzeuges erreichen wir einen besonders gleichmäßigen Abtrag mit sehr glatten Oberflächen und hohen Genauigkeiten“, erklärt Bähre.

Wissenschaftler haben jeden Prozessschritt unter die Lupe genommen

Das kann natürlich nur funktionieren, wenn die Wissenschaftler im Detail wissen, wie sich das Material beim elektrochemischen Abtragen verhält. Sie haben also nicht nur verschiedene Metalle, wie zum Beispiel Aluminium, Titan und Stahllegierungen, untersucht, sondern auch erforscht, wie sich die Strukturen bei der Schichtung und Verarbeitung verändern. „Um die Nachbearbeitung zu optimieren, ist ein tiefes Verständnis von Werkstoff und Verfahren notwendig. Wir müssen zum Beispiel genau verstehen, was beim vorangehenden 3D-Druck mit dem Metall passiert“, sagt Bähre. „Daher ergründen wir, welche Gefügestruktur dabei entsteht. Indem wir Verfahren und Materialverhalten erforschen, können wir darauf aufbauend die elektrochemischen Methoden weiterentwickeln, um glatte Oberflächen oder komplexe Geometrien in hoher Präzision zu erhalten.“

Entsprechend wichtig waren umfangreiche praktische Testreihen. Die Wissenschaftler haben zahlreiche Bauteile im 3D-Drucker gefertigt und getestet, wie anschließend die elektrochemische Bearbeitung idealerweise aussehen müsste. Dabei haben sie festgestellt, dass es viele Parameter gibt, die das Ergebnis wesentlich beeinflussen können. Beispielsweise ist es entscheidend, in welcher Reihenfolge die Prozessschritte durchgeführt werden. Nach ihren Angaben ist es ihnen durch hochgenaue Messungen und Detailanalysen gelungen, die richtigen Stellschrauben zu identifizieren. Damit soll es möglich sein, die Prozesseinstellungen so anzupassen, dass ein maßgeschneidertes Herstellungsverfahren entsteht, abgestimmt auf die jeweils gefragten Bedürfnisse.

Das Forscherteam ist sich darüber im Klaren, dass dieses neue Produktionsverfahren nur Anwendung finden wird, wenn es besser abschneidet als bisherige Methoden. Deswegen betonen sie, dass es sich grundsätzlich auch für hohe Stückzahlen umsetzen ließe und dabei keine zu hohen Kosten entstünden.

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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