BMW 18.03.2011, 19:52 Uhr

Software der Getriebesteuerung stammt von einem Rheinländer

Kinder fürs Auto zu begeistern, ist nicht schwer, wenn schon der Vater Autofan ist. Die Steigerung: Der Vater verdient seine Brötchen mit Fahrzeugen, dann kann das auch beim Sohn so kommen. Björn Lellmann ist der lebende Beweis für diese These. Erst über einen Umweg schaffte es der Mechatroniker im zweiten Anlauf zu BMW. Jetzt ist der Spediteurssohn im Vertrieb gelandet, seinem Thema aber ist er treu geblieben.

Drei Motoren, zwei Getriebe, Hybrid-Technologie, 328 PS und ein Durchschnittsverbrauch von 3,7 l auf 100 km: Der grüne Sportwagen von BMW mit dem Namen „Vision Efficient Dynamics“ war ein Star auf der Internationalen Automobil-Ausstellung 2009 in Frankfurt. Jetzt hat der Münchner Automobilbauer die Serienproduktion des Fahrzeugs ab Ende 2013 im Werk Leipzig angekündigt.

Für die Software der Getriebesteuerung, des Getriebestrangs und des Hybrid-Moduls am Konzeptfahrzeug war Björn Lellmann zuständig. „Antriebe und Kupplungen sind rein über Software verbunden. Die regelt die richtige Gangwahl und die Antriebsart“, sagt der 31-jährige Ingenieur der Mechatronik – und kommt dabei ins Schwärmen über technische Details. Fahrzeuge sind seine Welt. Dabei hat er selbst nicht einmal ein Auto. Das hat er vor vier Jahren verkauft, „weil es sich nicht lohnte“. Von seiner Wohnung zu seinem Arbeitsplatz im Forschungs- und Innovationszentrum von BMW in München sind es nur vier Minuten zu Fuß. Lellmann ist in der Welt des Automobils angekommen. Das war sein Ziel von Kindheit an.

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Der Sohn eines Spediteurs aus dem Rheinland ist mit Lkw aufgewachsen. Schon bald verlor der Kleine den Respekt vor den großen Maschinen, wenn er dem Papa und den Fahrern dabei über die Schulter schaute, wie sie Öl und Luftfilter wechselten oder Glühkerzen ersetzten. Die Schrauberei und die Technik faszinierten Björn. So war es konsequent, seine ersten Autos und Motorrädern selbst in Schuss zu halten. Auch wegen dem lieben Geld. Nach dem Abitur ging Lellmann an die Fachhochschule Kaiserslautern zum Studium der Mechatronik. Das war im Jahr 2001.

Zwei Jahre später wurde die Ausbildung von Kfz-Mechanikern und Kfz-Elektronikern zusammengefasst und in Kfz-Mechatroniker umbenannt. Darin spiegelt sich in der dualen Ausbildung auch der steigende Elektronik-Anteil im Auto. Mechatronik ist mehr. Die Erklärung steckt in dem Wort selbst, denn diese Technologie setzt sich zusammen aus Mechanik, Elektronik und Informatik.

Embedded Systems sind das Ergebnis der Mechatronik, und das Anti-Blockier-System ein typisch mechatronisches Bauteil: Die Bremse öffnet und schließt mechanisch, Software liefert die Informationen fürs Schließen und Öffnen der Zangen und via Elektronik werden die Daten an die Mechanik gesandt. Häufig über blitzschnelle Can-Bus-Systeme, weil es beim ABS um Sicherheit in Sekundenschnelle geht. Eingebettete Systeme sind Hard- und Software in einem, sie haben einen Chip, auf dem die Daten gespeichert sind, etwa in Steuergeräten.

Experten gehen davon aus, dass Embedded Systems das Auto der Zukunft prägen. Ein Beispiel: In der alternden Gesellschaft sollen auch 80-Jährige einen Sportwagen fahren können – und im Notfall eine Vielzahl an elektronischen Helferlein bei menschlichem Versagen eingreifen, bis hin zum selbstständigen Einparken nach flotter Fahrt. Dafür sorgen die Wunderwerke der Technologie, denen der Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnologie „asiatische Wachstumsraten“ bescheinigt.

Lellmanns Studienwahl war eine für die Zukunft. Nach dem Abschluss in Kaiserslautern machte er seinen Master of Science in Borlänge (Schweden) und Annecy (Frankreich). Dennoch musste er beim Berufseinstieg seine Erwartungen an das Renommee des Arbeitgebers erstmals zurückfahren: Obwohl er seine Diplomarbeit bei BMW geschrieben hatte – was häufig wie eine vorgelagerte Probezeit gewertet wird – wurde ihm keine Stelle angeboten. Er schaffte es dennoch zu seinem Arbeitgeber erster Wahl und zwar über den Umweg eines Ingenieurdienstleisters. Als externer Mitarbeiter begann er 2005 in der Entwicklung für Funktionen und der Applikationssteuerung im Energiemanagement der Autos. „Verbraucher intelligent zu schalten, senkt den Spritverbrauch und schafft Raum für elektrische Innovationen, weil die Bordnetze, vor allem in der Oberklasse, reichlich ausgelastet sind.“

Nach zwei Jahren erfüllt sich auch bei Lellmann der Traum vieler Externer: Der Auftragnehmer seines Arbeitgebers übernahm ihn. Gleichzeitig wechselte er in die Getriebevorentwicklung und wurde später Projektleiter für die Software von Getriebe, Getriebestrang und Hybrid-Modul des Konzept-Sportwagens. Mit Ankündigung zur Serienproduktion endete dort sein Job. Seit Februar 2011 ist er Produktmanager im Vertrieb. „Meine Aufgabe als Marktforscher für BMW ist es nun, herauszufinden, was der Markt verlangt.“ Seinem Thema ist er treu geblieben: Er beschäftigt sich mit Kundenwünschen zum elektrischen Antrieb.

Eigenbrötler seien falsch bei BMW. Immerhin entstehen zwei Drittel der Wertschöpfung an einem Fahrzeug bei Zulieferern und Dienstleistern. Das erfordert ein ausgeprägtes Kommunikationsverhalten und soziale Kompetenzen. Und nicht jeder findet sich in einem Konzern mit fast 100 000 Kollegen weltweit zurecht. „Als Rheinländer, die von Natur aus gesellig und kontaktfreudig sind, hatte ich schon einen gewissen Vorteil.“

Über 1300 neue Mitarbeiter will BMW in diesem Jahr weltweit einstellen, davon etwa die Hälfte in Deutschland. Ein Großteil davon sollen Ingenieure sein – von denen sicher nur ein Teil aus dem Rheinland sein wird. PETER ILG

 

Ein Beitrag von:

  • Peter Ilg

    Peter Ilg ist freier Journalist und verfasst Texte über Arbeitsmarkt und Berufe, Mobilität und Fahrberichte, Wirtschaft und Märkte.

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