Neuer Höhenrekord: 9521 Meter im Solarflug über dem Wallis
Raphaël Domjan steigt mit HB-SXA auf 9521 Meter. Damit übertrifft er den alten Rekord für bemannte, solarelektrische Flugzeuge.
Rekordflug mit malerischer Kulisse: das Solarflugzeug HB-SXA flog 9521 Meter hoch.
Foto: picture alliance/KEYSTONE | MARTIAL TREZZINI
Ein strahlend klarer Morgen im Wallis. Auf dem Rollfeld des Flughafens Sitten rollt ein schlanker, weißer Flieger an – HB-SXA, das Solarflugzeug von Raphaël Domjan. Wenige Stunden später zeigt das Höhenmessgerät 9521 Meter an. So hoch ist noch niemand mit einem bemannten, rein elektrisch und solar angetriebenen Flugzeug geflogen. Die Mission SolarStratos meldet den Rekord, die offizielle Bestätigung durch die Fédération Aéronautique Internationale (FAI) steht noch aus.
„Dies ist einer dieser unvergesslichen Höhepunkte, die große menschliche und technologische Abenteuer ausmachen“, wird das Team später sagen. In der Reiseflughöhe kreuzt Domjan den Weg eines Verkehrsflugzeugs. Das Team sieht darin mehr als nur einen Zufall: „ein starkes Symbol dafür, wie die dekarbonisierte Luftfahrt der Zukunft aussehen könnte“. Ein Solarflugzeug teilt sich den Himmel mit einem Passagierjet – zwei Welten, ein Luftraum.
5 Stunden Sonne, Strom und Aufwinde
Der Flug dauert 5 Stunden und 9 Minuten. Jede Minute zählt. Strom kommt von Solarzellen auf Flügeln und Leitwerk, rund 22 m² groß und mit einem Wirkungsgrad von 22–24 %. Sie speisen Lithium-Ionen-Batterien mit bis zu 28 kWh Kapazität. Dazu trägt warme Luft aus den Tälern den Flieger sanft nach oben. Die Thermik spart Strom, den Domjan für die letzten Meter braucht.
Dann waren 9521 Meter Flughöhe erreicht – Rekord, sofern dieser den Überprüfungen standhält. In der Luftfahrt reicht es nicht, eine Zahl zu nennen. Höhenrekorde werden nach festen Regeln gemessen. Maßgeblich ist die auf Standarddichte korrigierte Druckhöhe. Die Flugdaten gehen nun an die FAI. Erst wenn sie den Flug bestätigt, wird aus der Meldung ein offizieller Rekord.
Bisher führte Solar Impulse die Liste an: 9235 Meter, geflogen 2010 von Bertrand Piccard. Domjan übertrifft das um fast 300 Meter. Ein Erfolg – und doch nur eine Zwischenstation. Er will die 10.000-Meter-Marke knacken, die Höhe vieler Linienflüge. Danach soll es weiter in die Stratosphäre gehen.
Das Flugzeug hinter dem Rekord
HB-SXA ist ein Leichtgewicht – gebaut aus Kohlefaser, mit 24,8 Metern Spannweite. Die langen Flügel reduzieren den Luftwiderstand und sorgen für Auftrieb selbst bei niedriger Geschwindigkeit. Vorn im Rumpf arbeiten zwei Elektromotoren. Zusammen leisten sie bis zu 70 kW und treiben einen dreiblättrigen Propeller mit knapp zwei Metern Durchmesser an.
Die Technik ist schlicht und durchdacht: große Spannweite für Tragkraft, leichte Struktur für Effizienz, Solarzellen für Energie. Mehr Batteriekapazität bedeutet mehr Reichweite – aber auch mehr Gewicht. Die Crew wählt die Konfiguration je nach Flugprofil.
Die Kabine ist nicht druckbelüftet. In 9500 Metern Höhe ist der Luftdruck nur noch ein Drittel des Werts am Boden. Sauerstoff wird knapp, Kälte beißt. Domjan trägt daher einen Druckanzug des russischen Herstellers Zvezda. Er wiegt rund 12 kg, hält den nötigen Kabinendruck und liefert Atemluft. Ohne ihn wäre ein Flug in dieser Höhe unmöglich.
• Höchstflug: 9.521 m (31.237 ft)
• Pilot: Raphaël Domjan (SolarStratos)
• Flugzeug: HB-SXA, zweisitziger Tiefdecker aus Kohlefaser
• Energie: Solarmodule auf Tragflächen (~22 m²), Li-Ion-Batterien (11–28 kWh, je nach Konfiguration), Doppel-Elektroantrieb
• Wirkungsgrad der Solarzellen: 22–24 %
• Flugdauer: 5 h 09 min
• Kabine: nicht druckbelüftet, Druckanzug von Zvezda (ca. 12 kg)
• Spannweite: 24,8 m
• Status: FAI-Bestätigung ausstehend
Wissenschaftliches Ziel
SolarStratos versteht sich nicht nur als Rekordprojekt. „Angetrieben von Sonnenenergie und ohne Schadstoffausstoß wird unser Flugzeug in bisher unerreichten Höhen beispiellose Messungen durchführen können“, heißt es.
Ziel sind Daten aus der oberen Troposphäre – Temperatur, Strahlung, Luftzusammensetzung. Werte, die für Klimamodelle und Atmosphärenforschung wichtig sind. Jede Mission bringt Erfahrungen im Umgang mit extremer Kälte, dünner Luft und wechselnder Strahlung.
Technik, die mitwächst
HB-SXA ist modular gedacht. Die Batteriekapazität kann von 11 auf 28 kWh erweitert werden. Die Solarzellen stammen aus der neuesten Generation und arbeiten auch in Kälte zuverlässig. Der Propeller dreht mit moderater Drehzahl – das spart Energie und reduziert Vibrationen. Das Team testet laufend neue Materialien, optimiert den Energiehaushalt und passt das Wärmemanagement an.

Blick aus dem Cockpit beim Rekordflug.
Foto: picture alliance/KEYSTONE | RAPHAEL DOMJAN
Etappenziele auf dem Weg in die Stratosphäre
Der jetzige Rekord ist kein Endpunkt. Domjan sagt offen: „Mein Ziel ist es, der jungen Generation zu zeigen, dass es auch morgen noch möglich sein wird, ohne Verbrennung fossiler Energien zu fliegen.“ Nächstes Ziel: 10.000 Meter. Danach ein bemannter Solarflug in die Stratosphäre – in der Schweiz beginnt sie bei etwa 12.000 Metern.
Warum das wichtig ist: Elektrische und solare Luftfahrt steckt noch in den Anfängen. Aktuell eignen sich solche Flugzeuge vor allem für kurze Strecken oder wissenschaftliche Einsätze. Doch jede Mission liefert Erkenntnisse, die auch anderen Projekten helfen: Aerodynamik, Energieeffizienz, Batteriemanagement.
Solche Technologien könnten in Zukunft leise, emissionsfreie Flüge für spezielle Aufgaben ermöglichen – von Umweltmessungen bis zu Inspektionsflügen „Es ist wichtig zu zeigen, was wir mit Solarenergie erreichen können“, sagt Domjan. Und er ergänzt: „Ich teile diesen Moment der Freude mit allen Menschen, die seit Jahren auf diese Leistung hingearbeitet haben.“
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