Bezahlbare Mobilität 08.11.2025, 10:00 Uhr

Fahrzeugklasse M0: kommt das kleine, günstige E-Auto?

Schon vor einigen Jahren gab es die Idee einer neuen Fahrzeugklasse. Nun hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Idee anscheinend erneut aufgegriffen und eine erste Diskussion entfacht. Was ist M0 und was lässt sich damit erreichen? Ein Einblick.

Microlino

Der Markt für kleine, bezahlbare E-Autos ist sehr limitiert und tut sich, wie der Microlino hier im Bild, schwer im Markt. Eine neue Fahrzeugklasse M0 könnte Besserung bringen.

Foto: picture alliance / ipa-agency | Marco Destefanis / ipa-agency.ne

Die EU-Kommission plant scheinbar, mit der Fahrzeugklasse M0 den Marktzugang für kleine, erschwingliche Elektrofahrzeuge zu erleichtern. Hintergrund dieser Initiative ist die starke Verschiebung des europäischen Automarktes zugunsten großer Limousinen und SUVs, die häufig teuer und ressourcenintensiv sind.

Die Klasse M0 soll kompakt, sicher und klimafreundlich sein und spezifische Standards für den urbanen Einsatz erhalten – wie einen Frontalcrash-Test bei geringeren Kollisionsgeschwindigkeiten und angepasste Sicherheitsanforderungen für typische Stadtunfälle. Damit eröffnet sich die Chance, gezielt neue Marktsegmente für günstige Elektromobilität zu etablieren und die CO₂-Bilanz im Verkehr nachhaltig zu verbessern.

Mehr bezahlbare kleine E-Autos

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in ihrer Rede zur Lage der Union betont, dass viele Europäerinnen und Europäer sich teure Elektroautos nicht leisten können. Daher fordert sie einen Neustart der politischen und industriellen Förderung bezahlbarer, kleiner E-Autos. Geplant sind unter anderem Entlastungen bei der Steuer für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Bonusregelungen und Anpassungen bei den regulatorischen Anforderungen.

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Der Wegfall oder die Reduzierung bestimmter Vorgaben bei Ausstattung und Technik greift eine jahrzehntelange Forderung auf: Kleine Fahrzeuge sollen kein Luxusgut darstellen, sondern alltagstaugliche Mobilitätslösungen abbilden. Dies steht unmittelbar im Zusammenhang mit den EU-Klimazielen: Ein breiter Umstieg auf günstige Elektrokleinwagen kann schließlich maßgeblich zur CO₂-Reduktion beitragen.

Neue Konzepte für urbane Mobilität mit Fahrzeugklasse M0

Die Kommission arbeitet mit Hochdruck an der Schaffung eines neuen Fahrzeugsegments zwischen Leichtfahrzeugen und klassischen Pkw. Ziel ist es, die gesetzgeberische Lücke zu schließen und eine Kategorie, also eine eigene Fahrzeugklasse mit M0, zu etablieren – sie soll etwa Fahrzeuge mit einer Länge bis zu 4,2 Metern (m) abdecken und in Bereichen wie Sicherheit, Komfort und Energieeffizienz neue Standards setzen. Die geplanten Anforderungen sollen realistische Risiken im Stadtverkehr abbilden. 

Die Debatte um die Kleinfahrzeuge

Die Diskussion um die kleinen Fahrzeuge ist nicht neu. Die Notwendigkeit und Vorteile kleiner Elektrofahrzeuge sind bekannt. Bereits vor vielen Jahren war klar, dass klassische Mini-Pkw oft zu schwer und reguliert sind, während Leichtfahrzeuge im Sicherheits- und Komfortlevel zurückfallen. Der VDI und andere Industrie- und Verbraucherverbände greifen die Forderung nach einer übergreifenden, eigenen Fahrzeugklasse seit mehreren Jahren auf – insbesondere vor dem Hintergrund der urbanen Verkehrs- und Umweltbelastung.

Die Idee einer Zwischenlösung wie M0 ist eine Reaktion auf die zunehmende Unvereinbarkeit von Verbraucherwünschen und rechtlichen Anforderungen. Neue Aspekte sind die gezielte Ausrichtung auf urbane Nutzung, innovative Sicherheitsfeatures und ein klarer Fokus auf Klimaschutz und Ressourceneffizienz.

Zuletzt hat sich im Sommer 2025 Stellantis-Chef John Elkann dazu geäußert. Er unterstützt die Initiative im weitesten Sinne. Für Hersteller sei dies eine Chance, die Preise attraktiver zu gestalten. Ein entsprechender Rahmen, wie die Regulierung dieser Fahrzeugklasse für einen Zeitraum von zehn bis fünfzehn Jahre, ermögliche Preise von etwa 15.000 bis 20.000 Euro.

Klimaziele als Motor der Entwicklung

Die Initiative für kleine bezahlbare Elektroautos ist eng mit den EU-Klimazielen verknüpft. Das Ziel eines vollständigen Ausstiegs aus der Benzin- und Diesel-Technologie bis 2035 bleibt bestehen. Die Klasse M0 kann besonders im städtischen Bereich einen großen Beitrag zur Minderung der Emissionen leisten, da die durchschnittlichen Fahrten meist kürzer sind und mit wenigen Insassen stattfinden.

Kleinere Batterien, weniger Gewicht und kompaktere Maße helfen außerdem dabei, Ressourcen in der Produktion und im Betrieb zu sparen. Studien des VDI belegen: Je passgenauer das Fahrzeugangebot, desto nachhaltiger wird auch die Mobilität.

