Die Klöster von Meteora – wie kamen die Steine auf den Berg?
Wie kamen die Klöster von Meteora auf bis zu 500 Meter hohe Felsen? Ein Blick auf mittelalterliche Baukunst in Griechenland.

Die Felsen sind bis zu 500 Meter hoch - die Arbeitsmittel bescheiden: Wie bekamen die Mönche im Mittelalter ihre Klöster von Meteora auf den Berg?
Foto: PantherMedia / Pakhnyushchyy (YAYMicro)
Die Meteora-Klöster in Griechenland thronen spektakulär auf hohen Sandsteinfelsen. Ihr Bau im 14. Jahrhundert stellt bis heute eine logistische Meisterleistung dar. Mit einfachen Mitteln wie Seilwinden, Flaschenzügen und Strickleitern transportierten Mönche nicht nur Baumaterialien, sondern auch sich selbst auf die unzugänglichen Höhen. Der Artikel beleuchtet die geologischen Gegebenheiten, die Bauverfahren und die kulturelle Bedeutung dieser einzigartigen Bauwerke im Kontext ihrer Zeit.
Inhaltsverzeichnis
Zwischen Himmel und Stein
In der thessalischen Ebene, umgeben von der zerklüfteten Landschaft des Pindos-Gebirges, ragen steile Sandsteinfelsen wie riesige Nadeln in den Himmel. Auf ihren Spitzen thronen Klöster, scheinbar schwerelos über dem Tal – Meteora bedeutet wörtlich „in die Höhe gehoben“. Einst waren es 24, heute sind noch sechs bewohnt und zugänglich. Die Frage, die sich viele stellen: Wie gelangten Menschen und Baumaterialien auf diese glatten, teils 500 Meter hohen Felsen?
Die Meteora-Felsen bestehen aus Sandstein und Konglomeratgestein. Diese Gesteine entstanden vor etwa 60 Millionen Jahren am Grund eines prähistorischen Sees. Über Jahrtausende formte Wassererosion die heute so charakteristischen senkrechten Felswände. Ihre glatte Oberfläche und steile Struktur machten sie unzugänglich – und dadurch für Mönche im Mittelalter ideal.
Bereits im 11. Jahrhundert zogen sich Eremiten in die Felsnischen zurück. Abgeschiedenheit, spirituelle Einkehr und Schutz vor äußeren Einflüssen waren ihre Beweggründe. Um 1344 erreichte der Mönch Athanasios das Gebiet. Er kam vom Heiligen Berg Athos – einem Zentrum orthodoxer Mönchstradition. Gemeinsam mit Gefährten gründete er das erste große Kloster Metamorphosis (auch „Megalo Meteoro“ genannt). Der Bau markierte den Beginn systematischer Klosterarchitektur auf den Felsen.
Orientierung am Fels: Der Bauplatz bestimmte das Konzept
Die Wahl der Standorte folgte einem klaren Plan. Die Mönche suchten gezielt nach Felsformationen, die den Bau erleichterten. Kleine Plateaus oder vorspringende Simse dienten als natürliche Grundlage für erste Fundamente.
Gab es bereits Höhlen im Gestein, wurden diese erweitert und als Lagerräume oder Kapellen genutzt. Auch der Wind spielte eine Rolle: Besonders exponierte Stellen vermieden die Baumeister, um das Mauerwerk vor Erosion zu schützen. So bestimmte die Struktur des Felsens nicht nur die Form der Klöster, sondern auch deren Bauweise.
Techniken des Transports: Flaschenzüge und Strickleitern
Im 14. Jahrhundert standen den Mönchen weder Kräne noch befestigte Wege zur Verfügung. Alles, was für den Bau benötigt wurde, musste auf den Felsen gehoben werden. Das geschah über einfache Seilwinden – mit Muskelkraft betriebene Flaschenzugsysteme, die Körbe oder Netze nach oben zogen. Teilweise wurden sogar Menschen auf diese Weise befördert.
Eine andere Methode waren Strickleitern. Sie hingen an der Felswand und mussten mühsam erklommen werden. Erst Jahrhunderte später wurden feste Treppen in den Stein gehauen oder Brücken gebaut. Auch heute noch ist der Zugang zu manchen Klöstern beschwerlich, obwohl moderne Infrastruktur den Tourismus erleichtert.
