Interview 02.06.2023, 08:30 Uhr

Wie das Bosch LegendsLab IT-Fachkräfte gewinnt

Auf der einen Seite besteht ein Mangel an Software-Experten in vielen Bereichen, während IT-Freelancer andererseits häufig Schwierigkeiten haben, attraktive Projekte zu finden. Diese Problematik wird nun durch das Bosch LegendsLab gelöst, eine Online-Plattform, die am 1. Juni startet.

Bosch LegendsLab

Bosch LegendsLab: Globales Expertennetzwerk für innovative Projekte.

Foto: ITK Engineering

Das Ziel der neuen Plattform ist es, Freiberufler mit spannenden Projekten von Bosch und anderen Unternehmen schnell, unkompliziert und digital zusammenzubringen. Darüber sprechen wir mit Martin Kröger, der seit 2015 im Bosch-Konzern arbeitet und der derzeit bei ITK Engineering, einem 100-prozentigen Bosch-Tochterunternehmen eingesetzt ist. Dort verantwortet er den Bereich Industrial Solutions & Smart Products und ist Gründer und CEO des Bosch LegendsLab.

Was war der Hauptgrund, warum das Bosch LegendsLab ins Leben gerufen wurde?
Kröger: Seit Jahren sehen wir einen stark steigenden Bedarf an kurzfristigen, flexiblen und teils hochspezialisierten Dienstleistungen, gerade im Technologiebereich. Mit dem Bosch LegendsLab geben wir externen Dienstleistern einen direkten Zugriff auf unsere interne Projektewelt bei Bosch und bieten anderen Unternehmen die Möglichkeit, auf einen riesigen Pool an Software-Experten zuzugreifen. Ziel ist es, schnell hochqualifizierte Experten und Entwicklungsfirmen mit innovativen Projekten zusammenzubringen. Der direkte Kontakt zwischen Auftragnehmer und Projektleiter gelingt damit schnell, effizient und digital.

Beide Seiten schnell und effizient zusammenbringen

In Anbetracht des aktuellen Fachkräftemangels in der Software-Branche: Wie kann das Bosch LegendsLab dazu beitragen, diese Lücke zu schließen und hochqualifizierte IT-Fachkräfte für innovative Projekte zu gewinnen?
De facto fehlen uns weltweit Software-Experten – das ist unumstößlich. Oftmals ist aber nicht der Mangel allein die Herausforderung, sondern die Frage, wie sich beide Seiten, also Software-Dienstleister und attraktive Projekte, finden. Genau hier setzen wir an. Wir wollen helfen, beide Seiten schnell und effizient zusammenzubringen. Hochqualifizierte Dienstleister sollen so wenig Zeit wie möglich mit der Suche nach spannenden Projekten verbringen und auch Projektleiter sollen die Chance haben, schnell die geeigneten Dienstleister zu finden. Wir glauben, dass wir so entscheidend helfen können, den Engpass an Fachkräften zu entschärfen.

Wie funktioniert die Plattform und wie können Projektleiter darauf zugreifen?
Freelancer und kleinere Entwicklungsfirmen können sich einfach und kostenlos anmelden. Sie geben ihre relevanten Kompetenzen und Arbeitsschwerpunkte an. Projektleiter können ihre Projekte in beliebiger Detaillierung ausschreiben oder aktiv nach passenden Kandidaten suchen.

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Wie viele Software- und Engineering-Experten sind derzeit auf der Plattform registriert?
Die Plattform bietet Zugriff auf rund 4 Mio. Software-Experten weltweit. Freelancer und Firmen können sich direkt anmelden oder werden über intelligente Suchalgorithmen aus anderen Datenquellen eingebunden. KI-Algorithmen helfen bei der Suche nach den passenden Experten.

Welche Vorteile bietet das Bosch LegendsLab den suchenden Projektleitern?
Die Vorteile für Projektleiter liegen auf der Hand: In einem derart großen Pool an hochqualifizierten Fachexperten aus der ganzen Welt sind sämtliche Kompetenzen vorhanden, die in der Software-Welt gesucht werden. Unter allen den richtigen Kandidaten zu finden ist über die Features der Plattform schnell und effizient möglich. Bewertungssysteme ähnlich wie auf anderen Online-Plattformen erleichtern es, diejenigen zu identifizieren, die sich auch in anderen Projekten bereits bewährt haben. Zeitraubende administrative Tätigkeiten vereinfachen wir radikal durch eine Prozessdigitalisierung auf der Plattform.

