Porträt 25.11.2011, 12:04 Uhr

Susanne von Arciszewski: Managerin, Mutter und Mentorin

Ihre berufliche Erfahrung lehrte Susanne von Arciszewski, dass Frauen nicht selten ein dickes Fell brauchen, um sich in männlich dominierten Arbeitswelten zu behaupten. Von einer Frauenquote hält die Airbus-Managerin aber nichts

Susanne von Arciszewski ist Wahl-Hamburgerin ohne Wenn und Aber. Die gebürtige Rheinländerin liebt die Stadt an der Elbe, die Nähe zur großen, weiten Welt und alles, was dazugehört. Auch die zuweilen knorrige Art ihrer „Ureinwohner“. Lieber ein paar Worte weniger, dafür präzise und ohne große Umschweife – so hat sie es gerne, die Leiterin für „Furnishing and Completion FAL A380“, also für alles, was sich um die Innenausstattung des Flugriesen bei Airbus dreht.

Aber auch Susanne von Arciszewski blieb die Spucke weg, wenn ihre männlichen Kollegen allzu Derbes von sich gaben. Wie damals, als sie zu dem noch jungen A320-Projekt dazustoßen wollte und sich große Hoffnungen auf eine spannende Aufgabe machte. „Wenn Sie Karriere machen möchten, dann gehen Sie doch in eine Großküche oder eine Schreinerei“, raubte ihr einer ihrer Chefs innerhalb weniger Sekunden viele Illusionen. „Da habe ich erst einmal ein ,Ups!“ verschluckt. Aber es war zumindest eine ehrliche Aussage.“ Obwohl die Botschaft schmerzte, fühlte sich Susanne von Arciszewski nicht verletzt. „Ich wusste wenigstens, wo ich dran war.“

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Susanne von Arciszewski kennt sich in der Männerwelt Maschinenbau aus

In dieser Männerwelt kennt sich Susanne von Arciszewski bestens aus, sie weiß mit heftig-deftigem Vokabular umzugehen. Bereits an der Fachhochschule Saarbrücken muss sie sich als einzige Maschinenbaustudentin mit lauter männlichen Kommilitonen auseinandersetzen. Ein Problem war das nie. „Ich sah mich nicht als Außenseiterin. Es kommt darauf an, wie man sich integriert und wie man zusammenarbeitet. Ich war von Beginn an integriert.“

Ein Mann war es auch, der die Langenfelderin auf die Technikspur setzte. „Mein Vater war Maschinenbauingenieur. Er hat zu Hause viel von seiner Arbeit erzählt. Wahrscheinlich haben mich seine Schilderungen angesteckt.“

Weibliche Unterstützung bei der Karriereplanung gab es gegen Ende der 70er-Jahre eher selten. Keine Spur von Frauennetzwerken, Mentoringprojekten oder von Softskills – was Susanne von Arciszewski aber auch nicht vermisste. Das Studium beschränkte sich auf technische Inhalte, wer sich jenseits der klassischen Studieninhalte weiterbilden wollte, konnte Englischkurse an der Universität Saarbrücken belegen. Viel mehr war nicht im Angebot.

Zwei Ziele verfolgte die junge Absolventin beharrlich: auf eigenen Beinen stehen und das am liebsten in Hamburg. Da Airbus 1979 dringend Ingenieure in Finkenwerder, dem größten deutschen Standort des Flugzeugherstellers mit heute rund 12 000 Mitarbeitern, suchte, war die Stoßrichtung klar: Dann eben die Luft- und Raumfahrt.

Susanne von Arciszewski landet als Konstrukteurin bei Airbus

Heute kann Susanne von Arciszewski mit Fug und Recht behaupten, an allen großen Projekten am Standort Hamburg seit Anfang der 80er-Jahre beteiligt gewesen zu sein. Sie fing als Konstrukteurin im Engineeringbereich an, übernahm innerhalb kurzer zeitlicher Zyklen Team- und Abteilungsleitungen, um über das A319/A321-Auslieferungszentrum und die A330/A340-Strukturmontage schließlich in der Ausrüstungsmontage der A320-Familie zu landen. Vor drei Jahren übernahm Susanne von Arciszewski zu guter Letzt die Leitung der Ausstattungsmontage der A380, wo sie für 600 Mitarbeiter, darunter 500 Mechaniker und Elektriker, zuständig ist.

