Gesundheit 14.01.2025, 10:15 Uhr

Hoher Krankenstand in Deutschland: Was tun?

In Deutschland sind die Krankmeldungen auf einem Rekordniveau, was nicht nur die Arbeitnehmer betrifft, sondern auch die Wirtschaft stark belastet. Während verschiedene Akteure wie der Allianz-Chef Oliver Bäte kontroverse Vorschläge zur Senkung des Krankenstands unterbreiten, zeigt sich, dass sowohl die Ursachen als auch mögliche Lösungen komplexer sind, als es zunächst scheint.

Krankenstand

Rekord-Krankenstand bremst Deutschlands Wirtschaft.

Foto: PantherMedia / Stefan Kassal

Im Handelsblatt-Interview hatte Allianz-CEO Oliver Bäte vor einer Überlastung der Sozialsysteme gewarnt. Der Krankenstand in Deutschland ist deutlich angestiegen. Der Allianz-Chef betrachtet die steigenden Fehltage als ein erhebliches Kostenproblem und unterbreitet einen kontroversen Vorschlag. „Ich schlage vor, den Karenztag wieder einzuführen. Damit würden die Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen“, sagte er gegenüber dem „Handelsblatt“.

„Arbeitgeber zahlen in Deutschland pro Jahr 77 Mrd. € Gehälter für kranke Mitarbeiter. Von den Krankenkassen kommen noch mal 19 Mrd. € hinzu. Das entspricht rund 6 % der gesamten Sozialausgaben“, erklärte Oliver Bäte.

Die IG Metall nannte es unverschämt und fatal, den Beschäftigten vorzuwerfen, sie würden absichtlich krank machen. „Wer Karenztage aus der Mottenkiste holt, greift die soziale Sicherheit an und fördert verschleppte Krankheiten“, warnte Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban. „Die deutsche Wirtschaft gesundet nicht mit kranken Beschäftigten, sondern im Gegenteil mit besseren Arbeitsbedingungen.“

Stellenangebote im Bereich Forschung & Lehre

Forschung & Lehre Jobs
Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten-Firmenlogo
Professur (w/m/d) Elektrische Antriebstechnik Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten
Kempten Zum Job 
Technische Hochschule Deggendorf-Firmenlogo
Forschungsprofessur oder Nachwuchsprofessur (m/w/d) Industrielle Robotik Technische Hochschule Deggendorf
THU Technische Hochschule Ulm-Firmenlogo
W2-Professur "Elektrische Antriebe" THU Technische Hochschule Ulm
HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst-Firmenlogo
Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in (m/w/d) im Bereich Bauinformatik (CAD) und BIM HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst
Hildesheim Zum Job 
Fachhochschule Dortmund-Firmenlogo
Zukunftsmacher*in Fachhochschule Dortmund
Dortmund Zum Job 
Technische Hochschule Deggendorf-Firmenlogo
Professor / Professorin (m/w/d) Konstruktion / Konstruktionsmethodik / Produktdatenmanagement Technische Hochschule Deggendorf
Deggendorf Zum Job 
Hochschule Reutlingen-Firmenlogo
Akademische:r Mitarbeiter:in (m/w/x) "SMARTE ASSISTENZSYSTEME" Hochschule Reutlingen
Reutlingen Zum Job 
Leibniz Universität Hannover-Firmenlogo
Universitätsprofessur für Turbomaschinen und Fluid-Dynamik Leibniz Universität Hannover
Hannover Zum Job 
Westfälische Hochschule-Firmenlogo
Professur Künstliche Intelligenz und Industrielle Automation (W2) Westfälische Hochschule
Gelsenkirchen Zum Job 
Hochschule Anhalt-Firmenlogo
Professur Medizintechnik Hochschule Anhalt
Köthen Zum Job 
TU Bergakademie Freiberg-Firmenlogo
W2-Professur "Deep Learning" TU Bergakademie Freiberg
Freiberg Zum Job 
IU Internationale Hochschule GmbH-Firmenlogo
Professur Bauingenieurwesen (w/m/d) IU Internationale Hochschule GmbH
verschiedene Standorte Zum Job 
Hochschule Düsseldorf University of Applied Sciences-Firmenlogo
Professur "Energietechnik und Strömungssimulation" Hochschule Düsseldorf University of Applied Sciences
Düsseldorf Zum Job 
Hochschule Esslingen - University of Applied Sciences-Firmenlogo
Professor:in für das Lehrgebiet Carl-Zeiss-Stiftungsprofessur für Produktions- und Herstellverfahren von Wasserstoffsystemen Hochschule Esslingen - University of Applied Sciences
Göppingen Zum Job 
Fachhochschule Kiel-Firmenlogo
W2-Professur für "Erneuerbare Offshore-Energien mit Schwerpunkt Windenergietechnik" Fachhochschule Kiel
Fachhochschule Münster-Firmenlogo
Professur für "Elektrische Netze" Fachhochschule Münster
Steinfurt Zum Job 
Hochschule Osnabrück-Firmenlogo
Wissenschaftl. Mitarbeiter*in in der Talentakademie "Smart Factory & Products" Hochschule Osnabrück
Osnabrück Zum Job 
Duale Hochschule Baden-Württemberg Mosbach-Firmenlogo
Ingenieur*in / Informatiker*in für Laborbetreuung und Laborübungen mit Studierenden (m/w/d) Duale Hochschule Baden-Württemberg Mosbach
Bad Mergentheim Zum Job 
HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst-Firmenlogo
Gebäudeenergieberater*in HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst
Hildesheim Zum Job 
Fachhochschule Dortmund-Firmenlogo
Professur für "Werkstofftechnik und Metallografie" Fachhochschule Dortmund
Dortmund Zum Job 

