Gehalt ist verhandelbar – und immer mehr machen es auch
Immer mehr Menschen fordern aktiv mehr – sei es im Gehaltsgespräch oder auf dem Arbeitsmarkt. Zwischen wachsendem Selbstbewusstsein und unterschwelliger Unzufriedenheit: Wohin steuert die neue Dynamik im Berufsleben?

Verhandeln statt wechseln: Wie Gehaltsgespräche den Arbeitsmarkt prägen.
Foto: PantherMedia / Boarding2Now
Beschäftigte verhandeln aktiv um höhere Gehälter. Gleichzeitig ist die Zahl der Menschen, die sich nach einem neuen Job umsehen, im Vergleich zum Vorjahr wieder leicht gestiegen. Das wirft Fragen auf: Wächst die Bereitschaft, sich beruflich zu verändern? Oder steigt die Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation?
Lieber auf Gehaltswünsche eingehen als Ersatz finden
Anstelle eines Jobwechsels setzen zunehmend mehr Beschäftigte auf Gehaltsverhandlungen mit ihrem derzeitigen Arbeitgeber und sind dabei erfolgreich. Für viele Unternehmen ist es offenbar effektiver, auf Gehaltswünsche einzugehen, als im hart umkämpften Arbeitsmarkt Ersatz zu finden. Dies ist die Erkenntnis der Arbeitsmarktstudie „Talent Trends 2025“. Die repräsentative Studie wurde von der Personalberatung Pagegroup durchgeführt und basiert auf den Antworten von rund 50.000 Personen.
Im Jahr 2024 haben 37 % der Beschäftigten Gehaltsverhandlungen geführt. 2025 ist dieser Anteil weiter gestiegen: 45 % gaben an, mit ihrem Arbeitgeber über eine Gehaltserhöhung gesprochen zu haben. Von diesen Verhandlungen waren laut der Untersuchung 24 % erfolgreich.
Trotz wirtschaftlicher und politischer Unsicherheiten zeigt die Talent Trends-Studie, dass deutsche Fachkräfte im internationalen Vergleich besonders aktiv bleiben:
- 36 % der Befragten sind aktuell auf Jobsuche – 3 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.
- Gleichzeitig steigt die Zahl der erfolgreichen Gehaltsverhandlungen im bestehenden Arbeitsverhältnis.
Während weltweit viele Beschäftigte zögern, beruflich den nächsten Schritt zu gehen, zeigt sich in Deutschland mehr Bewegung und Verhandlungskraft auf dem Arbeitsmarkt.
Eine klare Informationsbasis für faire Gehaltsverhandlungen
Für faire Gehaltsverhandlungen ist eine klare Informationsbasis entscheidend – besonders beim Thema Lohn. Eine Einigung auf eine angemessene Vergütung kann komplex sein, und für beide Seiten gilt: Wer mehr weiß, ist im Vorteil.
Mit der Einführung der EU-Lohntransparenzrichtlinie im Jahr 2026 wird das Thema noch stärker in den Mittelpunkt rücken. Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden müssen dann offenlegen, wie viel sie zahlen, und bei Bedarf Maßnahmen ergreifen, um geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede zu verringern.
EU-Richtlinie zur Lohntransparenz
„Für Unternehmen erfordert die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Lohntransparenz ein sensibles Gleichgewicht zwischen der Einhaltung von Vorschriften und der strategischen Personalplanung. Das Thema Lohngerechtigkeit ist komplex und wichtig. Darüber hinaus trägt eine konsequente Durchsetzung maßgeblich zur inklusiven Unternehmenskultur bei und kann die Wettbewerbsfähigkeit in Bezug auf die langfristige Bindung von Talenten sichern“, rät Goran Barić, Regional Managing Director für Nord- & Zentraleuropa, PageGroup.
Laut der Studie „Talent Trends 2025“ geht über ein Drittel der Beschäftigten davon aus, dass es in ihrem Unternehmen bei vergleichbaren Positionen ein Lohngefälle zwischen Männern und Frauen gibt. Auffällig ist dabei: Ältere Beschäftigte in Deutschland nehmen dieses Ungleichgewicht seltener wahr.
Ein gutes Gehalt und Karrierechancen standen lange ganz oben auf der Wunschliste von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Doch mit der Pandemie vor fünf Jahren änderten sich für viele die beruflichen Prioritäten grundlegend. Die „Talent Trends“-Studie 2023 sprach in diesem Zusammenhang von einer „unsichtbaren Revolution“.
Ausgewogene Work-Life-Balance kommt in den Vordergrund
In der aktuellen Studie zeigt sich, dass sich diese Entwicklung weiter verfestigt hat – als sogenannte „Erwartungslücke“ zwischen dem, was Mitarbeitende sich wünschen, und dem, was Unternehmen bieten.
Mittlerweile steht vor allem eines im Vordergrund: eine ausgewogene Work-Life-Balance. Sie ist heute das wichtigste Thema für Beschäftigte – bereits im Vorjahr war sie zentraler Punkt der Studie.
Die Ergebnisse zeigen deutlich: Viele Menschen sind nicht mehr bereit, ihre Gesundheit für den beruflichen Aufstieg aufs Spiel zu setzen.
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