Aus dem Wissensfundus, den die Chefin in ihrem Studium anhäufte, kann sie heute kaum noch schöpfen. Das braucht sie allerdings auch nicht. „Ich bin zu 100 % Managerin. Mein Technikwissen hilft mir zwar bei Verständnisfragen, ich würde mich aber nie mit einem absoluten Experten aus unserem Team über Details streiten.“

Ein wesentlicher Grund für ihre „Kaminkarriere“ bei Airbus sei der soziale Kurs, von dem das Unternehmen in all den Jahren nicht abgewichen sei. Auch als Mitte der 90er-Jahre der schwache Dollar zu erheblichen Umsatzeinbrüchen bei Airbus und tiefen Einschnitten führte, wurde für alle Beschäftigten eine Einigung gefunden, die auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtete. „Das rechne ich Airbus hoch an. Ich hatte nie Existenzängste. Gerade in der Zeit als Alleinerziehende war das beruhigend.“

Nach der Trennung von ihrem ersten Mann, der sich im Rollentausch um die Kinder gekümmert hatte, war der Spagat zwischen familiären und beruflichen Aufgaben nicht einfach. „Mein Sohn und meine Tochter waren kurz vor der Pubertät tagsüber meist allein, abends aßen wir gemeinsam, ich brachte die Kinder ins Bett und düste manchmal noch ins Unternehmen.“ Oder die Airbus-Verantwortlichen drückten ein Auge zu und ließen Vorschrift Vorschrift sein. Dann nahm die alleinerziehende Mutter ihre Kinder mit zur Arbeit.

Als alleinerziehende Mutter nimmt Arciszewski ihre Kinder zeitweise mit zur Arbeit

Die zweite Ehe mit einem Airbus-Ingenieur entspannte die Lage, auch wenn ihr Mann nicht allein anklopfte: Zwei Kinder aus erster Ehe hatte auch er zu bieten. Heute genießt Susanne von Arciszewski, dass die erwachsenen Kinder nicht mehr im Haus sind, sie und ihren Mann aber regelmäßig besuchen. „Früher hatte ich manchmal ein schlechtes Gewissen, wenn die Kinder allein zu Hause waren.“

Geruhsam ist es im Leben der Susanne von Arciszewski aber trotzdem nur selten. „Das ist hier bei Airbus schon ein Mordsjob.“ Tauschen möchte sie dennoch nicht. „Einen gewissen Adrenalinspiegel brauche ich, ich könnte schlecht auf einem ruhigen Job arbeiten.“ Sie scheut nicht vor wichtigen Entscheidungen, das ist nun einmal wesentlicher Teil ihrer Managerarbeit. Sind Menschen betroffen, dauert das Grübeln aber länger. „Personalprobleme schleppe ich manchmal lange mit mir herum.“

Seit über zehn Jahren ist Susanne von Arciszewski Mentorin für junge Ingenieurinnen. Ein Grund, weshalb sie der „deutsche ingenieurinnenbund“ (dib) jüngst unter die „TOP 25 Ingenieurinnen Deutschlands“ wählte. Für die Ausgezeichnete ein Ansporn, der Jugend vorauszugehen: „Nicht alle müssen ins gleiche Fettnäpfchen treten.“

Die Vergangenheit hat sie gelehrt, dass Ingenieurinnen keine Sonderwege brauchen. Von einer Frauenquote hält Susanne von Arciszewski nichts. „Wenn die Quotenfrau nicht ,funktioniert“, dann heißt es aus der Männerecke doch gleich: Seht her, ich hab“s gewusst!“

Das Problem werde sich von selbst lösen, weil gute Leute gebraucht werden, egal welchen Geschlechts. „Man muss der Evolution Zeit lassen“, sagt Susanne von Arciszewski, wohlwissend, dass junge Menschen ihr Glück nicht allein im Beruf sehen. Den Wunsch nach mehr Freizeit hegen nicht nur Frauen, auch Männer wollen mehr vom Leben haben. Eine Chance für beide Geschlechter.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Schmitz

    Wolfgang Schmitz

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: Bildung, Karriere, Management, Gesellschaft

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