Gefährliche Störsignale 25.12.2025, 11:00 Uhr

Wie Jamming und Spoofing kritische Infrastruktur bedrohen

Jamming und Spoofing bedrohen Verkehr, Energie und Netze. DiMOS-CEO Christian Arbinger erklärt, warum Zeit und Position zur Achillesferse werden.

Satellitenstörungen treffen weit mehr als Flugzeuge. Ein Interview über GNSS-Risiken, kritische Infrastruktur und die wachsende Bedeutung von Resilienz. Foto: Smarterpix / cookelma

Satellitenstörungen treffen weit mehr als Flugzeuge. Ein Interview über GNSS-Risiken, kritische Infrastruktur und die wachsende Bedeutung von Resilienz.

Foto: Smarterpix / cookelma

Jamming und Spoofing betreffen nicht nur Flughäfen oder Militär, sondern auch Branchen, die auf präzise Position und Zeit angewiesen sind. Im Interview beleuchtet Christian Arbinger, CEO von Dimos Operations, weitere Bereiche, die einer zunehmenden Gefährdung ausgesetzt sind. Ein Gespräch, das die unsichtbare Achillesferse unserer digitalen Welt sichtbar macht – und den Blick hebt auf das, was im Orbit auf dem Spiel steht.

ingenieur.de: Gezielte Störungen der Ortung durch Satellitensysteme rücken immer mal wieder ins Licht der Öffentlichkeit. So beispielsweise vor einigen Monaten auf dem Flug von Ursula von der Leyen. Doch die Bedrohung ist um einiges vielschichtiger. In welchen Bereichen sehen Sie besondere Gefahren?

Christian Arbinger: Signalstörungen der globalen Satellitennavigationssysteme (GNSS, wie Galileo, GPS) betreffen drei technische Achsen: Position, Navigation und Zeit (PNT). Neben Luft-, Schienen- und Straßenverkehr sind vor allem zeitkritische Systeme gefährdet: Energieübertragungsnetze (u. a. Netzsynchronisierung), 4G-/5G-Backhaul, Zeitstempel in Rechenzentren/Finanztransaktionen, Einsätze von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS, z. B. Lageführung, Drohnen im Rettungseinsatz), Bahn- und Seenavigation.

Die Gefährdung resultiert aus Jamming (Signalverdeckung), Spoofing (falsche Signale) und Infrastrukturausfällen (z. B. lokale GNSS-Denial). Kritisch ist weniger „nur“ Genauigkeit, sondern Integrität (Vertrauenswürdigkeit), Kontinuität und verlässliche und frühzeitige Alarmierung bei Signalstörungen.

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Wie hat sich die Lage in den letzten Jahren verändert? Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?

Die Störmittel sind günstiger, mobiler und leistungsfähiger geworden; zugleich nimmt die Systemabhängigkeit von PNT in nahezu allen Branchen zu. Ergebnis: höheres Risiko, weil Exposure und Abhängigkeit steigen. Technisch sehen wir mehr breitbandiges Jamming, zunehmend auch Multi-Constellation-Spoofing, und vermehrte Urban-Canyon-Degradierung.

Zugleich fehlen in vielen Sektoren durchgängige Integrität/Vertrauenswürdikeit der Signale (Messung–Bewertung–Alarmierung). Der Status quo ist daher: gute Leistung im Normalbetrieb, aber unzureichende Vertrauenswürdigkeit und Resilienz ohne Zusatzmaßnahmen bei sicherheitskritischen Anwendungen.

Prof. Christian Arbinger

Prof. Christian Arbinger ist Mitgründer und CEO von DiMOS Operations.

Foto: DiMOS Operations GmbH

Verletzliche Infrastruktur

Welche Sektoren sind besonders betroffen?

Am stärksten betroffen sind alle Bereiche, in denen genaue Position und präzise Zeit eine Rolle spielen. Dazu gehören automatisierte Fahrzeuge auf Straße und Schiene, Energieversorger, die ihre Netze sekundengenau synchronisieren müssen, Telekommunikationsnetze wie 4G/5G, die ihren Takt aus Satellitensignalen beziehen, sowie Not- und Rettungsdienste, die auf zuverlässige Navigation angewiesen sind.

Wenn die PNT-Signale (Position, Navigation, Zeit) gestört oder verfälscht werden, kann das dazu führen, dass Systeme falsch reagieren – vom autonomen Fahrzeug, das eine Spur verwechselt, bis hin zu einem Stromnetz, das nicht mehr synchron arbeitet.

Was können Betreiber kritischer Infrastruktur tun?

