Hyundai baut Großfabrik für Wasserstoff-Autos – auch Produktion in Europa geplant
630 Millionen für eine Fabrik in Südkorea: Hyundai investiert massiv in die H2-Mobilität. Auch in Europa, Nordamerika und Deutschland sind neue Werke geplant. Hat das Wasserstoff-Auto doch noch eine Chance?
Präsentation des neuen NEXO auf einer Autoshow in Japan im Oktober 2025.
Foto: Hyundai Motor Company
Vergangene Woche legte Hyundai im südkoreanischen Ulsan den Grundstein für eine neue Brennstoffzellenfabrik. Der Standort ist symbolträchtig: Das Gelände eines ehemaligen Werks für Verbrennermotoren.
930 Milliarden Won, umgerechnet rund 630 Mio. €, investiert der Konzern nach eigenen Angaben in die 43.000 m² große Anlage. Ab 2027 sollen dort jährlich 30.000 Brennstoffzellen-Systeme vom Band laufen – nicht nur für PKW, sondern auch für Nutzfahrzeuge, Busse, Baumaschinen und Schiffe. Zusätzlich produziert Hyundai dort PEM-Elektrolyseure für hochreinen Wasserstoff: Ein 1-MW-Prototyp erzeugt rund 300 kg Wasserstoff pro Tag.
Ist die Wasserstoffmobilität also noch zu retten?
Inhaltsverzeichnis
Hyundai will Korea als Wasserstoffnation etablieren
„Dieses Werk verkörpert das strategische Engagement der Hyundai Motor Group für die Förderung des Übergangs zur Wasserstoffgesellschaft“, erklärte Jaehoon Chang, stellvertretender Vorsitzender der Hyundai Motor Group, bei der Grundsteinlegung. Es werde „eine entscheidende Grundlage für die Etablierung Koreas als führendes Land in der globalen Wasserstoffindustrie“ bilden.
Hyundai geht zudem strategische Partnerschaften ein: Der koreanische Bushersteller KGM Commercial will die Brennstoffzellen des Konzerns bald in seinen Fahrzeugen einsetzen. Und wie das Branchenportal Hydrogen Insight exklusiv berichtete, ist Hyundai mittlerweile größter Anteilseigner bei Hynet, Südkoreas größtem Wasserstofftankstellen-Betreiber.

Bei der Grundsteinlegung Ende Oktober.
Foto: Hyundai Motor Company
Der Nexo kommt nach Europa
Parallel zur Korea-Fabrik fährt Hyundai eine Europa-Offensive. „Wir planen, noch in diesem Jahr mit der Massenproduktion in Europa und Nordamerika zu beginnen“, verkündete Hyundai-Vizepräsident Jeong Yoo-seok Ende Oktober 2025 auf der Japan Mobility Show in Tokio, wie Hydrogen Insight berichtete. Gemeint ist der neue Nexo, Hyundais Wasserstoff-SUV der zweiten Generation.
Nach lokaler Zertifizierung soll der Verkauf in Europa in der ersten Jahreshälfte 2026 starten. Wo genau in Europa produziert wird, ließ Hyundai offen – denkbar wären das bestehende Werk in Tschechien oder andere Standorte. Hyundai wirbt mit einer Reichweite von über 650 km und 150 kW Leistung. Der integrierte Routenplaner zeigt Wasserstofftankstellen in Echtzeit an, inklusive Verfügbarkeit und Wartezeiten.
Die Verkaufsziele sind ambitioniert: 11.000 Nexo will Hyundai 2026 weltweit absetzen. Zum Vergleich: 2024 verkauften alle Hersteller zusammen weltweit nur 12.866 Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Doch die Zahlen aus Südkorea könnten Mut machen: In den ersten drei Verkaufsmonaten (Juli bis September 2025) gingen dort nach Angaben von hydrogen Insight 3.493 Einheiten über den Ladentisch – Tendenz steigend.

Das Hyundai-Technikzentrum in Rüsselsheim.
Foto: Hyundai Motor Company
Entwicklungszentrum in Rüsselsheim: H2-Forschung denkbar?
Dass Hyundai Europa ernst nimmt, zeigt eine weitere Investition: Am 6. November – zeitgleich mit diesem Artikel – eröffnete der Konzern sein neues Entwicklungszentrum „Square Campus“ am Hyundai Motor Europe Technical Center (HMETC) in Rüsselsheim. 150 Mio. € flossen in die 25.000 m² große Anlage, die laut Hyundai mit modernster Testinfrastruktur für Verbrenner, Hybride und Elektrofahrzeugen ausgestattet ist.
Auch wenn Hyundai in der Pressemitteilung keine Details zur Brennstoffzellen-Forschung nennt, wäre Rüsselsheim prädestiniert, an der Anpassung von Wasserstoff-Modellen wie dem Nexo für europäische Anforderungen mitzuarbeiten. Über 500 Mitarbeiter arbeiten mittlerweile am HMETC, 20 % mehr als noch 2024.
Die Botschaft ist klar: Hyundai investiert in Europa auf allen Ebenen. Und das nach eigenem Bekunden nicht nur für Batterie- sondern eben auch für Wasserstoff.
Wer setzt noch auf H2-PKW?