Heil gegen eingeschränkte Lohnfortzahlung

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat den Vorschlag von Allianz-Chef Oliver Bäte abgelehnt, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für den ersten Tag einer Krankmeldung abzuschaffen. „Wer krankgemeldete Beschäftigte unter den Generalverdacht des Blaumachens stellt, hat ein verzerrtes Bild von den arbeitenden Menschen in diesem Land“, sagte Heil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Heil warnte, dass besonders Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen unter einer Wiedereinführung des Karenztages leiden würden. Er erklärte, es würde die Menschen hart treffen, die tatsächlich krank sind und einen geringen Lohn haben, insbesondere Frauen. Aus diesem Grund sei dies seiner Meinung nach der falsche Weg.

Krankschreibungen in Deutschland

Laut dem Statistischen Bundesamt waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 2023 im Schnitt 15,1 Tage krankgemeldet.

Die Krankenkasse DAK-Gesundheit meldete sogar höhere Werte: Mehr als die Hälfte der DAK-Versicherten hatte 2023 mindestens eine Krankschreibung. Im Jahresdurchschnitt kam dies auf 20 Fehltage pro Person.

Die Techniker Krankenkasse (TK), Deutschlands größte Krankenkasse, meldete einen Rekord-Krankenstand unter ihren versicherten Erwerbstätigen. Von Januar bis November 2023 waren diese im Schnitt 17,7 Tage krankgeschrieben – der höchste Wert bisher. In den gleichen Zeiträumen der Vorjahre lag der Krankenstand etwas niedriger: 17,4 Fehltage im Jahr 2022 und 13,2 Tage im Jahr 2021.

Auch im Vergleich zur Zeit vor der Coronapandemie war der Krankenstand deutlich gestiegen. 2019 waren es in den ersten elf Monaten durchschnittlich 14,1 Fehltage. Grundlage der Daten waren die rund 5,7 Mio. bei der TK versicherten Erwerbstätigen.

„Hauptdiagnose für die Fehltage sind nach wie vor Erkältungskrankheiten wie Grippe, Bronchitis und auch Coronainfektionen“, erklärte TK-Vorstandschef Jens Baas. „An zweiter Stelle stehen psychische Diagnosen wie Depressionen oder Angststörungen, an dritter Stelle Krankschreibungen aufgrund von Muskelskeletterkrankungen.“, wurde er von der dpa zitiert.

Eine aktuelle bundesweite Umfrage im Auftrag der TK zeigt, dass viele Menschen in Deutschland verantwortungsbewusst mit Erkältungen umgehen und versuchen, andere nicht anzustecken. Bereits bei den ersten Anzeichen einer Erkältung, wie Kopf- und Halsschmerzen oder Schnupfen, geben 77 % der Befragten an, soziale Kontakte, wenn möglich, zu meiden.

Warum „Präsentismus“ so gefährlich ist

Vorschläge von Unternehmern und Ökonomen zur Reduzierung des hohen Krankenstands sorgen immer wieder für heftige Diskussionen, wie etwa eine Kürzung der Lohnfortzahlung zu Beginn einer Krankheit oder die Wiedereinführung des Karenztages. Solche Maßnahmen könnten dazu führen, dass Beschäftigte aus Angst vor finanziellen Verlusten trotz Krankheit zur Arbeit gehen.

Deshalb warnt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) davor, dass immer mehr Beschäftigte in Deutschland trotz Krankheit arbeiten.
„‚Präsentismus‘, also krank bei der Arbeit zu erscheinen, ist branchenübergreifend weit verbreitet“, wird Anja Piel von der DGB-Führung von der dpa zitiert. Piel betonte, dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ein wichtiges Gut sei, gerade angesichts der Tatsache, dass immer mehr Menschen trotz Krankheit arbeiten.