Es braucht mehrere Schutzebenen, ähnlich wie bei einem IT-Sicherheitskonzept. Erstens sollten möglichst viele unabhängige Quellen genutzt werden – also mehrere Satellitensysteme, z. B. Galileo, GPS, künftig LEO-PNT (LEO: Low Earth Orbit), und bei Bedarf auch bodengestützte Signale.

Zweitens ist ein engmaschiges Überwachungsnetz wichtig, das kontinuierlich misst, ob und wo Störungen auftreten – etwa entlang von Autobahnen oder in der Nähe großer Energieanlagen.

Drittens sollten klare Alarmierungs- und Fallback-Mechanismen definiert werden: Wenn ein Störfall erkannt wird, muss das System wissen, wie es sicher weiterarbeitet.

DiMOS entwickelt genau solche nutzerzentrierten Monitoring- und Frühwarnsysteme, um Störungen rechtzeitig zu erkennen und sicherheitskritische Anwendungen abzusichern – „Raumfahrt auf die Straße gebracht“.

Warum Automobilhersteller besonders betroffen sind

 Automobilhersteller sind durch die zunehmende Automatisierung der Fahrzeuge besonders betroffen. Welche Systeme sind besonders gefährdet?

Nicht nur automatisierte Fahrzeuge verlassen sich auf exakte Positions- und Zeitinformationen, um sicher auf der Straße zu bleiben. Besonders betroffen sind Funktionen wie Spurhaltung, automatische Geschwindigkeitsanpassung, Notrufsysteme oder der hochgenaue Zeitstempel für das Zusammenspiel verschiedener Sensoren (Kamera, Radar, Lidar).

Wenn das PNT-Signal gestört oder verfälscht ist, kann das Fahrzeug falsche Positionsdaten erhalten und eine fehlerhafte Entscheidung treffen. Bei einer Störung („Jamming“) erkennt das Fahrzeug keine Position mehr, bei einer Täuschung („Spoofing“) glaubt es, an einem anderen Ort zu sein. Das kann dazu führen, dass es nicht mehr regelkonform fährt oder Sicherheitsfunktionen ausfallen.

Wie bewerten Sie die aktuell von den Herstellern/Unternehmen/Betreibern durchgeführten Maßnahmen. Was raten Sie, damit die Infrastruktur künftig die erforderliche Resilienz erreicht?

Viele Unternehmen haben erste Maßnahmen umgesetzt – etwa bessere Antennen, mehrere Satellitensysteme und die Kombination mit anderen Sensoren. Das verbessert die Genauigkeit, aber nicht automatisch die Erkennung von Störungen.

Um echte Resilienz zu erreichen, braucht es ein Gesamtsystem: ständige Qualitätsüberwachung der Signale, automatisierte Warnung bei Abweichungen, klare Schwellenwerte, ab wann Funktionen in einen sicheren Zustand übergehen. Außerdem sollte das im Aufbau befindliche LEO-PNT-System der European Space Agency (ESA) als zusätzliche Sicherheitsebene genutzt werden, da es stärkere und stabilere Signale bietet.

Sichere Dienste als Zukunftsmarkt für Europa

 Ein Wirtschaftsfeld für Deutschland bzw. Europa? Wie könnte das Engagement in diesem Bereich künftig aussehen und könnte es sich auch wirtschaftlich für den Standort auszahlen?

Ja, ganz eindeutig. Der Aufbau sicherer PNT-Dienste ist nicht nur ein Sicherheitsprojekt, sondern ein Zukunftsmarkt. Europa entwickelt mit dem neuen LEO-PNT-System („Celeste“) der ESA die nächste Generation der Satellitennavigation. Wenn Deutschland darin ein eigenes „Safety Segment“ für sicherheitskritische Anwendungen, wie autonomes Fahren, verantwortet, kann es weltweit Maßstäbe setzen.

Davon profitieren nicht nur Automobilhersteller, sondern auch die Bahn, die Schifffahrt, Drohnendienste und Betreiber kritischer Infrastrukturen. Es entstehen neue Wertschöpfungsketten – von der Softwareentwicklung über Chip-Design bis hin zu Test- und Zertifizierungsdiensten.
DiMOS arbeitet bereits heute mit Partnern wie MAN Truck&Bus und BMW daran, diese Anforderungen der Nutzer frühzeitig ins Systemdesign einzubringen. Damit wird Raumfahrt nicht mehr Selbstzweck, sondern Teil der Mobilitäts- und Sicherheitsinfrastruktur der Zukunft.

Ein Beitrag von:

  • Elke von Rekowski

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