Biohybrides System 14.05.2020, 07:00 Uhr

Bakterien in Batterien – Forscher machen erstaunliche Entdeckung

Zahlreiche Forscher arbeiten daran, eine biologische Batterie zu entwickeln. Dafür wollen sie Bakterien nutzen, die Elektronen produzieren. Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologe (KIT) sind dabei ein gutes Stück vorangekommen. Es ist ihnen gelungen, ein Material zu entwickeln, in das die Bakterien gut eingebunden werden können.

Illustration Funktionsweise Biobatterie

Die Bakterien, hier in grün dargestellt, sind in einem Kompositmaterial aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen (grau) und Kieselsäure-Nanopartikeln (lila) eingebettet, verwoben mit DNA (blau).

Foto: Niemeyer-Lab, KIT

Das Bakterium Shewanella oneidensis übt eine große Faszination auf viele Wissenschaftler aus. Dabei lebt es eigentlich ganz unscheinbar im Meeresboden. Unter diesen widrigen Umständen hat es aber eine ganz besondere Eigenschaft entwickelt. Es erzeugt im Rahmen seiner Stoffwechselprozesse Elektronen und leitet diese über Membranen an die Außenseite der Zellen weiter, wo es sie an die Umgebung abgibt. Diese Eigenschaft wird als exoelektrogen bezeichnet. Praktisch heißt das: Diese Bakterien können Strom produzieren und weiterleiten.

Von dieser Erkenntnis bis zu einer gut funktionierenden biologischen Batterie ist es allerdings noch ein weiter Weg. Das haben schon viele Forscher feststellen müssen. Denn wie kann es gelingen, diese Elektrizität auch wirklich zu nutzen? Entsprechende Versuche stießen in der Regel relativ schnell an ihre Grenzen, weil die Interaktion der Bakterien mit der vorgesehenen Elektrode nicht optimal war. Das Material der biologischen Batterie muss also einerseits in der Lage sein, Elektronen zu einer Elektrode leiten, und andererseits möglichst viele Bakterien mit der Elektrode zu verbinden. Das Ganze muss natürlich auf eine möglichst effiziente Weise funktionieren, damit die Batterie genug Strom produziert. Zudem fehlte bislang in den meisten Fällen die Möglichkeit, den elektrischen Strom zu steuern. Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologe (KIT) glauben, dass sie dafür eine Lösung gefunden haben.

Bakterien werden in Nanokomposit-Material eingebunden

Einem Team um Christof M. Niemeyer, Professor am Institut für Organische Chemie, ist es nach eigenen Angaben nun gelungen, ein Nanokomposit-Material zu entwickeln, welches das Wachstum dieser exoelektrogenen Bakterien unterstützt und dabei den produzierten Strom kontrolliert weiterleitet. „Wir haben dazu ein poröses Hydrogel hergestellt, das aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Kieselsäure-Nanopartikeln besteht. Diese sind durch DNA-Stränge miteinander verwoben“, sagte Niemeyer. Dieses Gerüst ergänzten die Forscher um ein flüssiges Nährmedium für die Bakterien, und sie fügten natürlich Shewanella oneidensis hinzu. Diese Kombination aus verschiedenen Materialien und Mikroben stellte sich als tragfähig heraus: „Die Kultivierung von Shewanella oneidensis in den leitfähigen Materialien zeigt, dass die exoelektrogenen Bakterien das Gerüst besiedeln, während andere Bakterien, wie zum Beispiel Escherichia coli nur auf der Oberfläche der Matrix bleiben“, erklärt der Mikrobiologe Professor Johannes Gescher.

Interessant war das Ergebnis dieser Besiedlung: Der Elektronenfluss nahm messbar zu, je mehr Bakterienzellen auf der leitfähigen, synthetischen Matrix vorhanden waren. Zudem blieb dieser biohybride Verbund über mehrere Tage stabil. Außerdem registrierten die Forscher eine elektrochemische Aktivität, was sie als Beleg dafür werteten, dass das Verbundmaterial die von den Bakterien produzierten Elektronen zu einer Elektrode leiten könnte.

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Enzym schaltet den Stromfluss ab

Jetzt fehlte nur noch eine Methode, um diesen Prozess zu steuern, also beispielsweise bei Bedarf den Strom abstellen zu können. Dafür setzten die Wissenschaftler ein Enzym ein, das DNA-Stränge zerschneidet. Faktisch zerlegten sie also das Verbundmaterial und beendeten damit den Stromfluss. „Nach unserer Kenntnis ist es bisher das erste Mal, dass ein solch komplexes und funktionelles biohybrides Material beschrieben wurde. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass mögliche Anwendungen solcher Materialien sogar über mikrobielle Biosensoren, Bioreaktoren und Brennstoffzellensysteme hinausgehen könnten“, glaubt Niemeyer.

Während die Karlsruher Forscher ihren Ansatz nun weiterentwickeln möchten, arbeiten auch andere Teams daran, eine biologische Batterie herzustellen. Ein interdisziplinäres Team der TU Berlin hat beispielsweise erst im letzten Sommer im Rahmen des Biomod-Wettbewerbs für Studierende ein Projekt zur biologischen Batterie eingereicht. Dafür versuchen sie, die Fähigkeiten verschiedener Bakterien miteinander zu kombinieren.

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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