Forschung 16.05.2019, 07:00 Uhr

Das Gehirn steuert Muskeln trotz Querschnittlähmung

Elektrische Impulse aus dem Gehirn lassen sich per Computer modulieren, um Muskeln in den Beinen zu stimulieren. Forscher zeigen, dass diese Technik Menschen mit Querschnittlähmung helfen kann, sich fortzubewegen.

Rollstuhlfahrer

Der Rollstuhl ist bei Querschnittslähmungen kein unausweichliches Schicksal mehr.

Foto: pressmaster / Panthermedia.net

Meist handelt es sich um Opfer von Auto- oder Sportunfällen: Rund 1.800 Menschen erleiden in Deutschland pro Jahr eine Querschnittlähmung. Insgesamt sind mehr als 100.000 Personen betroffen. Durch starke Kräfte kommt es zur Schädigung von Teilen des Rückenmarks. Es leitet normalerweise Signale des Gehirns zu Muskeln weiter und überträgt Reize zurück ans Gehirn. Nach heutigem Stand der Medizin lassen sich zerstörte Nervenbahnen nicht wieder reparieren. Innovative Technik hilft Betroffenen aber, sich fortzubewegen.

Da Gehirn und Muskeln als separate Einheiten weiterhin funktionieren, liegt es nahe, Signale mit elektronischen Bauteilen zu erfassen, zu modulieren und danach an Muskeln zu übertragen. Wissenschaftler des Walk-Again-Projekts ist es jetzt gelungen, zwei Patienten über diesen Weg zu mobilisieren. Chirurgische Eingriffe – wie bei älteren Studien üblich – waren dafür nicht erforderlich.

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Schnittstelle zwischen Gehirn und Muskeln

Die beiden Patienten mit Querschnittlähmung kontrollierten ihre Muskeln durch die Aktivität ihres Gehirns. Das gelang Wissenschaftlern über eine von außen angelegte, nicht-invasive Gehirn-Computer-Schnittstelle. Sie erfassten Signale mit einem 16-Kanal-Enzephalographen (EEG), wie ihn Neurologen bei der Diagnostik verwenden. Elektroden am Kopf erfassten durch die Gehirnaktivität schwache Ströme. Diese werden vom EEG verstärkt. Dann ging es weiter zum Computer, um die Impulse digital aufzubereiten. Hinzu kam ein mehrkanaliges funktionelles elektrisches Stimulationssystem (FES) mit Elektroden an insgesamt 16 Beinmuskeln. Beide Patienten legten mit dieser neuen Technologie mehr als 4.500 Schritte zurück. Ihr Gehirn lernte, über Reize abwechselnd den linken und den rechten Fuß anzusteuern.

„Ausschlaggebend für unseren Erfolg war die Entwicklung eines Closed-Loop-Controllers, der eine Korrektur des Gangverhaltens in Echtzeit ermöglicht“, sagt Solaiman Shokur. Der Projektleiter forscht an der brasilianischen Associação Alberto Santos Dumont para Apoio à Pesquisa (AASDAP). Per Controller habe man Besonderheiten wie die Ermüdung von Muskeln, aber auch Gangunsicherheiten und Unebenheiten des Weges berücksichtigt. Dies sei wichtig, um Stürze zu vermeiden. Ein tragbares haptisches Display sorgte für taktiles Feedback.

Möglicher Einsatz bei der Rehabilitation

Beide Studienteilnehmer hatten zuvor an einer Langzeit-Neurorehabilitationsstudie teilgenommen. Auch hier arbeiteten Neurologen und Ingenieure mit nicht-invasiven Schnittstellen zwischen dem Gehirn und dem Computer. Nach 28 Monaten verbesserte sich der klinische Status von einer vollständigen hin zu einer partiellen Querschnittlähmung mit teilweiser Wiederherstellung der sensorischen und motorischen Funktionen unterhalb des verletzten Bereichs der Wirbelsäule. Für Patienten ist dies ein großer Fortschritt, sie gewinnen an Autonomie.

Bislang gelang dies nur mit einer invasiven Methode zur elektrischen Rückenmarkstimulation, die Operationen an der Wirbelsäule erfordert. Solche Eingriffe gelten als riskant, nur wenige Spezialisten sind dazu in der Lage. Außerdem lehnen viele Patienten Implantate zur Neurostimulation ab. Shokur erwartet bei seiner nicht-invasiven Schnittstelle deshalb eine höhere Akzeptanz.

Ansteuerung von Exoskeletten denkbar

Im nächsten Schritt plant sein Team nicht nur Studien mit weiteren Patienten. Die Forscher wollen alle bereits entwickelten Technologien zur Muskelstimulation über Gehirnsignale kombinieren. Ihre noch zu entwickelnde Plattform soll Ärzten die Möglichkeit bieten, Patienten unmittelbar nach einem Unfall verschiedene Trainings anzubieten. Dazu gehören auch Exoskelette.

Diese Assistenzsysteme nutzen Signale unseres Gehirns zur Steuerung von Motoren und ermöglichen Menschen mit Behinderung, sich fortzubewegen. Im Experiment ist es schon gelungen, Schlaganfallpatienten und Personen mit Querschnittlähmung beim Gehen zu unterstützen. Exoskelette bewegen die Extremitäten nach vordefinierten Mustern, um Treppen zu steigen oder um sich auf unebenen Böden fortzubewegen. Auch bei der Rehabilitation spielen Exoskelette eine Rolle. Ärzte am Zentrum für Neurorobotales Bewegungstraining des Bochumer Universitätsklinikums Bergmannsheil arbeiten mit der neuromuskulären Feedbacktherapie. Haben Patienten noch eine Restaktivität im geschädigten Rückenmark, reichen Rest-Nerven-Impulse aus, um nach Aufbereitung am Computer die Beine zu unterstützen. Sie führen zu einer deutlichen Verbesserung der Mobilität.

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Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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