Bosch & Cariad: Testflotten trainieren KI für automatisiertes Fahren
Bosch & Cariad entwickeln KI-Stack für automatisiertes Fahren Level 2/3. Serienstart im Volkswagen-Konzern ab 2026 geplant.
Automatisiertes Fahren: Bosch & Cariad testen KI-Stack mit weltweiten Testflotten für Serie im VW-Konzern.
Foto: Cariad
Bosch und Cariad vertiefen ihre Zusammenarbeit in der Automated Driving Alliance. Der Auftrag ist klar: Assistiertes und automatisiertes Fahren der Level 2 und 3 schneller in den Alltag bringen. Beide Partner richten ihren bisherigen Ansatz konsequent auf moderne KI-Methoden aus. Das betrifft die komplette Kette von der Erfassung bis zur Fahrfunktion. Ziel ist eine Lösung, die sich im Verkehr natürlich verhält und Risiken früh erkennt.
„Daten und KI sind der Schlüssel, wenn es darum geht, automatisierte Fahrsysteme in großem Maßstab und zuverlässig auf die Straße zu bringen“, erläutert Mathias Pillin, CTO bei Bosch Mobility.
Die Allianz will Funktionen entwickeln, mit denen Sie in definierten Situationen die Hände vom Lenkrad nehmen dürfen. Die ersten Implementierungen laufen in Erprobungsflotten. Täglich fließen neue Datensätze ein. Die Teams trainieren die Modelle kontinuierlich. Ab Mitte 2026 soll ein Software-Stack für Serienprojekte bereitstehen.
Inhaltsverzeichnis
- Was der Software-Stack leistet
- Generative KI als Vorbild
- Datengetriebene Entwicklung: Vom Code auf die Straße – und zurück
- Sicherheitsziele: Erklären, absichern, dokumentieren
- Sensorfusion: Warum das Zusammenspiel zählt
- Blick nach vorn: Multimodale Ansätze mit VLA
- Von der Allianz in die Fläche
- Zeitplan und Verfügbarkeit
Was der Software-Stack leistet
Der gemeinsame Stack bildet alle kognitiven Aufgaben ab: Wahrnehmen, Interpretieren, Entscheiden und Handeln. Technisch heißt das: Er erkennt Objekte, führt Sensordaten zusammen, bewertet Situationen und löst anschließend die Manöver aus. Dazu gehören Beschleunigen, Lenken und Bremsen. Bisher lag der KI-Schwerpunkt oft auf der „Perception“. Künftig zieht sich KI durch alle Module. Die Partnerschaft spricht von einer durchgängigen End-to-End-Architektur. Jedes Modul soll mit KI robuster werden.
Die Fahrzeuge im Volkswagen-Konzern erhalten dafür eine „Software-defined Vehicle“-Architektur (SDV). Diese trennt Fahrzeugfunktionen stärker von der Hardware. Updates lassen sich einfacher verteilen. Bosch plant darüber hinaus, die skalierbare Lösung auch extern anzubieten. So könnte die Software in weiteren Marken und Modellen eingesetzt werden.
Generative KI als Vorbild
Die Allianz nutzt Verfahren, die Sie aus generativen KI-Anwendungen kennen. Sprachmodelle erkennen Bedeutungen in Texten. Übertragen auf das Auto: Der KI-Stack analysiert städtische Szenarien und antizipiert Verhalten anderer Verkehrsteilnehmender. Er bezieht dazu verschiedene Sensormodalitäten ein, etwa Kameras und Radare. So entsteht ein Bild der Lage, das sich laufend aktualisiert. Das System kann daraus Handlungsoptionen ableiten und Umsicht zeigen.
Peter Bosch, CEO von Cariad, erklärt: „Wir zeigen, dass die deutsche Automobilindustrie die Schlüsseltechnologien Künstliche Intelligenz und Automatisiertes Fahren selbst beherrscht. Mit der Expertise unserer Entwickler und Ingenieure sichern wir einen integralen Bestandteil der digitalen Souveränität Europas. Unser Ziel in der Alliance ist, den Komfort und die Sicherheit automatisierter Fahrsysteme möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen, damit sie wertvolle Zeit in ihrem Auto neu gewinnen.“
Mathias Pillin, CTO bei Bosch Mobility, ergänzt: „Daten und KI sind der Schlüssel, wenn es darum geht, automatisierte Fahrsysteme in großem Maßstab und zuverlässig auf die Straße zu bringen. Wir können diese Herausforderung nur gemeinsam meistern, indem wir auf Augenhöhe zusammenarbeiten und alte Denkmuster aufbrechen. In der Automated Driving Alliance zeigen wir mit CARIAD, wie das erfolgreich funktioniert.“
Datengetriebene Entwicklung: Vom Code auf die Straße – und zurück
Die Entwicklung folgt einem einfachen Kreislauf: Fahren, Daten sammeln, analysieren, Modell verbessern, Software aktualisieren, wieder fahren. Updates wandern mehrfach täglich in Testfahrzeuge. So testen die Teams reale Änderungen unter realen Bedingungen. Das beschleunigt die Validierung. Gleichzeitig wächst der Datenschatz für seltene Ereignisse, die sogenannten Corner Cases. Dazu zählen etwa verdeckte Fußgänger*innen, plötzlich wechselnde Spurmarkierungen oder unübersichtliche Kreuzungen.
