Zukunftswelten 27.01.2012, 12:01 Uhr

Grünes Ruhrgebiet als Zentrum erneuerbarer Energien

2018 wird im Ruhrgebiet zum letzten Mal Steinkohle gefördert. Der Bergbau könnte aber noch viele Jahre weiter Energie liefern. Windenergie- und Fotovoltaikanlagen sollen auf Halden und Zechengeländen gebaut werden. Und das Grubengebäude soll die so gewonnene überschüssige Energie mittels Pumpspeicherwerken aufbewahren bis sie abgerufen wird. Eine Forschergruppe der Universitäten Duisburg-Essen und Bochum prüft die Machbarkeit.

Ein grünes Ruhrgebiet als Zentrum erneuerbarer Energien? Was vor 20 Jahren noch unvorstellbar – und den Bürgern kaum vermittelbar – gewesen wäre, gewinnt Konturen: Auf der Halde Scholven in Gelsenkirchen drehen sich seit 2010 zwei Windräder mit je 2,3 MW Nennleistung, Solarmodule auf der Kohlenmischhalle Pattberg wandeln Licht in Strom. Und in den Gebäuden des Weltkulturerbes Zollverein wird die Wärme der Gruben und des Grubenwassers für die Beheizung genutzt.

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Prototypen, zugegeben, aber mit offensichtlichem Potenzial für die weitere Nutzung: „Wir haben zirka hundert Millionen Kubikmeter Grubenwasser mit einer Temperatur von zirka dreißig Grad Celsius. Bei einem Delta von fünf Grad Celsius könnten wir daraus mittels Wärmetauschern 0,5 Terawattstunden Strom jährlich gewinnen“, rechnet Peter Fischer vom Bergbaukonzern RAG vor.

Im Wortsinn nur ein Tropfen aus dem heißen Gestein. Denn aktuell werden laut dem Bericht des Sachverständigenrats Umwelt (SRU) in Deutschland jedes Jahr insgesamt rund 600 TWh erzeugt.

Doch die Wärme aus der Tiefe könnte wenigstens ein weiteres Puzzleteil für den Energiemix der Zukunft bilden. Und damit vielleicht auch ein Stück der Ewigkeitskosten refinanzieren. Denn auch nach dem endgültigen Aus für die deutsche Steinkohle im Jahr 2018 muss ja weitergefördert werden – Grundwasser nämlich, damit Schächte und Stadtteile nicht „absaufen“, wie man es im Revier nennt. Von der Regulierung noch kommender Bergschäden ganz abgesehen.

Eine große und vor allem milliardenschwere Aufgabe, für die vor Jahren eigens die RAG Stiftung gegründet wurde. Dieser gehören über Tage immerhin 13 000 ha Gelände. Dieses könnte genutzt werden, etwa um Biomasse zu produzieren.

Doch nicht nur das. „Die Ewigkeitslasten standen am Anfang unserer Überlegungen, was wir tun könnten mit den stillgelegten Bergwerken und den Schächten“, berichtet André Niemann vom Fachbereich Wasserbau und Wasserwirtschaft der Uni Duisburg-Essen. „Immerhin gibt es im Grubengebäude enorme Höhenunterschiede. Auf der noch aktiven Zeche Prosper-Haniel in Bottrop fahren die Kumpel in Tiefen bis zu 1000 m ein.

„In solchen Fallhöhen steckt ein enormes energetisches Potenzial. Das finden wir sonst nur in den Gebirgen“, erklärt der Ingenieur. Ihre Ideen, wie dieses Potenzial genauer zu erkunden und eventuell zu heben sei, haben Niemann und seine Kollegen aus anderen Fachbereichen zum Projekt „Pumpspeicherkraftwerke unter Tage“ gebündelt. Forscher aus den Fachgebieten Geologie, Geotechnik, Wasserbau und vom Lehrstuhl Energiesysteme und Energiewirtschaft arbeiten seit März 2010 gemeinsam an einer Machbarkeitsstudie.

Grünes Ruhrgebiet: Photovoltaik und Pumpspeicherwerke unter Tage

Der breit gefächerte, interdisziplinäre Ansatz lässt ahnen, wie viele Parameter zu berücksichtigen sind. Sind die Grubengebäude dauerhaft standsicher? Welche Strecken müssten verstärkt und ausgekleidet werden? Wie würde künftig die Bewetterung gesteuert? Auch Maschinenbauer sind gefragt: „Früher dienten Pumpspeicher zur Abfederung von Spitzenlastzeiten, heute dagegen zunehmend zur Netzsteuerung. Das bedeutet häufige Lastwechsel. Halten die Maschinen das aus?“, gibt André Niemann ein Beispiel für die vielen offenen Fragen.