Welche Art von Projekten werden auf der Plattform angeboten und aus welchen Bereichen stammen sie hauptsächlich?
Interessierte Freelancer können aus unterschiedlichen Projekten wählen, die derzeit v.a. aus der Bosch-Welt stammen. Diese kommen von 14 verschiedenen Bosch-Geschäftsbereichen, Tochtergesellschaften und strategischen Projektteams. Künftig wird die Anzahl der ausgeschriebenen externen Projekte schnell wachsen. Gesucht werden primär technische Dienstleistungen, z.B. in Bereichen wie Anwendungssoftware, Cloud-Anwendungen, Cyber Security, Data Analytics, Embedded Systems, Funktionale Sicherheit, künstliche Intelligenz, Systemarchitektur, User Experience oder auch Web- und Mobilanwendungen.

Wie funktioniert es genau?
Suchende Projektleiter können nach unterschiedlichen Skills, Erfahrungslevel und Regionen suchen. Eine KI unterstützt sie dabei. Anschließend können diejenigen Dienstleister, die ihnen als passend erscheinen, direkt für Projekte angefragt werden. Begleitet werden unsere Kunden dabei stets durch erfahrene Kundenmanager, die trotz hoher Digitalisierung immer persönlich als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

Gibt es bestimmte Anforderungen oder Kriterien, die IT-Experten und Dienstleister erfüllen müssen, um sich auf der Plattform zu registrieren?
Sowohl Freelancer, Entwicklungsfirmen als auch Kunden können sich kostenfrei anmelden.
Für Software-Experten ist es sinnvoll, ein hohes Niveau an Kompetenzen und Projekterfahrung mitzubringen, um die hohen Anforderungen der Projektausschreibungen erfüllen zu können. Andernfalls sinken die Chancen, von suchenden Projektleitern ausgewählt zu werden.

Expertensuche mit KI

Wie unterstützt künstliche Intelligenz bei der Expertensuche auf der Plattform?
Wir bauen die Module, die künstliche Intelligenz nutzen, kontinuierlich aus. Zu Beginn setzen wir KI vor allem bei der Identifikation relevanter Dienstleister ein sowie im Matching-Prozess, sodass die Besetzung von Projekten einfacher, schneller und passender wird.

Welche Rolle spielen kleine Dienstleistungsunternehmen und Freelancer in der Community des Bosch LegendsLab?
Eine herausragende Rolle! Unsere gesamte Datenbank besteht aus kleinen Dienstleistungsfirmen und Freelancern, die wir in Projekte vermitteln. Wir sind überzeugt, dass grade kleinere Firmen und Freelancer eine große Bereicherung für das Ressourcenmanagement von Bosch und von unseren Kunden sind.

Wie werden Compliance-Fragen auf der Plattform behandelt?

Martin Kröger

Martin Kröger.

Foto: ITK Engineering

Wir haben die Prozesse und deren digitale Umsetzung auf der Plattform so aufgesetzt, dass Compliance-Themen bestmöglich adressiert werden und unsere Partner und Kunden bei einer rechtskonformen Umsetzung der Projekte unterstützen. Das spiegelt sich z.B. in Checklisten und Vertragsformularen wider. Großen Kunden bieten wir zusätzlich eine komplette Anpassung unserer Plattform in deren Prozesslandschaft an, d.h. das Bosch LegendsLab kann als White-Label Ressourcemanagement-Plattform bei großen Kunden implementiert werden und spiegelt dann auch die Compliance Vorgaben der jeweiligen Kunden wider.

Wer sind die Experten, die das Online-Portal betreuen, und wie werden sie in den Betrieb des Bosch LegendsLab eingebunden?
Das Bosch LegendsLab wurde von der 100-prozentigen Bosch-Tochter ITK Engineering entwickelt. ITK Engineering GmbH ist ein international tätiges Technologieunternehmen mit ca. 1.300 Mitarbeitern, das neben maßgeschneiderter Beratung und Entwicklungsunterstützung Systemlösungen in den Bereichen Software Engineering, Embedded Systems und modellbasierte Entwicklung liefert. Das Team, das das LegensLab betreut, besteht aus Business Developern, Entwicklern und Kundenbetreuern und versteht sich als Corporate Start-up innerhalb des Bosch-Konzerns.

Welche Ziele und langfristigen Auswirkungen erhoffen Sie sich durch das Bosch LegendsLab für die Software-Branche und die Expertensuche?
Wir sind überzeugt davon, dass eine Plattform wie das Bosch LegendsLab eine wichtige Rolle spielen kann, um Software-Experten und anspruchsvolle Projekte zielgerichtet zusammenzubringen. Genau das passiert ja heute schon über die Plattform und ihre Vorgängerversion. Daher gehe ich fest davon aus, dass die Community des Bosch LegendsLab weiter rasant wachsen wird. Als nächstes planen wir, die Plattform noch stärker international auszurichten und die Technologie bei unseren Kunden noch tiefer zu integrieren, sozusagen als „White-Label Platform-as-Service Model“. Und wer weiß, vielleicht ist das die Grundlage, damit die Plattform ihrem Namen alle Ehre macht und bald Legendenstatus erreicht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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