Die Allianz setzt dafür auf eine breite Test- und Validierungsflotte im öffentlichen Verkehr. Europa, Japan und die USA sind im Fokus. In den Flotten fahren unter anderem ID.Buzz und Audi Q8. Im laufenden Jahr kommen zusätzliche Fahrzeuge im dreistelligen Bereich hinzu. Sie tragen ein umfangreiches Sensorset, das hochwertige Daten liefert. Diese Daten helfen, das Verhalten des KI-Stacks zu schärfen und Grenzen zu erkennen.
Sicherheitsziele: Erklären, absichern, dokumentieren
Automatisierte Fahrfunktionen müssen nachvollziehbar bleiben. Die Entwicklungsumgebung der Allianz ist daher auf Transparenz ausgerichtet. Die Teams entwickeln alle Technologieelemente mit eigenem Quellcode und zugehörigem geistigen Eigentum. Das schafft Kontrolle über Datenschutz, Security und funktionale Sicherheit. Die Architektur soll Entscheidungen und Aktionen der KI erklärbar halten. Damit lassen sich Ergebnisse prüfen und für Freigaben dokumentieren.
Wichtig sind dabei klare Prozesse: Datensätze müssen korrekt gelabelt sein. Änderungen am Code brauchen Rückverfolgbarkeit. Und die Modelle benötigen Maßnahmen gegen Fehlinterpretationen, etwa bei schlechter Sicht oder widersprüchlichen Sensordaten. So entsteht ein Sicherheitsnetz aus Regeln, Tests und Monitoring.
Sensorfusion: Warum das Zusammenspiel zählt
Kameras erkennen Fahrbahnmarkierungen, Ampeln und Gesten. Radar misst Entfernungen und Relativgeschwindigkeiten auch bei Regen oder in der Dämmerung. Erst die Fusion ergibt ein robustes Lagebild.
Die KI gewichtet Quellen je nach Situation. Bei Blendung rückt Radar nach vorn. Bei klarer Sicht bringt die Kamera Detailtiefe. Aus dem Lagebild werden Hypothesen abgeleitet: Was machen die anderen in den nächsten Sekunden wahrscheinlich? Darauf baut die Planung auf. Anschließend setzt die Regelung die Manöver in Antrieb, Lenkung und Bremse um.
Was bedeutet Level 2 und 3 für Sie?
- Level 2: Das System lenkt, beschleunigt und bremst. Sie behalten die Verantwortung und überwachen ständig.
- Level 3: Das System übernimmt in freigegebenen Szenarien. Sie dürfen sich zeitweise abwenden. Wenn das System ruft, müssen Sie übernehmen.
Blick nach vorn: Multimodale Ansätze mit VLA
Der Stack bietet eine Basis für multimodale KI. Gemeint sind Verfahren, die Sprache, Bilder und Aktionen koppeln. „Vision Language Action“ (VLA) verbindet Wahrnehmen, Verstehen und Handeln.
Solche Ansätze können menschliches Schlussfolgern annähern. In der Praxis könnte das Training effizienter werden. Außerdem erkennt das System versteckte Risiken eher, weil es Zusammenhänge besser erfasst. Beispiel: Eine verdeckte Einmündung plus lautes Martinshorn ergibt eine Warnung, noch bevor die Rettungsfahrzeuge sichtbar sind.
Von der Allianz in die Fläche
Die automatisierten Fahrfunktionen sind für die SDV-Architektur des Volkswagen-Konzerns vorgesehen. Gleichzeitig plant Bosch, die Lösung global zu skalieren. Das senkt Integrationsaufwände für weitere Hersteller.
Zudem wächst mit mehr Fahrzeugen die Datenbasis – ein Vorteil für die Verbesserung der Modelle. Die Allianz formuliert damit einen industriellen Weg: gemeinsame Entwicklung, einheitliche Plattform, breite Anwendung.
Zeitplan und Verfügbarkeit
Die ersten Implementierungen laufen bereits in Testflotten. Ab Mitte 2026 soll der Software-Stack für Serienanwendungen bereitstehen. Die Allianz verfolgt das Ziel, automatisiertes Fahren „für Millionen private Autofahrer verfügbar“ zu machen – im Volumen- wie im Premiumsegment. Damit rückt der Rollout über mehrere Fahrzeugklassen näher.
Nutzen auf einen Blick
- Mehr Sicherheit durch konsistente Sensorfusion und datengetriebene Verbesserung.
- Höherer Komfort durch automatisierte Teilaufgaben und klare Übergaben.
- Schnellere Updates dank SDV-Architektur und eigener Code-Hoheit.
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