Blick auf die Bauweise
Die Klöster wurden im byzantinischen Stil errichtet – mit kleinen, stabilen Kapellen, Wohnräumen, Vorratskellern und Werkstätten. Die Mauerwerke bestehen aus lokalem Stein, der mit Mörtel und Holzverbindungen gesichert wurde. Dachziegel und geschnitzte Holzelemente brachten die Mönche aus dem Tal mit.
Der Bau eines Klosters konnte Jahrzehnte dauern. Besonders aufwendige Freskenmalereien und religiöse Ausstattungen entstanden oft erst Jahre nach Fertigstellung der Gebäude.
Mauerwerk auf schwierigem Grund
Die Errichtung der Klöster begann oft auf schrägem und unebenem Fels. Um darauf überhaupt bauen zu können, mussten die Baumeister zunächst eine ebene Basis schaffen. Dafür trugen sie sogenanntes Ausgleichsmauerwerk auf – eine erste Schicht aus grob behauenen Steinen, die Höhenunterschiede im Gestein ausglich.
Als Baumaterial verwendeten die Mönche, was die Umgebung hergab: Sandstein und Konglomerat aus der Region bildeten das tragende Mauerwerk. Um die Steine zu verbinden, kam Kalkmörtel zum Einsatz – ein einfaches, aber zuverlässiges Bindemittel.
Typisch für die byzantinische Bauweise war der Einsatz von Holzbalken. Diese wurden als waagerechte Lagen in das Mauerwerk eingebettet. Sie steifen die Konstruktion aus und helfen, Spannungen aufzunehmen, die durch ungleichmäßige Belastung oder Bewegungen im Gestein entstehen können. Diese sogenannte „Ziegel-Holz-Mischbauweise“ – auf Griechisch entolouto – erinnert an das römische opus mixtum und wirkt durch die Holzelemente wie eine Art Stoßdämpfer im Bauwerk.

Die Klöster von Meteora fügen sich in eine einzigartige Landschaft ein.
Foto: PantherMedia /
Pakhnyushchyy (YAYMicro)
Die sechs zugänglichen Klöster heute
Die Abgeschiedenheit der Meteora-Klöster war nicht nur spiritueller Rückzug. Sie bot auch Schutz. Während der osmanischen Herrschaft im 15. und 16. Jahrhundert nutzten Gläubige die schwer zugänglichen Anlagen als Zufluchtsort. Die geografische Isolation machte sie zu einem Rückzugsraum für orthodoxes Leben in Krisenzeiten.
Heute sind sechs der ursprünglich 24 Klöster öffentlich zugänglich:
- Metamorphosis: Das größte Kloster, gegründet von Athanasios. Es liegt auf etwa 600 Metern Höhe und ist über mehr als 140 Stufen erreichbar.
- Varlaam: Gegründet von zwei Brüdern im 16. Jahrhundert. Heute bewohnt, mit Museum und restaurierten Räumen.
- Agios Nikolaos Anapafsas: Relativ klein, aber kunstvoll ausgestattet.
- Roussanou: Frauenkloster mit gut erhaltenen Fresken.
- Agia Triada: Bekannt aus dem James-Bond-Film „In tödlicher Mission“.
- Agios Stefanos: Ebenfalls ein Frauenkloster mit integrierter Schule und Gartenanlage.
Der Zugang erfolgt über befestigte Wege und Treppen. In einigen Fällen sind noch die alten Flaschenzug-Systeme in restaurierter Form zu sehen.
Tourismus und Erhaltungsfragen
Mit dem wachsenden Tourismus steigt auch die Belastung der Bauwerke. Die Atemluft der Besuchenden fördert Feuchtigkeit und schädigt Fresken. Auch die Erschütterungen durch Verkehrsaufkommen und große Besuchergruppen stellen Risiken dar. Restaurierungsarbeiten durch den griechischen Staat und die UNESCO laufen kontinuierlich.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Erhalt traditioneller Bautechniken. Dabei kommt es zur Zusammenarbeit von Archäolog*innen, Restaurator*innen, Ingenieur*innen und Theolog*innen.
Technik trifft Spiritualität
Der Bau der Meteora-Klöster ist ein Beispiel für technische Improvisation und logistisches Können unter extremen Bedingungen. Ohne moderne Maschinen schufen die Mönche ein Ensemble aus Architektur und Natur, das bis heute Bestand hat.
Sie kombinierten lokale Materialien, mechanisches Grundverständnis und den Willen zur spirituellen Entsagung. In der Verbindung von Glauben und Technik liegt bis heute der Reiz dieser Orte.
Ein Beitrag von: