Start-up-Porträts 14.02.2013, 16:59 Uhr

Start-up-Portrait: Kissen stoppt Schnarchen

Knnchhrrchnarrrhhh! Millionen machen nachts Krach, angeblich manchmal so laut wie ein Presslufthammer. Beziehungen gehen dadurch entzwei, man fängt den Tag unausgeschlafen an. Seit Jahrhunderten denkt sich die Menschheit mehr oder minder wirksame Mittel dagegen aus. Ein Start-up aus Rostock hat nun ein Anti-Schnarch-Kissen entwickelt. Mit computergesteuerter Pneumatik verlagert es sanft den Kopf, sobald das „Sägen“ anfängt.

Die Kopfunterlage, die sich Daryoush Bazargani (Foto) für seinen verspannten Nacken ausgedacht hat, besteht aus fünf Kammern, die man durch Be- und Entlüften vergrößern oder verkleinern kann. Der Benutzer legt sich drauf, nimmt eine Fernbedienung in die Hand und stellt den Luftdruck in den Kammern so ein, dass er bequem liegt. Die Fernbedienung braucht er dann nicht mehr. Wenn er sich nachts hin und her dreht, merken Sensoren das und passen den Luftdruck an.
Der Elektro-Ingenieur besprach die Idee mit befreundeten Ärzten. Sie wiesen darauf hin, das Verlagern des Kopfes würde nicht nur dem Nacken gut tun, sondern auch dem Schnarchen entgegenwirken. Die meisten „sägen“ nämlich in der Rückenlage, eine Veränderung bringt für eine Weile Ruhe. Denn durch den neuen Winkel flattert weniger Gewebe im Luftstrom. „Kein Hexenwerk, sondern Physik“, sagt Bazargani.
Der erfahrene Erfinder hat das Verfahren patentiert. 2004 ging er an die Uni Rostock, um in einem Forschungsprojekt am Institut für Informatik die Idee zu realisieren. 2009 gründete er mit dem Informatik-Professor Djamshid Tavangarian und dem Diplom-Kaufmann Rainer Gehrke die LeniMed GmbH, um das Ergebnis an den Mann zu bringen. Die drei Gesellschafter brachten eigene Ersparnisse in das Unternehmen ein. Gleich im Gründungsjahr ist LeniMed Mitglied im Portfolio des Hightech-Gründerfonds (HTGF) geworden. „Parallel dazu kriegen wir Fördermittel des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit Kofinanzierung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)“, sagt Gehrke. Beraten ließen sich die Gründer unter anderem beim KfW Gründercoaching.
Mit den 700.000 Euro der ersten Runde wurde die lange Entwicklungsphase finanziert. Nun halten die Jungunternehmer den Prototyp in den Händen. Lenisana heißt er, groß wie ein gewöhnliches Kissen. Ungewöhnlich ist nur der Luftschlauch daran. Am anderen Schlauchende ist ein Kasten für den Computer, die Pumpe und das Mikro. Das Mikro erfasst die nächtlichen Geräusche, der eingebettete Computer analysiert sie: Ist das ein Radio? Ein Gespräch? Oder doch ein Schnarchen, aber von der Person auf dem Nachbarkissen? Diese Geräusche auseinander halten zu können, war eine der größten Herausforderungen des Entwicklerteams. „Aber wir haben es hinbekommen“, versichert Bazargani. Wie? „Firmengeheimnis“.
Eine weitere Aufgabe war es, die Eigengeräusche des Systems zu eliminieren. Das Zischen einer Luftpumpe will wohl niemand im Schlafzimmer hören. Das Problem wurde gelöst, indem die Pumpe im Kasten schalldicht untergebracht und die Luft aus den Kammern nicht einfach herausgelassen, sondern abgesaugt wird.
Der Kopf des Schnarchers werde nach einem bestimmten Algorithmus ganz sanft bewegt, ohne den Schlafenden zu wecken, erzählt Bazargani. Da sucht der Computer die Position mit dem wenigsten Lärm. Eine Studie mit mehreren Probanden habe ergeben, dass die Geräuschkulisse so um durchschnittlich 60% vermindert werde. Gegen Schlafapnoe mit gefährlichen Atem‧aussetzern hilft das Kissen nicht.
Sobald die weitere Finanzierung gesichert ist, will LeniMed die erste Kleinserie produzieren. Voraussichtlich im Mai oder Juni. „Jetzt benötigen wir mindestens 500.000 Euro als Beteiligungskapital. Erste Gespräche mit der KfW, dass wir den ERP-Startfonds nutzen könnten, waren positiv. Ein Lead-Investor müsste dann nur 250.000 Euro beisteuern“, so Gehrke. Mit dem Geld soll die erste Serie hergestellt werden. Wenn es nach Plan läuft, will der Betrieb mit bald vier Mitarbeitern allerspätestens im nächsten Jahr Gewinne erwirtschaften. Apotheken sollen die ersten Exemplare vertreiben. Lenisana ist jedoch kein Medizinprodukt, das von den Kassen erstattet wird: Lagebedingtes Schnarchen gilt nicht als Krankheit. „Das ist etwas, was der Kunde in seinen Komfort investiert“, so Gehrke. „Und in seine Beziehung.“
Knapp 2000 Euro kosten die ersten Stücke. Da muss der Leidensdruck wohl ziemlich groß sein. Andererseits sind Schnarcher zu allem bereit: Nähen sich Tennisbälle in den Pyjama ein, um sich nicht auf den Rücken zu drehen, schieben sich Prothesen in den Mund oder Spangen in die Nase, um besser Luft zu bekommen, schnallen sich Geräte um, die vibrieren oder sie mit Stromstößen traktieren. „Auf dem Markt gibt es Vieles, teils richtig Obskures“, so der Geschäftsführer. Viele Kunden seien skeptisch, weil sie schon die eine oder andere Enttäuschung erlebt haben. „Deshalb werden wir auch eine Geld-zurück-Garantie anbieten.“ Nach Deutschland und Europa sei die USA der größte und attraktivste Markt. Den haben sich die Rostocker mittelfristig vorgenommen.
Aus der Arbeit am Anti-Schnarch-Kissen hat sich an der dortigen Uni inzwischen eine neue Forschungsrichtung herausgebildet: die Info-Ergonomie. Bazargani: „Wir haben auch ein Patent für einen OP-Tisch oder eine intelligente Anti-Dekubitus-Matratze. Das wird unser zweites Produkt sein. Der Arzt kann vorher festlegen: Jeder Punkt des Körpers darf soundsoviel Druck ausüben. Der Computer achtet darauf, dass es zu jeder Zeit – etwa während der OP oder in der Reha – stimmt“. Doch bis zur Marktreife brauche es noch gut drei Jahre Entwicklungsarbeit. Personalisierte Autositze oder Rollstuhl-Unterlagen könnten folgen. „Wir haben noch Einiges im Hinterkopf.“ (mjd)

 

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Ein Beitrag von:

  • Matilda Jordanova-Duda

    Die Schwerpunkte der freien Journalistin sind: Industrie 4.0, Digitalisierung, Existenzgründer, Mittelstand, Energiewende, Firmenportrais, Migration, Bildung.

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