Digitalisierung 08.02.2013, 11:51 Uhr

Capgemini-Chef: „Viele Unternehmen hinken der Technik hinterher“

Speicher sind so günstig geworden, dass in den Unternehmen ein Digitalisierungsschub einsetzt, meint Michael Schulte, Deutschland-Chef des Technologieberaters Capgemini.

Michael Schulte, Deutschland-Chef der Unternehmensberatung Capgemini Consulting.

Michael Schulte, Deutschland-Chef der Unternehmensberatung Capgemini Consulting.

Foto: Capgemini

VDI nachrichten: Herr Schulte, die Digitalisierung der Welt ist ein alter Hut. Warum brodelt das Thema im Moment wieder hoch?

Schulte: Neu ist, dass die Umsetzung enorm an Dynamik zulegt. Es hat den Anschein, als ob viele Unternehmen erst jetzt entdecken, was sich mit dem Computer und dem Internet alles machen lässt.

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Was hat die zweite Stufe gezündet?

Zum einen die rasant fallenden Kosten für die Speichertechnologie. Immer mehr Konsumgüter werden mit Chips ausgestattet, denken Sie nur an intelligente Waschmaschinen, Autos mit eigener Internet-Adresse und Smart Meter, die eigenständig den Energieverbrauch im Haus steuern. All das sind technologisch eingeführte Dinge. Aber diese „Connected Devices“ verarbeiten nicht nur Informationen, sondern sie senden auch Informationen an die Hersteller zurück. Das hat bei vielen die Frage aufgeworfen: Was machen wir damit?

In einer Studie gemeinsam mit dem MIT ordnen Sie die Unternehmen und Branchen nach ihrer digitalen Reife. Haben die an der Spitze schon Antworten gefunden?

Genauso ist es. Digitale Reife bedeutet, Innovationen intelligent zu nutzen, um auf der Geschäftsseite etwas signifikant zu verändern und damit einen betriebswirtschaftlichen Nutzen zu erzielen. Wenn etwa die von der Waschmaschine zurückgesendeten Nutzungsdaten in Hinweise für eine bessere energetische Auslastung münden, die den Kunden als Extra-Service verkauft werden können. Kundengewinnung und Kundenbindung über Kundeninformationen und Kundenerfahrung sind starke Themen, ebenso wie die Geschäftsprozessoptimierung und die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen. Hier hinken viele Firmen der Technik hinterher.

Welche Unternehmen liegen besonders gut im Rennen?

Man findet in jeder Branche Firmen, die vorne liegen, und Firmen, die hinterherlaufen. Unternehmen, die in sehr traditionellen Welten arbeiten wie die Pharmaindustrie rangieren eher hinten. In den Branchen Hightech und Telekommunikation findet man viele, die den Markt antreiben.

Was bedeutet die digitale Transformation für die Menschen, die in und mit ihr arbeiten?

Die digitale Transformation verschafft mehr Transparenz und liefert zeitnahe, spezifischere Informationen. Doch wenn man die Informationen hat, dann will man damit auch etwas machen. Also müssen die Menschen schneller werden. Sie müssen schnell entscheiden, schnell reagieren, und sie müssen näher am Kunden sein. Schon heute sind viele multikulturell unterwegs und arbeiten in virtuellen Dimensionen. Der Unterschied zwischen intern und extern verschwimmt. Die Arbeitszeiten ändern sich, die Hierarchien werden flacher, der Umgang ist unhierarchisch. Das bedeutet: Führung bekommt einen anderen Kontext.

Kommen die Menschen, vor allem ältere, da noch mit?

Das ist keine Sache des Alters. Nur tut sich, wer mit dem Internet aufgewachsen ist, damit leichter. Manchmal allerdings geht der Umbruch so schnell vonstatten, dass der eine oder der andere damit überfordert ist.

Wie geht es weiter?

Die Dynamik wird weiter zunehmen. Bei vielen Dingen sind wir noch ganz am Anfang. Der Automobilindustrie stehen massive Umwälzungen bevor. Der Handel muss sich auf verstärktes Online-Shopping einstellen. Maschinenbauer, die intelligente Anlagen installieren, sollten sich fragen, wie stark die Anlagen genutzt werden. Vor allem aber: Ob sich daraus nicht ein neues Geschäftsmodell entwickeln lässt.

Ein Beitrag von:

  • Christine Demmer

    Christine Demmer hat als Wirtschaftsjournalistin für überregionale Tageszeitungen und Magazine gearbeitet. Sie ist Managementcoach und Kommunikationsberaterin sowie Autorin von Sachbüchern zum Thema Karriere.

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