Voll automatisiert 24.10.2025, 12:04 Uhr

16 Etagen: Boxbay baut weltweit größtes Container-Lager in London

Riesenregal statt Stapelchaos: Im Hafen London Gateway entsteht ein 16-stöckiges Hochregallager für Container. Die vollautomatische Anlage umfasst bis zu 27.000 Leercontainer und soll 65 % effizienter arbeiten als herkömmliche Lösungen.

BOXBAY Empty Superstack bei DP World London Gateway.

Das Boxbay-Hochregallager am London Gateway stapelt Container auf 16 Etagen.

Foto: Boxbay

Das Joint Venture Boxbay hat einen Auftrag über fast 100 Mio. € für ein automatisiertes Hochregallager (HRL) im Hafen von London erhalten. Das Riesenregal umfasst 16 Lagen und ist speziell für Leercontainer konzipiert. Von der Anschaffung erhofft sich der Hafen „London Gateway“ schnellere Umschlagzeiten und niedrigere Emissionen – und das auf kleinster Fläche.

Mit dem Projekt gelangt die Technologie vom Pilotstadium in die großflächige Umsetzung, wie Boxbay am Donnerstag mitteilte. Das Joint Venture zwischen der deutschen SMS group und dem Hafenbetreiber DP World betreibt bereits eine ähnliche Anlage in Dubai. Doch im Unterschied zu dieser ist das HRL in London auf Leercontainer ausgelegt.

Warum 16 statt sechs Lagen?

Das HRL stapelt Container auf 16 Lagen übereinander – andere Systeme erreichen maximal sechs. Mit der gewaltigen Höhe soll die Anlage eine Kapazität von 27.000 TEU bieten: Das entspricht bis zu 27.000 einzelnen 20-ft-Containern oder 13.500 großen 40-ft-Containern. „Dieses Segment birgt enormes Potenzial: Nahezu jeder Hafen weltweit hat mit Leercontainern zu tun, doch nur wenige verfügen über effiziente Lösungen dafür“, erklärt Boxbay-CEO Christoph Roth.

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Die vertikale Bauweise reduziert den Flächenbedarf im Vergleich zur horizontalen Lagerung erheblich: Auf der gleichen Grundfläche lassen sich laut Boxbay mehr als dreimal so viele Container unterbringen. Gleichzeitig sollen Wendezeiten für Lkw, Emissionen und der Energieverbrauch sinken. Sultan Ahmed Bin Sulayem, Group Chairman und CEO von DP World, bezeichnet das System als „skalierbaren, automatisierten und nachhaltigen“ Ansatz für die Containerlogistik.

Wie funktioniert das automatisierte Lagersystem?

Die Londoner Anlage wird über zehn Lagergänge oder „Gassen“ verfügen. Zur Handhabung der Container im HRL sind 15 Regalbediengeräte (Storage and Retrieval Machines, SRMs) im Einsatz. Wasserseitig soll das Hochregal damit über 200 Containerbewegungen pro Stunde bewältigen.

Für den horizontalen Transfer sind 40 Schnittstellenpositionen vorgesehen: 20 landseitige Übergabepunkte für Lkw und 20 wasserseitige Übergabepunkte für Shuttle-Carrier. Mit dieser Konfiguration will Boxbay die Durchsatzgeschwindigkeit erhöhen und die Aufenthaltszeit für Lkw im Hafen minimieren.

Die SRMs docken von oben an den standardisierten Corner Castings der Container an und transportieren sie direkt zu ihrem Lagerplatz. Ein automatisches Fördersystem im Untergeschoss übernimmt von dort die Übergabe an Lkw oder Shuttle-Carrier.

Stahlwerktechnologie für die Containerlogistik

Die Technologie basiert auf einem System, das ursprünglich von Amova, einem Unternehmen der SMS group, für die Stahlwerklogistik entwickelt wurde. Dort werden bereits seit Jahrzehnten bis zu 50 t schwere Coils automatisiert in Hochregallagern untergebracht.

Der entscheidende Vorteil gegenüber konventionellen Systemen: Jeder Container steht im direkten Zugriff. Damit entfällt das sogenannte „Shuffling“ – das teure Umstapeln von Containern, das in manchen Terminals bis zu 65 % aller Containerbewegungen ausmacht.

„Der große Vorteil eines  Hochregallagers ist also nicht nur, dass auf gleicher Grundfläche mehr als dreimal so viele Container untergebracht werden können wie bei konventionellen Systemen, sondern dass jeder Container auch im direkten Zugriff steht“, erläutert die SMS group in ihrer Technologiebeschreibung.

Voll automatisierte Lagerung als Wachstumstreiber

Der Betreiber setzt damit auf die beiden wichtigsten Trends im Containerumschlag, Automatisierung und Digitalisierung. Die voll automatisierte Lagerung von Leercontainern gilt als Wachstumsfeld, da viele Häfen mit ineffizienten Lagerstrukturen für leere Boxen kämpfen.

Der  erste Boxbay-HRL ging Ende 2020 im Jebel Ali Port in Dubai in Betrieb und war auf elf Lagen ausgelegt. Die Fertigstellung des deutlich höheren Systems in London soll nun zeigen, ob sich das auf Leercontainer spezialisierte Konzept im Hafenbetrieb bewährt. Details zu Zeitplan und Inbetriebnahme sind bislang nicht bekannt.

Auf dem Weg zum größten britischen Containerhafen

Der Standort liegt rund 50 km östlich der Londoner City an der Themsemündung. 2010 starteten hier die Bauarbeiten, 2013 eröffnete der Containerhafen mit einem 2,7 km langen Kai. Im Endausbau soll die Umschlagkapazität 3,5 Mio. TEU pro Jahr erreichen. 2021 wurden 1,8 Mio. TEU umgeschlagen, damit rangiert der Hafen derzeit hinter Southampton und Felixstowe an dritter Stelle in Großbritannien.

DP World plant, den Hafen innerhalb der nächsten fünf Jahre zum größten Containerhafen Großbritanniens auszubauen. Dafür nimmt das Unternehmen rund 1,15 Mrd. € in die Hand – die Boxbay-Anlage ist Teil der Investitionsoffensive.

Ein Beitrag von:

  • Magnus Schwarz

    Magnus Schwarz schreibt zu den Themen Wasserstoff, Energie und Industrie. Nach dem Studium in Aachen absolvierte er ein Volontariat und war mehrere Jahre als Fachredakteur in der Energiebranche tätig. Seit Oktober 2025 ist er beim VDI Verlag.

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