Arbeitsmarkt Spiele 02.03.2012, 12:00 Uhr

Game Designer gefragt

Der Markt mit Online- und Browserspielen wächst rasant. Ebenso schnell wächst der Unmut in der Branche

„Game Designer befinden sich in einer Luxus-Situation“, sagt Gitta Blatt. Auf jeden Bewerber kämen in Deutschland drei offene Stellen. „Insgesamt gibt es hierzulande 2000 freie Arbeitsplätze für Game Designer.“ Die 46-Jährige ist seit Dezember 2011 Personalchefin von Wooga, einem Senkrechtstarter der Games-Branche.

Nur drei Jahre nach seiner Gründung ist das Unternehmen heute der weltweit drittgrößte Entwickler von Social Games. Die Berliner sind dafür verantwortlich, dass Millionen Menschen zwischen Schanghai und San Francisco am Monitor bunte Fantasiewelten mit Schokoladenblumen und umhertapsenden Monstern basteln oder süße Hündchen im Haustier-Hospital behandeln.

Game Designer entwickeln Szenerie, Charaktere und Dramaturgie eines Spiels

Game Designer sind die Hirne hinter solchen Spielen. Sie entwerfen Szenarien, überlegen sich Charaktere und Dramaturgie. Und sie gestalten eine boomende Branche maßgeblich mit. Mit PC-, Online- und Browser-Games wird allein in Deutschland mittlerweile ein Umsatz von 1,86 Mrd. € jährlich erzielt. Zu diesen Zahlen kommt der Games-Report 2011, veröffentlicht vom Bundesverband Interaktive Unterhaltungsindustrie (BIU). Demnach beschäftigen 275 Unternehmen in diesem Wirtschaftszweig fast 10 000 Menschen.

Davon arbeiten 120 für Wooga in Berlin. Im Herzen der Hauptstadt sitzen junge Leute aus den USA, den Philippinen, Spanien oder Italien vor ihren Rechnern. Die Belegschaft kommt aus aller Welt und ist im Durchschnitt 30 Jahre alt. Momentan sucht Personalchefin Blatt vorzugsweise in Skandinavien, Osteuropa und Lateinamerika nach neuen Kräften. Angesichts dessen, was der Markt gerade hergibt, „reicht Europa nicht aus“, konstatiert Blatt, die zuvor schon beim deutschen Games-Superstar Bigpoint in gleicher Funktion tätig war.

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Game Designer-Mangel durch unbefriedigende Ausbildungssituation

Mitverantwortlich für den Engpass an deutschen Game Designern ist die unbefriedigende Ausbildungssituation. Denn so verlockend die Jobaussichten für Spielegestalter auch sein mögen, so holprig ist mitunter der Weg an die Fleischtöpfe. Rund 40 Hochschulen bieten derzeit entsprechende Studiengänge an, die eine Hälfte staatlich, die andere privat.

Darunter sind private Institute wie die Mediadesign Hochschule mit Standorten in Berlin, München und Düsseldorf. Wer hier einen Bachelor in Game Design erwerben will, muss monatliche Gebühren in Höhe von 849 € aufbringen.

Kaum verwunderlich also, dass die Nachfrage nach günstigeren, staatlichen Alternativen steigt. „Die Resonanz ist sehr groß“, so Thomas Bremer von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin. Obwohl alle Bewerber vorab eine zeitintensive Hausarbeit verfassen mussten, seien 300 Bewerbungen für den Bachelor-Studiengang „Game Design“ eingegangen. Davon konnten aber nur 40 immatrikuliert werden.

Neu im Games-Geschäft ist die Hochschule Kempten. Seit dem Wintersemester 2011/12 können Informatiker im Allgäu den Studienschwerpunkt „Game Engineering“ wählen. Über 40 % der 505 Studierenden haben sich bereits dazu entschlossen.

Hochschule Kempten bildet seit dem Wintersemester 2011/12 Game Designer aus

Aber ob Hauptstadt oder Allgäu – die Spielefirmen mischen auf dem Campus stets mit. Die Grenzen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sind in dieser blutjungen Branche ohnehin fließend. Auf der Agenda der Unternehmer: Kontakte knüpfen, Vorlesungen halten, eigene Interessen artikulieren – und natürlich nach potenziellen Neuzugängen fahnden. „Was uns derzeit fehlt, ist die schlichte Vielzahl an hochqualitativen Studiengängen“, sagt Dennis Heinert von der Hamburger Spieleschmiede InnoGames. Denn die Nachfrage nach Game Designern sei in der Tat gigantisch. „Wir wünschen uns viel mehr Quantität“, bestätigt Gitta Blatt.

Heinert profitiert bei der Jagd nach Talenten immerhin von der Umtriebigkeit der Hansestadt. Erst Mitte Januar warb die „gamecity:Hamburg“, ein lokales Netzwerk der Spielebranche, mit einer großen Infoveranstaltung an der HTW Berlin um junge Kräfte. Das Versprechen: 500 Stellen seien in Hamburg aktuell zu besetzen.

Damit wilderten die Hanseaten direkt vor Woogas Haustür. Während Hamburg kräftig trommelt, könne Berlin noch mehr Standortmarketing betreiben, meint man dort. „Wir wünschen uns, dass sich Berlin klar zur Kreativwirtschaft bekennt“, sagt Blatt.

Allzu bestürzt wird man am Prenzlauer Berg aber vermutlich trotzdem nicht sein. Die Berliner wollen sich weniger mit Hamburg messen, eher mit Silicon Valley. Und liefern im globalen Wettstreit um die besten Game-Gestalter ihre eigenen Argumente. Auf ihrer Website haben sie eine kunterbunte Karriere-Seite eingerichtet, die Interessenten aus aller Welt den Standort schmackhaft machen soll. Dort wirbt Wooga selbst für Berlin, die „wahrscheinlich coolste Stadt in Europa, wenn nicht in der ganzen Welt!“.

Ein Beitrag von:

  • Sebastian Wolking

    Sebastian Wolking ist freier Journalist in Hamburg und schreibt seit über 15 Jahren für die VDI Nachrichten. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit den Themen Arbeitsmarkt und Karriere.

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