Güner Wasserstoff 20.08.2021, 10:54 Uhr

Weltweit erster fossilfreier Stahl hergestellt: Explodieren jetzt die Preise?

Premiere beim Wasserstoff: Der erste fossilfreie Stahl der Welt wurde hergestellt. Erster Kunde ist Volvo. Was dieser Meilenstein für die Stahlindustrie und Preise von E-Autos bedeutet.

Wasserstoffstahl

Der schwedische Spezialstahlhersteller SSAB hat erfolgreich den ersten fossilfreien Stahl gewalzt.

Foto: SSAB/JAN LINDBLAD JR

Durchbruch beim schwedische Stahlkonzern SSAB: Die Stahlschmiede hat den weltweit ersten fossilfreie Stahl hergestellt. Den ersten Abnehmer gibt es bereits. Volvo setzt das Material für Elektroautos ein. Glückt der Testlauf, will SSAB den grünen Stahl auf den Markt bringen.

Anstelle von Kohle und Koks nutzt der schwedische Konzern grünen Wasserstoff. Der traditionelle kohlebefeuerte Hochofen wird ebenfalls durch einen Elektrolichtbogenofen ersetzt. Der Lichtbogenofen ist ein Aggregat zum Einschmelzen von Stahlschrott verschiedener Qualität.

„Der weltweit erste fossilfreie Stahl wird geliefert“, geben die Konsortialpartner des schwedischen Projekts Hybrit von SSAB, des staatlich schwedische Energiekonzerns Vattenfall und des Bergbauunternehmens LKAB bekannt.

Das Ziel des Projekts ist ambitioniert: Im Stahlherstellungsprozess nicht mehr mit Kohle und Koks zu arbeiten, sondern zu 100 % mit grünem Wasserstoff. Fossilfreier Stahl oder Wasserstoffstahl nennt sich das Ergebnis. Seit 2016 besteht das Projekt Hybrit. Nun freuen sich die Partner über den ersten Meilenstein. Das verwendete Eisenerz soll in Zukunft aus fossilfreien Bergbaubetrieben stammen.

Stellenangebote im Bereich Kunststofftechnik

Kunststofftechnik Jobs
Schneider Form GmbH-Firmenlogo
CAD-Konstrukteur (m/w/d) mit Schwerpunkt Zeichnungs- und Kundendatenbank-Management Schneider Form GmbH
Dettingen unter Teck, Chemnitz Zum Job 
KLN Ultraschall AG-Firmenlogo
Konstruktionsingenieur / Techniker / Meister (m/w/d) zur Vertriebsunterstützung KLN Ultraschall AG
Heppenheim Zum Job 
PASS GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Qualitätstechniker:in (m/w/x) für die Qualitätsvorausplanung PASS GmbH & Co. KG
Schwelm Zum Job 

Grüner Wasserstoff für Deutschland: Ist das die Antwort?

Hybrit: Dekarbonisierung der Industrie

Kokskohle ist seit über tausend Jahren ein fester Bestandteil von Stahlprodukten. Damit zählt der Sektor zu den größten Emittenten von CO2. Das Projekt Hybrit in Zusammenarbeit von SSAB, LKAB und Vattenfall soll einen Wandel bringen. Hybrit steht für Hydrogen Breakthrough Ironmaking Technology und stellt umfasst ein Joint Venture. Hybrit plant, Schwedens CO2-Ausstoß um zehn Prozent und den Finnlands um sieben Prozent zu verringern. 2018 startete der Bau einer Pilotanlage im schwedischen Luleå.

Grüne Stahlproduktion: SSAB verwendet Begriff mit Vorsicht

SSAB gibt sich selbst zurückhaltend, wenn es um die Verwendung der Begrifflichkeit „grün“ geht. Da offizielle Standards und Kontrollen fehlen, setzt das Unternehmen aus Schweden eigene Maßstäbe. Fossiler Stahl entstehe laut eigenen Angaben ohne CO2-Emissionen und unter Verwendung fossilfreier Energieträger.

