Sabotage, Spionage, Cyberkrieg – Russland greift Deutschland an
Russland soll gezielt deutsche Infrastruktur angreifen – mit Drohnen, Spionen und Sabotageakten. Die Sicherheitslage spitzt sich zu.

"Hybride Angriffe auf uns in Deutschland sind Realität, jeden Tag", sagt General Breuer. Die Liste der mutmaßlich von Russland orchestrierten Sabotageakte und Einflussoperationen wird immer länger.
Foto: PantherMedia / DragosCondreaW
Deutschland steht zunehmend im Fadenkreuz russischer Sabotageversuche. Ob brennende Frachtpakete, manipulierte Marineschiffe, Spionage im BND oder Desinformationskampagnen – der Werkzeugkasten russischer Dienste scheint gut gefüllt. Offizielle Stellen sprechen von hybriden Angriffen, die gezielt unterhalb der NATO-Beistandsschwelle bleiben. Der Beitrag zeigt auf, wie breit die Angriffspalette gefächert ist und welche Gegenmaßnahmen die Bundeswehr und Sicherheitsbehörden ergreifen.
Inhaltsverzeichnis
- Hybride Kriegsführung: Kein Szenario, sondern Realität
- Sabotageakte: Kleine Schäden, große Wirkung
- Spionage: Der Feind im eigenen Haus
- Drohnen, Hacker, Desinformation: Angriff auf mehreren Ebenen
- Provokationen auf See und an Land
- Einflussnahme durch Fake News und soziale Spaltung
- Neue Täterprofile: Agenten ohne Agentenausbildung
Hybride Kriegsführung: Kein Szenario, sondern Realität
Sabotageakte, Spionage, Desinformation – laut Bundeswehr-General Carsten Breuer erleben wir in Deutschland längst einen verdeckten Krieg. „Hybride Angriffe auf uns in Deutschland sind Realität, jeden Tag“, erklärte er kürzlich vor Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft und Sicherheitsbehörden. Der russische Staat sehe Krieg nicht als Ausnahme, sondern als Dauerzustand – und nutze jede Gelegenheit zur Eskalation, solange diese unterhalb der Schwelle bleibt, die eine militärische Reaktion der NATO auslösen würde.
Die deutschen Behörden stehen vor einem Dilemma: Viele Angriffe sind schwer zuzuordnen, erfolgen durch Drittpersonen und lassen sich kaum zweifelsfrei als staatlich gesteuert nachweisen. Dennoch verdichten sich die Hinweise auf ein koordiniertes Vorgehen.
Sabotageakte: Kleine Schäden, große Wirkung
Ein brennendes Paket im DHL-Zentrum Leipzig im Juli 2024 war mehr als nur ein Zufall. Laut Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang entging Deutschland an diesem Tag nur knapp einem Flugzeugabsturz. Der Brandsatz entzündete sich auf dem Boden – wäre das während des Fluges passiert, hätte es fatale Folgen haben können.
Ermittlungen zeigten: Drei Ukrainer sollten offenbar im Auftrag russischer Stellen brennbare oder explosive Pakete nach Osteuropa verschicken – als getarnte Fracht im normalen Logistiksystem. Zwei Testpakete enthielten bereits GPS-Tracker.
Auch auf deutschen Marineschiffen kam es wiederholt zu mutmaßlicher Sabotage. Metallspäne in Antrieben, Öl im Trinkwassersystem oder durchtrennte Kabelbäume legen den Verdacht nahe, dass russische Agenten gezielt kritische Systeme stören wollen.
Als Reaktion plant die Bundeswehr im Rahmen von „Kurs Marine 2025“ den Schutz ihrer Standorte zu verstärken. Neue Wach- und Sicherungskompanien sollen kurzfristig aufgestellt werden.
Spionage: Der Feind im eigenen Haus
Russische Spionageaktivitäten in Deutschland haben eine lange Tradition – und sind wieder verstärkt in den Fokus geraten.
