Doppelt so stark wie prognostiziert: Die deutsche Wirtschaft überrascht
Wirtschaft wächst doppelt so stark wie erwartet: BIP legt im ersten Quartal 2025 um 0,4 % zu. Exporte und Konsum treiben Konjunktur an.

Die kriselnde deutsche Wirtschaft legt stärker zu als erwartet - auch wegen Vorzieheffekten im Zollstreit. Dennoch droht 2025 die längste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik.
Foto: PantherMedia / AndreyPopov (YAYMicro
Die deutsche Wirtschaft ist mit einem überraschenden Aufschwung ins Jahr 2025 gestartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im ersten Quartal um 0,4 % gegenüber dem Vorquartal. Das geht aus den revidierten Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor. Ursprünglich waren die Expertinnen und Experten in Wiesbaden lediglich von einem Plus von 0,2 % ausgegangen.
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Exporte stützen Konjunktur
Haupttreiber des Wachstums waren die Exporte. Besonders Produkte wie Automobile und Arzneimittel legten stark zu. Laut Statistischem Bundesamt wirkten sich hier auch sogenannte „Vorzieheffekte“ aus dem anhaltenden Zollkonflikt mit den USA aus. Unternehmen reagierten offenbar frühzeitig auf mögliche Handelshemmnisse und lieferten ihre Waren bereits vor Inkrafttreten neuer Zölle aus.
„Vor allem die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe sowie die Exporte entwickelten sich besser als zunächst angenommen“, erklärte Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamts. Die März-Daten seien ausschlaggebend für die positive Korrektur gewesen.
Konsum zieht wieder an
Neben den Exporten stützte auch die Binnennachfrage das Wirtschaftswachstum. Die Konsumausgaben privater Haushalte stiegen im ersten Quartal um 0,5 %. Hintergrund sind unter anderem abflauende Teuerungsraten und gestiegene Löhne in vielen Branchen. Vielen Menschen bleibt dadurch mehr Geld zum Ausgeben.
Auch die Investitionstätigkeit zog leicht an: In Bauten flossen 0,5 % mehr Mittel als im Vorquartal, bei Ausrüstungen wie Maschinen und Fahrzeugen stiegen die Ausgaben sogar um 0,7 %.
Frühjahrsimpuls – aber keine Trendwende?
Trotz der erfreulichen Zahlen bleiben die wirtschaftlichen Perspektiven verhalten. Viele Ökonominnen und Ökonomen hatten einen leichten Aufschwung zum Jahresbeginn erwartet. Doch die langfristigen Prognosen sind weniger optimistisch. Der Internationale Währungsfonds (IWF), die EU-Kommission und auch der Sachverständigenrat rechnen für das Gesamtjahr 2025 nur mit einer Stagnation der Wirtschaftsleistung.
Das wäre das dritte Jahr in Folge ohne Wachstum. Eine solche Durststrecke hat es seit Gründung der Bundesrepublik nicht gegeben.
Handelskonflikt bremst Erholung
Ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor bleibt die Handelspolitik der USA. Zwar hat Präsident Donald Trump einige angekündigte Zollerhöhungen ausgesetzt, doch die grundsätzliche Zollbelastung bleibt hoch. Der Basiszoll auf Importe in die USA liegt weiterhin bei 10 %. Zusätzlich wurden bestimmte Einfuhren – etwa von Autos und Stahl – gezielt verteuert.
Die exportorientierte deutsche Industrie reagiert darauf mit Vorsicht. Zwar konnte sie im ersten Quartal noch profitieren, doch mittelfristig dämpfen die Handelsbarrieren die Wachstumsaussichten.
Stimmung hellt sich leicht auf
Trotz der Unsicherheiten gibt es erste Anzeichen einer Stimmungsbesserung in der Wirtschaft. Der viel beachtete Ifo-Geschäftsklimaindex stieg im Mai zum fünften Mal in Folge. „Die deutsche Wirtschaft fasst langsam wieder Tritt“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Insbesondere die Industrie verbuchte zuletzt wieder mehr Aufträge.
Reformen sollen neue Impulse setzen
Die Bundesregierung setzt auf strukturelle Reformen, um die Wirtschaft zu stärken. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) kündigte ein erstes Entlastungspaket für Unternehmen an. Es soll bis Mitte Juli vom Kabinett beschlossen werden. Vorgesehen sind unter anderem eine Senkung der Stromsteuer und erste Schritte zur Reform des Arbeitsmarkts.
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) sieht zudem Chancen für eine Entspannung im Zollkonflikt mit den USA. Nach Gesprächen im Rahmen der G7 habe es „positive Signale“ gegeben. Eine Einigung könnte der exportabhängigen Industrie zusätzliche Luft verschaffen.
Ausblick: Hoffnung auf 2026
Für das kommende Jahr blicken einige Ökonominnen und Ökonomen wieder vorsichtig optimistisch nach vorn. Der Sachverständigenrat erwartet für 2026 ein Wachstum von 1,0 %. Neben einer möglichen Erholung des Welthandels sollen auch staatliche Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur zur Belebung beitragen.
Bis dahin bleibt die Lage jedoch angespannt. Die deutsche Wirtschaft steht weiterhin unter Druck – trotz des positiven Starts ins Jahr. Ob aus dem kurzfristigen Impuls ein stabiler Aufschwung wird, ist ungewiss. (mit dpa)
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