Wo sitzt man am besten? 18.06.2025, 17:30 Uhr

11A – ist das der sicherste Platz im Flugzeug?

Der einzige Überlebende vom Air-India-Absturz saß auf Sitz 11A – ist das der sicherste Platz im Flugzeug? Wir blicken auf Daten, Studien und Einschätzungen

Passagiere im Flugzeug

Welchen Platz im Flugzeug muss ich wählen, um im Falle eines Absturzes die besten Überlebenschancen zu haben?

Foto: Smarterpix / ak12m@hotmail.com

Fliegen gilt nach wie vor als sicherstes Verkehrsmittel der Welt. Doch jedes schwere Flugzeugunglück rückt eine Frage in den Vordergrund, die viele Menschen beschäftigt: Gibt es in einem Flugzeug Plätze, die im Ernstfall die besten Überlebenschancen bieten? Der Flugzeugabsturz in Indien hat diese Diskussion neu entfacht. Denn von über 242 Passagieren überlebte nur eine Person – sie saß auf Platz 11A.

Was ist an 11A so besonders?

Platz 11A liegt bei der Absturzmaschine, einer Boeing 787, im vorderen Teil des Flugzeugs – ein Fensterplatz am Notausgang. Genau dort saß der einzige Überlebende eines verheerenden Absturzes in Indien. Für Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt ist dieses Überleben jedoch kaum erklärbar: „Der Überlebende hat unfassbares Glück gehabt.“ Der Berater für Luftfahrtunternehmen betont gegenüber der Deutschen Presseagentur, dass einzelne Überlebende keinen Rückschluss auf einen besonders sicheren Sitz zulassen: „Sitz 11A zu buchen, ist keine Lebensversicherung.“

Dennoch werfen solche Einzelfälle ein Schlaglicht auf eine größere Frage: Gibt es wissenschaftlich belegbare Unterschiede in der Sicherheit einzelner Sitzplätze?

Statistik statt Einzelfall: Was die Forschung zeigt

Mehrere Studien haben sich genau mit dieser Frage beschäftigt. Eine Untersuchung des Magazins Popular Mechanics analysierte Flugzeugunglücke zwischen 1971 und 2005. Ergebnis: Wer im hinteren Drittel des Flugzeugs saß, hatte eine Überlebenschance von 69 %. Im vorderen Bereich lag sie nur bei 49 %. Besonders schlecht schnitten Sitze im mittleren Drittel am Gang ab – dort lag die Todesrate bei 44 %.

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Der australische Luftfahrtexperte Doug Drury ging noch weiter. In einer Analyse für das Fachmagazin The Conversation wertete er Unfälle aus 35 Jahren aus. Seiner Auswertung zufolge ist der mittlere Sitz ganz hinten der sicherste im Flugzeug. Seine Erklärung: Der Mittelplatz profitiere von einem „menschlichen Puffer“ durch die Nachbar*innen. Die Todesrate lag hier bei nur 28 %.

Warum ist der hintere Teil sicherer?

Bei vielen Abstürzen wirkt die erste Aufprallenergie auf den Bug. Der hintere Bereich fungiert dann – wie bei einem Auto – als Knautschzone. So überlebten beim Unglück in Südkorea Ende 2024 nur zwei Crewmitglieder – sie saßen ganz hinten auf Klappsitzen.

Auch bei einem Vorfall in Aserbaidschan überlebten nur die Personen, die sich im hinteren Flugzeugsegment befanden. Das Flugzeug brach auseinander, die hintere Hälfte blieb relativ unversehrt. Studien deuten also darauf hin, dass die Flugzeugstruktur maßgeblich über Leben und Tod mitentscheidet – insbesondere bei Aufprallunfällen.

Nähe zum Notausgang kann entscheidend sein

Ein weiterer Faktor ist die Entfernung zum nächsten Notausgang. Forschende der University of Greenwich fanden heraus, dass Überlebenschancen bei einer schnellen Evakuierung deutlich steigen – vorausgesetzt, es brennt nicht auf der Seite des Ausstiegs.

Empfohlen wird deshalb, möglichst nicht mehr als fünf Sitzreihen vom nächsten Notausgang entfernt zu sitzen. Denn im Ernstfall zählt jede Sekunde: Flugzeuge müssen laut Vorschrift innerhalb von 90 Sekunden evakuiert werden können. Dabei sollte man vor dem Start die Sitzreihen zum nächsten Ausgang durchzählen, um diesen auch bei Rauch und schlechter Sicht zu finden.

