Kakhovka-Staudamm 14.03.2025, 16:00 Uhr

Wasser als Waffe: Der Dammbruch in der Ukraine und seine Folgen

Der Bruch des Kakhovka-Damms in der Ukraine führte zu einer Umweltkatastrophe. Welche Folgen hat dies für Mensch und Natur? Ein internationales Forschungsteam hat dies untersucht.

Blick auf den freigelegten Gewässerboden des Kakhovka-Stausees

Blick auf den freigelegten Gewässerboden des Kakhovka-Stausees in der Nähe des Dorfes Novovorontsovka nach dem Trockenfallen, aufgenommen am 25. Juni 2023. Auf dem Schild steht: „Schwimmen verboten!“ und „Achtung! Minen!“

Foto: Ivan Antipenko

Wasserinfrastruktur kann im Krieg als strategische Waffe eingesetzt werden. In der Ukraine ist dies traurige Realität geworden. Die Zerstörung des Kakhovka-Staudamms im Juni 2023 führte zu einer massiven Umweltkatastrophe. Der Stausee, einer der größten in Europa, war ein zentrales Element für die Wasserversorgung, die Landwirtschaft und die Industrie der Region. Sein plötzliches Verschwinden hat gravierende Auswirkungen auf die ökologische Stabilität und die Lebensgrundlagen der Menschen.

Unmittelbare Folgen des Dammbruchs

Durch die Zerstörung des Damms entleerte sich der Stausee fast vollständig. Innerhalb von zwei Wochen flossen 16,4 Kubikkilometer Wasser in die Dnipro-Bug-Mündung und weiter ins Schwarze Meer. Diese gewaltige Wassermenge überschwemmte weite Landstriche, zerstörte Infrastrukturen und bedrohte die Trinkwasserversorgung von Millionen Menschen. Mehr als 110.000 Menschen waren direkt von den Überschwemmungen betroffen, tausende mussten ihre Heimat verlassen.

Die plötzliche Wassermenge erzeugte eine immense Flutwelle, die mit enormer Kraft auf die Landschaft traf. Forschende, die Strömungsanalysen durchführten, stellten fest, dass zwischen dem Hauptstrom und den überfluteten Gebieten starke Turbulenzen entstanden. Diese zerstörten nicht nur bestehende Uferstrukturen, sondern spülten auch Vegetation fort und verteilten Trümmer und Schadstoffe entlang eines 250 Kilometer langen Küstenstreifens.

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Dr. Alexander Sukhodolov vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) beschreibt die Herausforderung der Untersuchung: „Das Ausmaß der Auswirkungen übertraf alle bekannten Dammbrüche um ein Vielfaches. Erschwerend kam hinzu, dass Feldbeobachtungen aufgrund der laufenden Kämpfe nur eingeschränkt möglich waren.“

Langfristige Umweltgefahren durch Schadstofffreisetzung

Eine der schwerwiegendsten Folgen des Dammbruchs ist die plötzliche Freilegung von 1.944 Quadratkilometern Seeboden. Dieser Bereich war zuvor jahrzehntelang unter Wasser und diente als Sammelbecken für Sedimente, die Schwermetalle und andere Schadstoffe enthielten. Seit den 1950er Jahren haben sich im Stausee bis zu 1,7 Kubikkilometer feiner Schlamm abgelagert, der nicht nur Nährstoffe, sondern auch toxische Substanzen aus der Industrie und Landwirtschaft enthielt.

Forschende schätzen, dass in diesen Sedimenten etwa 83.300 Tonnen giftiger Stoffe wie Blei, Cadmium und Nickel gespeichert sind. Diese Stoffe stammen aus Industrieabwässern, Pestiziden und Schwermetallverbindungen, die über Jahrzehnte hinweg in das Wasser gelangten und sich im Schlamm absetzten.

Dr. Natalia Osadcha vom Hydrometeorologischen Institut der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine betont: „Unsere Analysen zeigen, dass Oberflächenabfluss und saisonale Hochwasser kontaminierte Sedimente weiter in die Flüsse tragen könnten.“ Das bedeutet, dass auch Jahre nach der Katastrophe weiterhin Schadstoffe in die Umwelt gelangen könnten.

Auswirkungen auf die aquatische Ökologie

Die plötzliche Freisetzung von Schadstoffen wirkte sich auch auf aquatische Lebensräume aus. Im Schwarzen Meer breitete sich nach der Katastrophe eine Süßwasserfahne aus, die nicht nur den Salzgehalt senkte, sondern auch benthische Organismen schädigte. Durch die starke Trübung des Wassers wurde zudem die Photosynthese von Algen und anderen Wasserpflanzen beeinträchtigt, was die gesamte Nahrungskette beeinflusst.

Zusätzlich gelangten große Mengen an Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor ins Wasser, was zu einer verstärkten Algenblüte führen könnte. Diese sogenannten Eutrophierungseffekte könnten langfristig zu Sauerstoffmangelzonen führen und das marine Ökosystem nachhaltig verändern.

Wie sich das Ökosystem erholen kann

Trotz der massiven Zerstörung zeigt sich die Resilienz der Natur. Der Dnipro nimmt nach dem Bruch des Damms wieder seinen natürlichen Lauf auf. Uferpflanzen wie Weiden und Pappeln verbreiten ihre Samen über die überfluteten Flächen und keimen auf den feuchten Sedimenten. Innerhalb von drei Monaten waren bereits 18 % der ehemals überfluteten Flächen mit Vegetation bedeckt.

Forschende gehen davon aus, dass innerhalb von fünf Jahren eine naturnahe Flusslandschaft entstehen könnte, die bis zu 80 % der Struktur eines ungestauten Flusses erreicht. Dies könnte langfristig positive Effekte auf die Biodiversität haben.

Dr. Oleksandra Shumilova, Hauptautorin der Studie, erklärt: „Zu verstehen, wie sich das Ökosystem nach einem Extremereignis erholt, ist eine wichtige Aufgabe der prädiktiven Ökologie.“

Wiederaufbau oder natürliche Erholung?

Die Zukunft des Kakhovka-Staudamms wird kontrovers diskutiert. Ein Wiederaufbau würde die Wasserversorgung und Energieproduktion sichern, würde aber auch bedeuten, dass die Sedimente erneut in den Fluss gespült werden. Alternativ könnte man den Fluss sich selbst überlassen und so ein natürliches Flussökosystem wiederherstellen.

Prof. Hans-Peter Grossart vom IGB sieht in der Katastrophe auch eine Chance: „Die Erkenntnisse aus dem Dammbruch helfen uns, Prozesse in Flüssen zu verstehen, in denen Dämme absichtlich entfernt werden, um ökologische Leistungen wiederherzustellen.“

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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