Wie wirkt sich fossilfreier Stahl auf die Preise aus?

Fossilfreies Metall weist dieselbe Qualität wie regulärer Stahl auf, allerdings ist es deutlich teurer. Wird es nun in E-Autos von Volvo eingesetzt, könnten die Preise anziehen. Ein Beispiel: Das Basismodell Volvo XC90 T5 SUV wird in den USA für knapp 50.000 US-Dollar verkauft. Laut einem Bericht von Yahoo Finance, schwankten die Rohstoffkosten eines durchschnittlichen amerikanischen Autos zwischen 2.200 US-Dollar und 4.125 US-Dollar. Circa 40 % entfielen auf den Einsatz von Stahl, was anteilig 860 bis 1600 US-Dollar entspricht. Die Kosten sind demnach überschaubar – der Deal zwischen SSAB und Volvo allerdings nicht bekannt. Da das Geschäft mit grünem Stahl noch sehr jung ist, werden sich die Preise mit der Zeit herauskristallisieren. Den jetzt an die Volvo Group gelieferte Stahl hat SSAB in Oxelösund bereits im Juli gewalzt.

Insgesamt soll laut dem schwedischen Produzenten die Produktion des CO2-freien Stahls aus Luleå nicht eklatant mehr kosten als die des herkömmlichen Materials. Im Vergleich zu einer heutigen Anlage sollen es 20 bis 30 Prozent sein. 2035 wird mit konkurrenzfähigen Preisen gerechnet. In diesem Jahr soll die fossilfreie Stahlherstellung im industriellen Maßstab funktionieren.

Wie nachhaltig ist fossilfreier Stahl?

Bei der Verhüttung von Eisenerzen wird sehr viel CO2 freigesetzt. Eine fossilfreie Stahlproduktion soll das ändern.

Ob als dünnes Blech für Autokarosserien oder als H-Träger für Wolkenkratzer: Stahl ist ein vielseitiges Material. Stahl wird zudem als Werkstoff der Zukunft gesehen, da es beliebig oft recycelbar ist, ohne an Qualität zu verlieren. Das große Klima-Problem: Zur Verhüttung von Eisenoxid zu Stahl benötigt man Koks.

Eine fossilfreie Erzeugung gelingt nicht, indem nur in der Strom- und Wärmeproduktion auf fossile Brennstoffe verzichtet wird. Die Industrie müsse laut Vattenfall in die Lage versetzt werden, ihre Prozesse umzustellen. Die Produktion von CO2-freiem Stahl ist einer der Treiber. Eine Herausforderung bleibt: Wasserstoff in großen Menge für die Industrie zu produzieren.

Volvo bis 2050 klimaneutral

Bis 2050 hat sich Volvo verpflichtet, klimaneutrale Geschäfte zu betreiben. Das umfasst auch die Lieferketten. SSAB vertreibt jährlich Stahl im Wert von mehr als sieben Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2026 soll die Produktion des „fossilfreien“ Stahls in großem Maßstab beginnen. Für 2024 plant der schwedische Konzern die weltweit größte Anlage für grünen Stahl. Weitere Weltpremieren warten schon.

Diese und weitere Bemühungen werden wichtig sein, um die Klimaneutralität in der Industrie zu schaffen. Die traditionelle Stahlerzeugung produziert jährlich mehr als 1,8 Milliarden Tonnen Stahl, Tendenz steigend. Pro Tonne Stahl werden zwei Tonnen CO2 freigesetzt – das entspricht acht Prozent der gesamten anthropogenen Kohlenstoffemissionen der Welt.

Lesen Sie auch:

Thyssenkrupp will Öko-Stahl herstellen

Smarter Stahl verhindert Erdbebenschäden

Stahlproduktion: Kunstdünger aus Hüttengasen

Ein Beitrag von:

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.