Wie Flixtrain der DB und dem ICE Konkurrenz machen will
Flixtrain investiert Milliarden in 65 neue Schnellzüge. Damit wächst das Angebot auf der Schiene – auch europaweit.

Das Zugunternehmen Flixtrain stockt seine Fernverkehrsflotte in den nächsten Jahren kräftig auf. Für Reisende könnte es sich lohnen. Für das Unternehmen ist das aus Sicht von Fachleuten ein Risiko.
Foto: Flixtrain
Flixtrain will den deutschen Fernverkehr auf der Schiene grundlegend verändern. Dazu hat das Unternehmen beim spanischen Hersteller Talgo insgesamt 65 neue Schnellzüge bestellt. Die Lokomotiven liefert Siemens. Das gesamte Auftragsvolumen beläuft sich auf bis zu 2,4 Mrd. € – inklusive Wartung. Die Züge sollen künftig bis zu 230 km/h schnell fahren und erstmals auch barrierefreie Einstiege bieten.
Mit dieser Investition greift Flixtrain die Deutsche Bahn direkt an, die den Fernverkehr bislang mit etwa 95 % Marktanteil dominiert. Der Schritt bedeutet nicht nur einen Ausbau des Angebots, sondern könnte auch den Wettbewerb in Deutschland und Europa beleben.
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Flotte soll sich verfünffachen
Bisher betreibt Flixtrain seine Angebote mithilfe von Partnerunternehmen und nutzt vorhandenes Wagenmaterial. Die neuen Züge jedoch stellen eine klare Kehrtwende dar: Das Unternehmen will sich unabhängiger machen und in großem Maßstab eigene Fahrzeuge einsetzen.
„Mit FlixTrain verfolgen wir eine langfristige Strategie und werden unser Angebot in den kommenden Jahren deutlich ausbauen“, sagt André Schwämmlein, CEO und Mitgründer von Flix. Ziel sei es, nicht nur Marktanteile zu gewinnen, sondern den Markt als Ganzes zu vergrößern.
Laut eigenen Angaben würde sich mit den neuen Zügen die bestehende Flotte beinahe verfünffachen. Dadurch könnte das Netz um neue Städte und Verbindungen erweitert werden – auch abseits der klassischen Routen.
Hochgeschwindigkeit auf neuen Wegen
Die neuen Flixtrains basieren auf der Plattform Talgo 230, die bereits in Dänemark und Deutschland zum Einsatz kommt. Sie verfügen über moderne Fahrgastinformationssysteme, Klimatisierung, WLAN und bieten erstmals barrierefreien Zugang im deutschen Fernverkehr.
Christian Böttger, Verkehrsforscher an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, betont: „Es dürfte dann weitere Angebote auf der Schiene geben, auch wenn diese etwas von den bekannten Routen abweichen.“ Er nennt beispielsweise alternative Bahnhöfe wie Frankfurt-Süd oder Berlin-Spandau als mögliche Haltepunkte. Damit könnte Flixtrain gezielt überlastete Knotenpunkte umgehen und zugleich neue Verbindungen erproben.
Unterstützung aus der Politik
Auch die Politik begrüßt die Investition. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) erklärt: „Dass ein deutsches Tech-Unternehmen in dieser Größenordnung investiert, ist ein starkes Signal für den Schienenmarkt.“
Die Bundesregierung plant Investitionen in die Schieneninfrastruktur sowie eine Reform der Trassenvergabe. Das könnte den Markteintritt neuer Anbieter erleichtern. Schwämmlein sieht darin Chancen für weitere private Initiativen: „Die neue Bundesregierung hat die Bedeutung der Rahmenbedingungen für den Schienenverkehr erkannt.“
Der europäische Markt im Blick
Die neuen Züge sind nicht nur für Deutschland gedacht. Sie wurden so konzipiert, dass sie auch in vielen anderen europäischen Ländern einsetzbar sind. Flixtrain arbeitet dafür eng mit der EU-Kommission zusammen. Ziel ist ein grenzüberschreitendes, intermodales Verkehrsnetz aus Bus- und Zugverbindungen.
Derzeit sind etwa 50 Städte direkt an das Flixtrain-Netz angeschlossen. Über 650 Ziele sind buchbar. Ergänzt wird das Angebot durch rund 300 Haltepunkte im Fernbusnetz. Auf diese Weise will Flix eine flächendeckende Anbindung für Reisende ermöglichen – auch abseits der Großstädte.
Marktpotenzial vorhanden, Risiken bleiben
Prognosen zufolge wächst der Markt für Hochgeschwindigkeitsverkehr in Deutschland bis 2030 um etwa 45 % gegenüber 2021. Europaweit liegt das Marktpotenzial bei rund 27 Mrd. € mit einem jährlichen Wachstum von 4 % bis 5 %. Flixtrain sieht also noch viel Raum für Expansion.
Doch es gibt auch Risiken. Fachleute wie Christian Böttger warnen vor strukturellen Engpässen. „Ein erhebliches Problem ist die Überlastung“, sagt der Eisenbahnexperte. Vielerorts ist das Netz bereits ausgelastet. Verspätungen und Zugausfälle seien für Fahrgäste alltäglich spürbar.
Hinzu kommen steigende Trassenpreise, die die Nutzung der Schienen zunehmend verteuern. Böttger urteilt daher: „Das ist schon ein einigermaßen riskanter Schritt, da die Rahmenbedingungen komplett unklar sind.“ (mit dpa)
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