IT-Infrastruktur 10.09.2021, 07:00 Uhr

Neuartiger Chip löst endlich ein Problem, das jeder hat

Ingenieure haben ein universelles System zur Dekodierung aller Arten von Daten, die über ein Netzwerk gesendet werden, entwickelt. Ihr neuer Chip könnte die Effizienz von Spielekonsolen, von 5G-Netzwerken oder von Anwendungen im „Internet der Dinge“ verbessern.

Ein neuer Chip eliminiert Rauschen

Ein neuer Chip kann Daten universell decodieren.

Foto: Jose-Luis Olivares, MIT

Alle Daten, die online übertragen werden – von simplen E-Mails bis hin zu komplexen Grafiken in einer Virtual-Reality-Umgebung – können durch Rauschen verändert werden. Das Phänomen ist hinlänglich bekannt. Oft führen elektromagnetische Signale, wie sie von Mikrowellen- oder Bluetooth-Geräten kommen, zu solchen Störungen. Um dies zu vermeiden, werden Daten so codiert, dass ein Algorithmus am Zielort die negativen Auswirkungen des Rauschens rückgängig machen und die ursprünglichen Informationen wiederherstellen kann. Ab den 1950er-Jahren wurden viele der heute bekannten Programme entwickelt. Software-Anwendungen dieser Art funktionieren oft nur mit einer speziellen Hardware, was die Anwendbarkeit stark einschränkt.

Es gibt Alternativen: Forschende des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Boston University, beide in den USA, und der Maynooth University in Irland haben nun den ersten Siliziumchip entwickelt, der in der Lage ist, jeden Code unabhängig von seiner Struktur mit maximaler Genauigkeit zu decodieren. Sie arbeiten mit einem universellen Decodieralgorithmus namens Guessing Random Additive Noise Decoding (GRAND). Durch den Verzicht auf mehrere rechenintensive Decoder ermöglicht GRAND eine höhere Effizienz. Ingenieurinnen und Ingenieure sehen Einsatzmöglichkeiten bei der Augmented Reality, der Virtual Reality, aber auch bei Spielen und Netzwerken: in Bereichen, die nur funktionieren, wenn größere Datenmengen mit minimaler Verzögerung verarbeitet werden.

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Decodiersoftware mit dem Fokus auf Rauschen

Zum Hintergrund: Beim Codieren speichern Programme wiederkehrende Hashes, sprich Nullen und Einsen, am Ende der Originaldaten. Die Regeln für solche Hashes werden in einem speziellen Codebuch gespeichert. Rauschen beeinträchtigt die Übertragung der verschlüsselten Daten über ein Netzwerk. Wenn codierten Daten inklusive Rauschen am Ziel eintreffen, konsultiert der Decodierungsalgorithmus sein Codebuch und verwendet die Struktur von Hashes, um Informationen wieder herzustellen.

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GRAND arbeitet stattdessen mit dem Rauschen, das die Nachricht beeinflusst hat, und verwendet das Rauschmuster, um die ursprüngliche Information zu ermitteln. Das Tool erzeugt eine Reihe von Rauschsequenzen in der Reihenfolge ihres wahrscheinlichsten Auftretens, subtrahiert sie von den empfangenen Daten und überprüft, ob das resultierende Codewort in einem Codebuch enthalten ist. Rauschen scheint zwar zufällig zu sein, hat aber Muster, die es Algorithmen ermöglichen, zu erraten, worum es sich handeln könnte. „In gewisser Weise ist es ähnlich wie bei der Fehlersuche“, sagt Muriel Médard vom MIT. „Wenn jemand sein Auto in die Werkstatt bringt, beginnt der Mechaniker nicht damit, es in Form von Blaupausen abzubilden. Stattdessen fragt er: Was ist das wahrscheinlichste Problem?“

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Forschende entwickeln innovative artige Hardware

Für GRAND konzipierten die Ingenieurinnen und Ingenieure Chips mit drei Stufen. Die Hardware beginnt in Stufe eins, recht einfache Lösungen für das Rauschverhalten zu entwickeln; Stufe zwei und drei sind dann wesentlich komplexer. Jede Stufe arbeitet unabhängig, was den Durchsatz des Systems erhöht und Strom spart.

Das Gerät ist so konzipiert, dass es nahtlos zwischen zwei Codebüchern umschalten kann. Es enthält zwei statische Speicherchips mit wahlfreiem Zugriff, von denen einer Codewörter knacken kann, während der andere ein neues Codebuch lädt und dann ohne Ausfallzeit zur Decodierung übergeht.

Die Forscherinnen und Forscher testeten ihren GRAND-Chip und stellten fest, dass er jeden mäßig redundanten Code mit einer Länge von bis zu 128 Bit mit einer Latenz von nur etwa einer Mikrosekunde dekodieren kann. Médard hatte zusammen mit Kolleginnen und Kollegen zwar schon früher bewiesen, dass der Algorithmus generell funktioniert. Erst im Rahmen der neuen Arbeit konnten sie Angaben zur Effektivität und Effizienz von GRAND in der neuen Hardware zeigen.

Ein Chip für die Zukunft

Da GRAND ausschließlich Codebücher zur Verifizierung verwendet, funktioniert der Chip nicht nur mit älteren Codes, sondern könnte auch mit Codes zum Einsatz kommen, die erst noch entwickelt werden.

Ein Beispiel: Vor der 5G-Einführung konnten sich Regulierungsbehörden und Kommunikationsunternehmen nicht einig werden, welche Codes in dem neuen Netz zum Einsatz kommen. Letztendlich entschieden sie sich für zwei Arten herkömmlicher Codes in unterschiedlichen Situationen. „Die Verwendung von GRAND könnte diese starre Standardisierung in Zukunft überflüssig machen“, so Médard.

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Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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