Teile der Konkurrenz sind schon ausgestiegen: Mercedes stellte den GLC F-Cell ein, Stellantis legte sein Wasserstoffprogramm 2024 auf Eis.
Doch Hyundai ist nicht allein: BMW entwickelt die dritte Generation seines Brennstoffzellensystems und plant laut Medienberichten eine Serienproduktion für 2028. Das neue System soll 25 % kompakter sein als der Vorgänger im iX5 Hydrogen-Prototyp. BMW kooperiert dabei mit Toyota – die Japaner liefern die Brennstoffzellen, BMW entwickelt das Gesamtsystem.
In Deutschland führt Toyota
Aktuell sind weltweit drei Wasserstoff-PKW regulär erhältlich: Toyota Mirai (ab 63.900 Euro, ~500 km Reichweite), Hyundai Nexo (~600 km) und Honda CR-V e:FCEV – letzterer nur in Kalifornien, wo sich die meisten der rund 50 US-Wasserstofftankstellen befinden. Zum Vergleich: über 74.000 E-Ladestationen gibt es in den USA (Stand: Juni 2025), wie MotorTrend recherchierte.
In Deutschland wurden von Januar bis Oktober 2024 gerade einmal 133 Toyota Mirai zugelassen – Platz 1 in der Kategorie Brennstoffzelle. In der Schweiz, einem der europäischen Vorreiter, gab es Ende 2024 nur 19 Wasserstofftankstellen.
Der Wirkungsgrad-Nachteil
„Es ist Zeit anzuerkennen, dass Wasserstoff nicht konkurrenzfähig ist als Kraftstoff“, schrieb ZDF-Redakteur Lothar Becker im November 2024. Der Grund: die Energiebilanz. Mirai und Nexo brauchen rund ein kg Wasserstoff pro 100 km. Dessen Herstellung kostet etwa 50 kWh Strom. Mit derselben Energie fährt ein Batterie-Elektroauto über 300 km.
Hinzu kommt: Wasserstoff muss komprimiert und gekühlt werden. Studien beziffern den Gesamtwirkungsgrad auf 20 bis 30 %, Batterie-Autos erreichen 70 bis 80 %. „Das Wasserstoffauto braucht bis zu viermal so viel Strom wie ein Elektroauto“, fasst Becker zusammen.
Sergey Paltsev, MIT Energy Initiative, erklärte gegenüber MotorTrend: „Um bei Verbrauchern Fuß zu fassen, müssen diese Kosten dramatisch sinken.“ Und Chris Liu, Analyst bei Omdia, erklärte dem US-Portal: „Die Kostenlücke zwischen Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeugen wächst, statt sich zu schließen.“ Die sinkenden E-Auto-Preise verschärften das Problem.
Nutzfahrzeuge: Dort macht Wasserstoff Sinn
Der Lichtblick liegt im LKW-Segment. „Im Nutzfahrzeugbereich kristallisiert sich eine diversifiziertere Betankungsstrategie heraus“, erklärt Analyst Liu. Gerade bei schweren Lkw spielen Brennstoffzellen ihre Stärken aus: 10 bis 15 Minuten Tankzeit statt stundenlangem Laden, keine schweren Batterien, die Nutzlast und Reichweite reduzieren.
Hyundai setzt massiv auf dieses Segment. Der Xcient Fuel Cell – laut Hersteller der erste Brennstoffzellen-Lkw in Großserie weltweit – läuft seit 2020 in der Schweiz im Testbetrieb und hat dort bereits Millionen Kilometer emissionsfrei zurückgelegt. Die neue Ulsan-Fabrik wird explizit Brennstoffzellen für Nutzfahrzeuge, Busse, Baumaschinen und Schiffe produzieren – PKW sind nur ein Teil der Strategie.
„Die Expansion von Wasserstofftankstellen entlang der Autobahnen könnte theoretisch auch Brennstoffzellen-PKW unterstützen“, erklärt Mobilitätsexperte Liu. „Allerdings wird die Nutzung voraussichtlich von schweren Lkw dominiert.“ Der Vorteil: Logistiker können ihre Lkw-Hubs mit eigener Infrastruktur ausstatten. Damit entfällt gewissermaßen das Henne-Ei-Problem.
Hyundai denkt langfristig
Warum hält Hyundai am Wasserstoff-PKW fest? Die Antwort ist wohl: Weil sich die Marktlage ändern könnte. „Die meisten europäischen Hersteller sagen, die Brennstoffzelle sei eine Technologie für das kommende Jahrzehnt. Wir glauben, es ist eine Technologie für dieses Jahrzehnt“, sagte ein Hyundai-Vertreter 2021. Der Aufbau einer kompletten Lieferkette habe über zehn Jahre gedauert.
Ab 2035 werden laut Hyundai alle in Europa verkauften Neufahrzeuge entweder batterieelektrisch oder brennstoffzellenbetrieben sein. Bis 2030 sollen Brennstoffzellenfahrzeuge preislich mit Batterie-Autos gleichziehen. Der Konzern setzt also auf eine Doppelstrategie: Massiver E-Auto-Ausbau bei gleichzeitiger Weiterentwicklung von Wasserstoff für PKW und Nutzfahrzeuge.
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