Desinfektion empfindlicher Oberflächen 14.04.2020, 07:00 Uhr

Mit UV-Licht Coronaviren am Smartphone abtöten

Elektronische Geräte lassen sich nicht einfach mit kommerziellen Desinfektionsmitteln behandeln – die Oberflächen sind zu empfindlich. Um Viren oder Bakterien abzutöten, eignen sich LEDs als UV-Lichtquellen.

UV-Desinfektion

Prototyp des Handy-Desinfektionssystems

Foto: Thomas Westerhoff/Fraunhofer IOSB-AST

Sars-CoV-2-Viren bleiben auf Kunststoffoberflächen mehrere Tage lang aktiv. In der Praxis schafft das etliche Probleme. Gerade elektronische Geräte im Krankenhausbereich wie Smartphones, Tablet-Computer, Tastaturen oder Eingabefelder werden durch Schmierinfektionen zur Gefahr. Auch in Firmen oder Bildungseinrichtungen nutzen mehrere Anwender die gleichen Geräte.

Desinfektionsmittel eignen sich hier nur bedingt. Gängige Produkte auf der Basis von Isopropanol scheiden meist aus, weil sie manche Kunststoffe angreifen. Isopropanol ist als Lösungsmittel in der Industrie bekannt. Ethanol, auch Alkohol genannt, zeigt diese unerwünschten Eigenschaften kaum. Die Flüssigkeit kann aber bei fehlender Abdichtung in Bauteile gelangen und zu Schäden führen.

Es gibt Alternativen: Jetzt präsentieren Ingenieure des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB eine Lösung auf der Basis von UV-Licht, speziell in Form von Leuchtdioden. Ihr Forschungsprojekt ist Teil des Aktionsprogramms „Fraunhofer vs. Corona“.

Geräte mit UV-Licht aus LEDs desinfizieren 

Der Prototyp ihres Handy- und Tablet-Desinfektionsgeräts gleicht einer größeren Box mit mehreren Öffnungen. Im Inneren befinden sich zwei separate UVC-LED-Module mit jeweils zehn UVC-LEDs für die Ober- und Unterseite des zu desinfizierenden Geräts.

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UVC gehört zum weiten Bereich der UV-Strahlung. Die Wellenlänge geht von 100 bis 280 Nanometern, was dem kurzwelligen, energiereichen Teil des UV-Spektrums entspricht. Im natürlichen Sonnenlicht findet man den Bereich erdnah nicht. Allerdings entsteht UVC beim Betrieb von Quecksilberdampflampen. Diese sind jedoch keine Option im täglichen Betrieb – aufgrund ihres Energieverbrauchs, ihres Quecksilbergehalts und ihrer langen Zeit zum Vorheizen. Auch die Herstellung ist teuer. Aber nicht zuletzt senden konventionelle Quecksilberleuchten Strahlung bei 254 Nanometern aus und liegen damit unterhalb der optimalen Wellenlänge von 265 Nanometern. Ihre Desinfektionsleistung könnte besser sein.

Die neue Lichtbox der Fraunhofer-Ingenieure arbeitet mit zwei UVC-LED-Einheiten zu 100 Milliwatt, sodass die Gesamtstrahlleistung zwei Watt beträgt. Innerhalb weniger Sekunden erreicht man eine Bestrahlungsdosis von 800 Joule pro Quadratmeter. Sie emittieren Strahlung bei 265 Nanometern, sprich im idealen Bereich. Das führt zur schnellen Inaktivierung von Viren oder Bakterien: UV-Licht zerstört deren Erbgut, was zur biologischen Inaktivierung führt.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten 

Die Lichtbox leistet aber noch mehr. Sie erfasst per Nahfeldkommunikation über einen NFC-Reader das Smartphone oder Tablet: ein Pluspunkt, um Hygienemaßnahmen zu protokollieren. Außerdem detektiert ein integrierter Sensor die UVC-Strahlungsdosis und gibt die Information am Display aus. Alle Daten lassen sich auch per LAN oder WLAN in Netzwerke einspeisen.

Die Anwendungsgebiete des neuen Tools reichen vom klinischen Bereich über private und gewerbliche Nutzer bis zum Eventmarkt. Auch nach Ende der Corona-Pandemie wird es viele Einsatzbereiche geben. Endoskope und Ultraschallsonden etwa lassen sich durch geschickte Anordnung einzelner LEDs desinfizieren.

Der Prototyp selbst wird voraussichtlich im September 2020 auf der IFAT, der Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft in München, zu sehen sein. Momentan suchen die Ingenieure am Fraunhofer IOSB noch einen Industriepartner zur weiteren Kommerzialisierung ihrer Technologie.

Langjährige Erfahrungen im Bereich der UV-Technologien

„Seit vielen Jahren arbeiten wir im Rahmen des BMBF-Programms ›Advanced UV for Life‹ an sehr unterschiedlichen Anwendungen für UVC-Technologien im Bereich der Desinfektion“, sagt Thomas Westerhoff, Ingenieur am Fraunhofer IOSB.

„LEDs bieten dabei große Vorteile, was wir am Beispiel der Smartphone-Desinfektion hervorragend demonstrieren können.“

Das aktuelle System geht auf einige Reihe früherer Projekte zurück. Mitte 2019 entwickelten Ingenieure bereits ein flexibles Design, um die Strahlungsausbeute ihrer LED-Einheiten zu maximieren. Sie zeigten damals, dass sich per UVC die Innenseite von Bierdeckeln im Produktionsprozess vor dem Befüllen der Bierflaschen desinfizieren lassen. Auch diese Verschlüsse bestehen aus Kunststoffen.

Damit nicht genug: Um Trinkwasser zu desinfizieren, setzen viele Wasserwerke noch auf Quecksilberstrahler. Fraunhofer-Forscher untersuchen hier, welche Möglichkeiten LEDs bieten. Sie sind langlebig, verbrauchen weniger Energie und lassen sich in verschiedenen Reaktionsgefäßen verbauen. Das schafft neue Möglichkeiten bei der dezentralen Trinkwasserdesinfektion kleiner Brunnen, aber auch bei der Aufarbeitung von Abwasser aus dem klinischen Bereich.

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Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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