Antje Judick rät davon ab: „Wer krank arbeitet, gefährdet nicht nur die Kolleg*innen, sondern auch die eigene Gesundheit, indem er andere ansteckt, Erkrankungen verschleppt und am Ende viel länger im Job ausfällt.“

Die zunehmende Misstrauenskultur in Unternehmen, wie die oft diskutierte mögliche Missnutzung der telefonischen Krankschreibung, kann die Gesundheit beeinträchtigen. Laut Judick führt sie bei Mitarbeitenden zu einem Gefühl des Misstrauens, was sich negativ auf ihre Motivation und Psyche auswirken kann. Eine vertrauensvolle und wertschätzende Unternehmenskultur sei jedoch entscheidend für zufriedene und gesunde Mitarbeiter.

Anja Piel von der DGB-Führung widersprach dem Vorschlag von Oliver Bäte und sah keinen Handlungsbedarf bei Krankschreibungen. Sie verwies auf Daten der OECD, die keinen deutlichen Anstieg der Fehlzeiten in Deutschland zeigen – weder im Vergleich mit anderen EU-Ländern noch im Laufe der Zeit.

Piel verwies auf eine repräsentative Umfrage, wonach bereits vor der Coronapandemie etwa 70 % der Beschäftigten mindestens einmal im Jahr krank zur Arbeit gegangen seien und im Schnitt fast neun Arbeitstage pro Jahr trotz Krankheit gearbeitet hätten. Sie betonte, dass Präsentismus der eigenen Gesundheit schade und zudem zu Ansteckungen unter Kolleginnen und Kollegen oder zu Unfällen führen könne, was hohe Folgekosten nach sich ziehe.

Auf Prävention setzen

Die KKH-Arbeitspsychologin Antje Judick empfiehlt Unternehmen, verstärkt auf Prävention zu setzen, um hohe Krankenstände zu verringern. Bei Infektionskrankheiten sollten Mitarbeitende weiterhin geschützt werden, etwa durch Hygieneregeln und Impfungen. Mit dem Ende der Coronapandemie seien Maßnahmen wie gründliches Händewaschen oft in Vergessenheit geraten. Auch bei der Grippeschutzimpfung gebe es noch Nachholbedarf, da laut KKH-Daten die Impfquote in der Saison 2023/2024 nur bei 16,7 % lag.

Positive Anreize für Nicht-Krankmeldungen

Die FDP-Bundestagsfraktion steht Forderungen nach der Abschaffung der Lohnfortzahlung für Arbeitnehmer am ersten Krankheitstag kritisch gegenüber. In einem Positionspapier plädieren die Liberalen stattdessen für einen Bonus, den Arbeitgeber für jeden Kalendermonat ohne Krankmeldung steuer- und abgabenfrei sowie zusätzlich zum Grundgehalt gewähren könnten.

Laut dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt, könnte der maximale Freibetrag für solche Boni beispielsweise bei 3000 € pro Kalenderjahr liegen. „Vorzugswürdig gegenüber einer De-facto-Bestrafung einer Krankmeldung erscheinen positive Anreize für Nicht-Krankmeldungen.“

Problem für den Wirtschaftsstandort Deutschland

Der hohe Krankenstand in Deutschland sorgt immer wieder für Diskussionen. Denn: Das Ausmaß wird in der Studie „Hoher Krankenstand drückt Deutschland in die Rezession“ deutlich aufgezeigt. Deutschland verzeichnete im vergangenen Jahr mit einem Rückgang von 0,3 % bei der Wirtschaftsleistung das schlechteste Ergebnis im Euroraum und gehört auch weltweit zu den Schlusslichtern. Die Industrie hat Schwierigkeiten, mit den stark gestiegenen Kosten und den Veränderungen im globalen Umfeld zurechtzukommen. Zusätzlich liegt der Krankenstand auf Rekordniveau: Hohe Arbeitsausfälle führten zu großen Produktionsverlusten. Wäre der Krankenstand nicht so hoch gewesen, wäre die deutsche Wirtschaft um fast 0,5 % gewachsen. Durch den hohen Krankenstand verliert Deutschland rund 26 Mrd. € an Einkommen – auch für die Krankenversicherung und Steuereinnahmen gehen Milliarden verloren.

Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius sieht die vielen Krankentage deutscher Arbeitnehmer als Problem für den Wirtschaftsstandort. Er erklärte, dass der Krankenstand in Deutschland unter gleichen Produktionsbedingungen oft doppelt so hoch sei wie im Ausland, was wirtschaftliche Folgen habe. Auch Tesla-Chef Elon Musk hatte den hohen Krankenstand im Autowerk Grünheide während der Sommermonate kritisiert. (mit dpa)

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.