Immerhin dürfte die Motivation der Beteiligten groß sein, insbesondere von RAG und Stromversorgern wie RWE. Denn rings um die Bergwerke ballt sich das Ruhrgebiet mit seinen rund 8 Mio. Bürgern. Der Weg zum Stromverbraucher wäre also kurz. Wegen der nach Fukushima beschlossenen Energiewende müssen die Versorger mehr Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien bauen. Doch die Windräder drehen sich nicht unbedingt dann, wenn der Strom benötigt wird. Speicherung ist also die zentrale Herausforderung.

Bei RWE Innogy soll im kommenden Quartal über ein Pilotprojekt entschieden werden, das allerdings komplett über Tage liegen würde. Auf der Halde Sundern will die grüne RWE-Tochter Windenergieanlagen mit 6 MW Nennleistung errichten. Auf der Kuppe soll zudem ein Speicherbecken entstehen. In Zeiten der Überschussproduktion würde der Windstrom das Wasser aus einem zweiten, unteren Becken auf die Halde pumpen. Bei Bedarf würde dann das Wasser über eine Fallhöhe von 40 m eine Turbine mit 10 MW Leistung antreiben.

Der Vorteil dieses Modells: Alle Arbeiten können unter atmosphärischen Bedingungen erfolgen. Und: „Das untere Speicherbecken kann relativ frei dimensioniert werden. Bei Anlagen unter Tage dagegen ist das Speichervolumen limitiert“, erklärt Geotechniker Eugen Perau,

Acht Haldenstandorte im Ruhrgebiet eignen sich für Pumpspeicherwerke

Andererseits aber sind die Fallhöhen der Haldenstandorte nicht sehr groß. Nur acht Standorte bieten nach Ansicht der RWE Innogy überhaupt ausreichend Volumen für die Aufstellung von Pumpspeicherwerken. Und ob die Revierbürger die Anlagen akzeptieren, ist ebenfalls noch zu klären. Denn viele Halden dienen inzwischen als Naherholungsgebiet für den Ballungsraum Ruhrgebiet.

Unproblematisch wäre die Akzeptanz in den Tagebaugebieten der Kölner Bucht zu erreichen, glaubt Perau. Hier gelten die gleichen Vorteile wie bei den Haldenstandorten. Zusätzlich spricht für Unterflur-Pumpspeicherwerke in Tagebaugebieten, dass hier nur Oberbecken und Betriebsgebäude an der Oberfläche sichtbar wären. Zudem können Fallhöhen bis zu 400 m erreicht werden. „Andererseits ist der Braunkohle-Abbau ein sehr komplexer Vorgang, wir könnten mit dem laufenden Abbau in Konflikt geraten.“ Geotechniker Perau favorisiert deshalb die Steinkohlenbergwerke.

Ruhrgebiet bietet ausreichend „grünes“ Potenzial

„Grundsätzlich sind alle offenen Schächte nutzbar“, meint auch Peter Fischer von der RAG. Das Grubenwasser muss sowieso gepumpt werden, und die Speicherwerke würden gut in die geplante Nutzung der Brachflächen für erneuerbare Energien passen. Bei maximaler Nutzung aller Schächte der RAG und zentraler Grubenwasserhaltung könne eine Gesamtleistung von 890 GWh/a erreicht werden, hieß es bei einer Konferenz zum Thema im vergangenen Herbst. Das entspräche kaum 0,2 % der für 2050 prognostizierten Bruttostromerzeugung in Deutschland.

Für Perau und seine Kollegen aus dem Forscherteam wäre das allerdings Anreiz genug, das Projekt zu verfolgen. Auf dem weiteren Weg müssten vor allem die Genehmigungsverfahren geklärt werden, da es dafür bisher keine Vorbilder gibt. Schließlich hätte ein solch großes Pumpspeicherwerk möglicherweise Auswirkungen auf die Wasserversorgung in der Region und auf die Umwelt. Mit einem abgeschlossenen Wasserkreislauf in den Schächten könnte man diese Wirkungen so gering wie möglich halten, müsste aber wahrscheinlich mehr investieren, vermuten die Fachleute.

Wann das erste Pumpspeicherkraftwerk gebaut werden könnte? „Wir haben keine Deadline“, meint der Geotechniker. „Wenn 2018 die Kohleförderung aufgegeben wird, müssen die Schächte nicht sofort verfüllt werden. Aber trotzdem sollten wir bis dahin die Perspektive einer Anschlussnutzung haben.“ Sonst laufe man Gefahr, kostbares Know-how von Technikern und Bergbauingenieuren zu verlieren.

Ein Beitrag von:

  • Martin Volmer

    Redakteur VDI nachrichten. Fachthemen: Wirtschaft, Konjunktur, Wirtschaftspolitik.

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