Im Dezember 2022 wurde ein BND-Mitarbeiter enttarnt, der geheime Informationen an den russischen Inlandsgeheimdienst FSB übergeben haben soll. Der mutmaßliche Haupttäter Carsten L. und sein Kontaktmann Arthur E. hatten Zugriff auf sensible Daten.
Im Juni 2024 wurden in Frankfurt drei Männer festgenommen – ein Russe, ein Ukrainer und ein Armenier. Sie sollen im Auftrag Moskaus Informationen über einen ehemaligen ukrainischen Offizier gesammelt haben. In ihrem Fahrzeug fanden Ermittler einen GPS-Sender, offenbar bereit zur Überwachung des Zielobjekts.
Das zeigt: Die Spionage findet längst nicht mehr nur im Verborgenen statt – sie rückt näher an Alltag und zivile Infrastruktur heran.
Drohnen, Hacker, Desinformation: Angriff auf mehreren Ebenen
Ein neues Mittel der Ausspähung sind Drohnen, die über Militärgeländen oder Industrieanlagen auftauchen. Viele sind gegen Störsignale geschützt und offenbar dazu gedacht, Reaktionen der Abwehrsysteme zu testen. Fachleute sprechen von „Gefechtsfeldvorbereitung“.
Gleichzeitig laufen Cyberangriffe auf politischer und wirtschaftlicher Ebene. Im Januar 2023 richtete sich eine Angriffswelle der Gruppe APT 28 – die dem russischen Militärgeheimdienst zugerechnet wird – gegen die SPD-Zentrale, Unternehmen der Luftfahrtbranche und IT-Firmen.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde war Ziel einer Attacke. Solche Angriffe verfolgen ein klares Ziel: die politische Debatte beeinflussen, wirtschaftliche Abläufe stören und Vertrauen in staatliche Institutionen erschüttern.
Provokationen auf See und an Land
Was sich lange auf digitale und verdeckte Aktionen beschränkte, erreicht nun auch physische Räume. Die russische Marine verhält sich zunehmend aggressiv – so zumindest die Einschätzung von Vizeadmiral Jan Christian Kaack.
Ein Vorfall sorgte für Aufsehen: Zwei russische Fischer liefen in den Hafen von Eckernförde ein – in unmittelbarer Nähe von U-Booten. Kaack betonte: „Wir können es nicht zulassen, dass sich jemand einfach die U-Boote anguckt.“
Solche „Zwischenfälle“ mögen harmlos erscheinen. Doch in sicherheitsrelevanten Zonen können sie zur Provokation und Eskalation beitragen.
Einflussnahme durch Fake News und soziale Spaltung
Auch auf die öffentliche Meinung zielt Russlands hybride Kriegsführung. Vor der Bundestagswahl 2023 tauchten gefälschte Videos auf, die angebliche Wahlfälschung zulasten der AfD zeigen sollten. Das Innenministerium ordnete sie einer russischen Desinformationskampagne zu.
Sabotageaktionen gegen Privatfahrzeuge in mehreren Bundesländern, bei denen Auspuffanlagen mit Bauschaum gefüllt wurden, sollen ebenfalls russische Ursprünge haben. Papierschnipsel mit grünenpolitischen Parolen sollten offenbar den Eindruck erwecken, es handle sich um Aktionen radikaler Klimaaktivistinnen und -aktivisten – mit dem Ziel, gesellschaftliche Gräben zu vertiefen.
Neue Täterprofile: Agenten ohne Agentenausbildung
Was viele Sicherheitsdienste zusätzlich beunruhigt: Russland greift zunehmend auf sogenannte „unbedarfte Täter“ zurück – also auf Personen ohne Nachrichtendiensthintergrund, die gezielt für einzelne Aktionen angeheuert werden.
Diese „Einmalagenten“ können bei guter Tarnung erheblichen Schaden anrichten – und sind schwerer aufzuspüren als klassische Spione. Ihre Entdeckung erfolgt häufig erst im Nachhinein – etwa durch auffällige Reiserouten oder verdächtige Paketinhalte. (mit dpa)
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