Die neue Fahrzeugklasse M0 im Überblick

Die Fahrzeugklasse M0 ist als urbanes Mobilitätskonzept konzipiert, das zwischen den Zulassungsklassen für Leichtfahrzeuge und den typischen Pkw angesiedelt ist. Laut VDI-Analyse sollen M0-Fahrzeuge vor allem mit einer maximalen Länge von 4,2 m und einem Gewicht zwischen den bestehenden Klassen punkten. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist auf einhundert Kilometer pro Stunde (km/h) begrenzt, um Stadt- und Überlandfahrten zu ermöglichen und gleichzeitig das Sicherheitsniveau steuerbar zu machen.

Im Unterschied zu bestehenden Kleinfahrzeugen können M0-Modelle mit modernen Sicherheits- und Assistenzsystemen ausgestattet werden, was Komfort und Schutz gleichermaßen steigert. Die Energieeffizienz steht klar im Vordergrund, mit Fokus auf kleine, leistungsstarke Batterien und einen niedrigen Ressourcen- und Platzbedarf. 

Fahrzeugklasse M0: Sicherheit und Komfort als zentrale Aspekte

Die Sicherheitsanforderungen für M0-Fahrzeuge werden gezielt an die Bedürfnisse des Stadtverkehrs angepasst. Adaptiert man die Ergebnisse der Verkehrsunfallforschung der TU Dresden, steigen vermutlich die Unfallzahlen innerorts im Vergleich zu außerhalb. Hinsichtlich der Unfalltypen gehen die Fachleute eher von einem höheren Anteil Abbiege- und Kreuzungsunfällen aus. Auch Fußgänger und Fahrradfahrer sind häufiger betroffen.

Genau deshalb sei der Schutz vulnerabler Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, etwa durch Abbiegeassistenz- und Kreuzungswarnsysteme, ein wichtiger Faktor. Beim Komfort sind M0-Fahrzeuge flexibler – trotz kleinerer Außenmaße ist ein ausreichender Innenraum, Platz für Gepäck sowie moderne Infotainment-Angebote möglich. Die Vielfalt der Konzepte reicht dabei von Zweisitzern bis zu kompakten Viersitzen mit optionalen Erweiterungen.

Fahrzeugklasse M0: Auswirkungen auf die Automobilindustrie

Die Einführung einer eigenen Fahrzeugklasse für kleine bezahlbare Elektroautos hat erhebliches Potenzial für die europäische und deutsche Automobilindustrie. Hersteller könnten gezielt neue Marktsegmente erschließen, die bislang von chinesischen Billiganbietern besetzt sind.

Niedrigere Produktionskosten durch weniger aufwändige Sicherheits- und Komfortausstattungen erlauben preisgerechte Angebote, während die Entwicklung und Fertigung der Batterien zunehmend in Europa angesiedelt wird. Die Branche kann Innovationsfähigkeit beweisen und den Wandel in Richtung klimafreundlicher Mobilität vorantreiben, ohne dem Konkurrenzdruck ausschließlich mit Angeboten im Hochpreissegment begegnen zu müssen.

Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher

Für Endverbraucherinnen und Endverbraucher bieten kleine bezahlbare Elektroautos zahlreiche Vorteile. Weniger Gewicht und kleinere Maße bedeuten geringeren Energieverbrauch, niedrige Betriebskosten und einfache Parkplatzsuche. In den Städten kann die Mobilität so gewiss flexibler, sicherer und nachhaltiger gestaltet werden.

Durch geringere Steuerlasten, Förderprogramme und sinkende Preise wird Elektromobilität dann auch für eine breitere Masse an Käuferinnen und Käufer erschwinglich. Auch ein positiver Effekt auf die Lebensqualität in Innenstädten ist erkennbar: Weniger Verkehrslärm, geringere Emissionen und weniger Platzbedarf für den ruhenden Verkehr machen urbane Räume lebenswerter.

Mobilize Duo

Ein echter Zwerg: Der Mobilize Duo ist nur 2,43 m lang und 1,30 m breit.

Foto: picture alliance / NurPhoto | Daniel Pier

Vorbilder aus anderen Ländern

Vergleichbare Ansätze für kleine Elektrofahrzeuge gibt es bereits in Ländern wie Frankreich, wo Renault mit Modellen wie dem „Mobilize Duo“ neue, günstige Fahrzeugkonzepte auf den Markt bringt. China hat mit Microcars und günstigen Stadt-Elektroautos den europäischen Markt längst herausgefordert und bewiesen, dass kompakte Elektromobilität durchaus massentauglich ist.

Diese internationalen Vorbilder zeigen, dass die spezifische Regulierung einer eigenen Klasse hilfreich sein kann, um Preis- und Innovationsdruck standzuhalten und europäische Standards für Nachhaltigkeit und Sicherheit nicht zu unterlaufen.

Ziel der neuen Fahrzeugklasse M0

Die Ziele, die mit der Einführung der Fahrzeugklasse M0 erreicht werden sollen, sind vielschichtig: Förderung nachhaltiger und urbaner Mobilität, Schutz des Klimas durch weniger Ressourceneinsatz und Emissionen, Sicherung industrieller Wertschöpfung in Europa sowie die Ermöglichung bezahlbarer Elektromobilität für breite Bevölkerungsschichten.

Die städtische Lebensqualität, die Innovationskraft der europäischen Automobilindustrie und die Erreichung der EU-Klimaziele stehen dabei gleichermaßen im Vordergrund. Die neue Fahrzeugklasse ist dabei auch sicherlich als Kompromiss seitens der EU zu verstehen. Denn am geplanten Verbrenner-Aus will die Kommission weiterhin festhalten. Auch wenn zahlreiche Hersteller seit Monaten versuchen, diese Entscheidung noch zu beeinflussen. Ob sich die EU-Kommission noch Zugeständnisse von der Industrie hinsichtlich der gesteckten Emissionsziele abringen lässt, ist derzeit noch nicht einschätzbar.

Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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