Fenster, Mitte oder Gang – was ist sicherer?

Drurys Analyse ergibt: Die mittleren Sitze schneiden besser ab als Fenster- oder Gangplätze. Auch hier spielt der Puffer-Effekt eine Rolle. Gleichzeitig sehen andere Fachleute Vorteile bei Gangsitzen, da diese den schnelleren Zugang zum Notausgang ermöglichen – zumindest dann, wenn keine blockierenden Passagier*innen davorstehen.

Letztlich ergibt sich daraus kein absolut sicherer Platz, sondern eher ein Kompromiss: Wer nahe am Ausgang sitzt, nicht in der vordersten Reihe und idealerweise mittig im hinteren Teil, dürfte statistisch betrachtet am besten abschneiden.

Verhalten im Notfall: Vorbereitung kann Leben retten

Der Sitzplatz allein entscheidet nicht über das Überleben. Ebenso wichtig ist das Verhalten im Ernstfall. Bei einem Zwischenfall im Januar 2024 in Tokio überlebten alle an Bord – trotz schwerer Kollision. Nur drei der acht Notrutschen funktionierten. Doch die Crew reagierte schnell und professionell. Die Passagiere folgten den Anweisungen, nahmen kein Handgepäck mit und filmten nicht mit dem Handy. Das alles trug zur erfolgreichen Evakuierung bei.

Experten empfehlen deshalb:

  • stets angeschnallt bleiben, auch bei ruhigem Flug
  • Schuhe während Start und Landung anbehalten
  • sich vor dem Flug mit den Sicherheitskarten und Ausgängen vertraut machen
  • die nächstgelegenen Notausgänge mit Sitzreihen abzählen

Diese Maßnahmen helfen, im entscheidenden Moment keine Zeit zu verlieren.

Ist 11A also der sicherste Platz?

Die Antwort lautet: Nein. Der Überlebende von 11A hatte schlicht Glück. Zwar befindet sich dieser Sitz in der Nähe eines Notausgangs, was hilfreich sein kann. Doch statistisch sind andere Plätze besser. Die größte Überlebenswahrscheinlichkeit bieten der mittlere Sitzplatz im hinteren Flugzeugbereich und eine kurze Distanz zum Ausgang – vorausgesetzt, dieser bleibt nutzbar. Außerdem befinden sich die Notausgänge nicht zwangsweise in Reihe 11, bei anderen Flugzeugtypen können sie auch in Reihe 18, 19 oder einer beliebig anderen Reihe liegen.

Sicherheitsfaktoren beim Sitzplatz im Flugzeug

Diese Faktoren beeinflussen Ihre Überlebenschance bei einem Flugzeugabsturz:

  • Position im Flugzeug: Hintere Sitzreihen bieten statistisch die höchste Überlebenschance.
  • Platzwahl: Mittlere Sitze gelten als sicherer als Fenster- oder Gangsitze – wegen des „menschlichen Puffers“.
  • Nähe zum Notausgang: Weniger als fünf Sitzreihen Abstand erhöhen die Chance auf eine schnelle Evakuierung.
  • Verhalten im Ernstfall: Ruhe bewahren, Anweisungen der Crew folgen, kein Gepäck mitnehmen, nicht filmen.
  • Angeschnallt bleiben: Auch bei ruhigem Flug sollten Sie stets den Gurt geschlossen halten.

 

Flugzeuge bleiben sicher

Trotz der medialen Aufmerksamkeit für einzelne Unglücke bleibt die statistische Sicherheit des Fliegens hoch. 2024 lag die Unfallrate laut IATA bei 1,13 auf eine Million Flüge. Das entspricht einem Unfall auf über 880.000 Flüge.

Auch wenn die Zahl der Todesopfer 2024 mit 334 deutlich höher lag als im Vorjahr (80), sinkt das Risiko langfristig. 1970 lag die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Flugzeugunglücks bei 1 zu 264.000. Heute liegt sie bei etwa 1 zu 13,9 Millionen.

Oder wie es der Sicherheitsexperte Anthony Brickhouse formuliert: „Sie sind einem höheren Risiko ausgesetzt, wenn Sie zum Flughafen fahren, als wenn Sie mit einem Flugzeug fliegen.“

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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