Nationale Sicherheit: Erheben die USA bald Zölle auf Roboter?
Das US-Handelsministerium untersucht neue Zölle auf Roboter. Der deutsche Branchenverband VDMA zeigt sich entsetzt. Eine Einordnung.
Roboter wie diese Modelle von ABB werden weltweit in Automobilfabriken eingesetzt. Nun prüft das US-Handelsministerium die Einführung von Zöllen auf solche Maschinen.
Foto: M. Ciupek
Bereits jetzt führen US-Zölle zu viel Unmut bei deutschen Maschinen- und Anlagenbauern. Nun könnte ein weiteres Kapitel dazukommen. Denn am 24. September 2025 gab das US-Handelsministerium (Bureau of Industry and Security, BIS) die Einleitung einer Untersuchung zu den Auswirkungen von Importen von Robotern und Industriemaschinen auf die nationale Sicherheit der USA bekannt. Je nach Ausgang der Untersuchung könnte das bis zum Frühjahr 2026 zur Verhängung von Zöllen oder anderen Einfuhrbeschränkungen entsprechender Produkte führen. Die Untersuchung gemäß Abschnitt 232 des Trade Expansion Act von 1962 basiert auf einem Gesetz, das den US-Präsidenten ermächtigt, Importe von Produkten zu beschränken, die die nationale Sicherheit gefährden könnten.
Solche Untersuchungen können bis zu 270 Tage dauern. Aber laut der internationalen Anwaltskanzlei White & Case LLP hat die Trump-Regierung signalisiert, dass sie beabsichtige, schneller vorzugehen. Wie bei anderen jüngsten Untersuchungen gemäß Abschnitt 232 sehe die neue Einleitungsmitteilung nur eine kurze Frist für öffentliche Stellungnahmen vor und enthalte keinen Hinweis auf Pläne für eine öffentliche Anhörung.
VDMA zweifelt an „Zoll-Deal“ zwischen den USA und EU
Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer im Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbau (VDMA), sagte dazu: „Die Ankündigung der US-Regierung, Maschinenbauimporte als Bedrohung der nationalen Sicherheit zu untersuchen, ist ein weiterer Schlag gegen die EU und stellt den transatlantischen ,Zoll-deal’ fundamental infrage.“
Brodtmann bewertet es als Widerspruch zu den Re-Industrialisierungszielen der USA, den Maschinenbausektor gezielt ins Visier zu nehmen. Er betont „Der europäische Maschinenbau ist kein Sicherheitsrisiko!“ Der Branchenvertreter erwartet deshalb ein Einschreiten der EU: „Der VDMA fordert die Bundesregierung und die EU-Kommission mit Nachdruck auf, sich entschieden und sichtbar für den europäischen Maschinenbau einzusetzen.“
Sicherheitsbedenken bei Robotern als Grund für Zölle
Produktsicherheitsanwalt Thomas Klindt, Partner der Kanzlei Noerr, sagt zu den Zollplänen: „Die eingeleitete Untersuchung ist eine Frechheit. Präziser: eine als Frechheit verkleidete Suche nach einer Beschränkung US-ausländischer Importe in die USA.“
Mit Sicherheit – weder im Sinne Safety noch Security ‒ sei das nicht zu begründen, differenziert der Anwalt. „Das alles ist vorgeschoben und kann den weltweit renommierten Maschinen- und Anlagenbau gerade in Deutschland nicht meinen. So kritisch diese Entwicklung für europäische Unternehmen leider auch ist, hart treffen wird sie die Produktivität US-inländischer Fertigung“, urteilt auch Klindt.
Risiko für Modernisierung und globale Wettbewerbsfähigkeit durch Zölle auf Roboter
Peter Fintl, Vice President Technology & Innovation bei Capgemini Engineering, mahnt: „Die laufende Section-232-Untersuchung des US-Handelsministeriums zu Robotern, Werkzeugmaschinen, Pressen und verwandten Systemen kann – sofern ein Risiko für die nationale Sicherheit festgestellt wird – zu Strafzöllen oder Importbeschränkungen führen. Sie birgt damit erhebliche industriepolitische Sprengkraft.“ Sollten solche Maßnahmen umgesetzt werden, drohen nach Einschätzung des Technologieexperten unbeabsichtigte Nebenwirkungen entlang der gesamten industriellen Wertschöpfungskette für die US-Fertigungsindustrie, Technologieanbieter und auch den Arbeitsmarkt.
Die möglichen Folgen für die US-Fertigungsindustrie beschreibt Fintl so: „Unternehmen, die moderne Produktionskapazitäten aufbauen wollen, sind auf hochentwickelte Anlagen angewiesen – gerade in einem Umfeld mit akutem Fachkräftemangel. Wenn diese Maschinen durch Zölle verteuert oder schwerer verfügbar werden, gerät der ‚Re‑Industrialization‘-Kurs ins Stocken.“ Ganz andere Risiken sieht er für Technologieanbieter: „US-Firmen, die Chips, Sensoren, Software oder KI-Modelle für industrielle Anwendungen liefern, könnten durch Gegenzölle aus wichtigen Exportmärkten gedrängt werden. Die fragmentierte Handelslandschaft gefährdet Technologieführerschaft und Marktzugang.“ Tatsächlich kommen zwar die größten Hersteller von Industrierobotern nicht aus den USA, sondern aus Asien und Europa. Dafür bringen sich gerade US-Unternehmen wie Nvidia und die Google-Tochter Intrinsic in der KI-basierten Robotik in Position.
Zu den potenziellen Auswrikungen auf den Arbeitsmarkt sagt Fintl: „Zwar sollen Zölle heimische Hersteller schützen, doch ohne zeitgleiche Skalierung der inländischen Produktion droht eine Investitionszurückhaltung – mit negativen Folgen für Arbeitsplatzaufbau, insbesondere in hochqualifizierten Bereichen.“ Was kurzfristig nach industriepolitischem Protektionismus klingt, könnte laut dem Branchenkenner langfristig die Modernisierung der US-Industrie bremsen. „Eine differenzierte Umsetzung – mit gezielten Ausnahmen und Übergangsfristen – ist entscheidend, um Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und technologische Souveränität nicht zu gefährden“, macht er deutlich.
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