Gesundheit 24.06.2011, 12:09 Uhr

Stress hat viele Gesichter

Sie schlucken Pillen, suchen Entspannung im Alkohol, resignieren – oder gehen aktiv gegen die Ursachen ihrer Leiden an. Immer mehr Beschäftigte in Deutschland fühlen sich durch ihre Arbeit gestresst und melden sich krank. Laut AOK stieg die Zahl ihrer seelisch erkrankten Mitglieder von 1999 bis 2009 um fast das Doppelte. Unter Fehlzeiten, unmotivierten und erschöpften Mitarbeitern leiden auch Unternehmen. In der 14-tägig erscheinenden Serie gehen die VDI nachrichten dem Stress auf den Grund.

Burkhard Neuer* ist gerade 70 Jahre alt geworden. Der selbstständige Düsseldorfer Bauingenieur sieht aus, als sei er in einen Jungbrunnen gesprungen: braun gebrannt und sportlich wird sein volles Haar erst an den Schläfen leicht silber-grau. „Ich habe mein ganzes Leben lang nicht geraucht, kaum Alkohol getrunken und mich viel bewegt. Was mich beinahe umgebracht hätte, war meine Arbeit.“

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Stress – ständiger Begleiter mit vielen Gesichtern

Stress – ständiger Begleiter mit vielen Gesichtern

Zehn Stunden Schuften am Tag waren keine Seltenheit. Schließlich durfte nichts liegen bleiben. Schlaflosigkeit war der erste Hinweis auf den Stress, dem sich Neuer immer wieder aussetzte. „Ich muss mehr arbeiten, dann bin ich abends auch müde“, war seine Schlussfolgerung. Die Arbeitsdosis erreichte danach bis zu 14 Stunden täglich. Erst eine vorübergehende, halbseitige Gesichtslähmung brachte ihn ins Grübeln. Als er sich eines Tages der Diagnose Prostatakrebs gegenüber sah, dachte er, es sei zu spät zur Umkehr.

„Das hast du alles dem Stress zu verdanken“, sagte seine Freundin, riet ihm von einer Operation ab, empfahl ihm alternative Behandlungsmethoden und eine radikale Reduzierung der Arbeitsbelastung. Das ist jetzt acht Jahre her. „Heute kann ich entspannt in der Sonne vor meinem Lieblingscafé sitzen und die Tageszeitung studieren. Das hätte ich mir früher nicht gegönnt.“

Fachliche Überforderung und das Gefühl, allein gelassen zu werden führen zu Stress

Wirtschaftsingenieur Rüdiger Schorn* stieg vor zwei Jahren bei seinem Arbeitgeber um eine Gehaltsstufe auf. Eigentlich ein Grund zur Zufriedenheit. Schorn aber fühlte sich mit der neuen Herausforderung fachlich überfordert und allein gelassen. Der Hinweis seines Vorgesetzten „Das schaffen Sie schon“ klang in Schorns Ohren wie Zynismus. „Ich hatte Angst zu versagen, konnte nicht mehr richtig schlafen und ließ meine schlechte Laune an meiner Familie aus“, erinnert er sich. „Ich fühlte mich innerhalb kürzester Zeit völlig ausgebrannt.“ Der Ingenieur suchte das Gespräch mit Kollegen und schließlich auch mit seinen Vorgesetzten. Die zeigten Verständnis. Man fand einen Karrierekompromiss, mit dem Schorn gut leben und auch wieder gut schlafen kann.

Stress lauert überall, er ist in vielen Facetten ständiger Begleiter, er hat viele Gesichter, er muss aber nicht immer destruktiv und gesundheitsschädigend sein. „Wohl dosiert steigert Stress die Motivation und beflügelt zu geistigen und körperlichen Höchstleistungen“, kommentieren das F.A.Z-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen sowie die Techniker Krankenkasse eine gemeinsame Stress-Studie aus dem Jahre 2009. „Doch wenn die Anspannung zum Dauerzustand wird, droht Gefahr für die Gesundheit.“

Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht in Stress eines der größten Gesundheitsrisiken

„Allein die Dosis macht das Gift“, sagte bereits im 16. Jahrhundert der Arzt und Philosoph Paracelsus. Fünf Jahrhunderte später sieht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Stress eines der größten Gesundheitsrisiken.

Stress ist vor allem eine sehr individuelle Angelegenheit. „Manche Menschen benötigen ein gewisses Erregungsniveau, um optimale Leistungen zu bringen. Andere wiederum leisten unter Stress bedeutend weniger“, weiß der Psychologe Matthias Brand von der Universität Duisburg-Essen. Grundsätzlich aber reduziere Stress die Leistung, wenn mehrere Informationen gleichzeitig auf Menschen einwirken und sie unter der Last zusammenbrechen.

Und die Zahl der psychisch Gebrochenen nimmt stetig zu. „Der Anteil der Arbeitsunfähigkeitstage durch psychische Beeinträchtigungen ist in den letzten 15 Jahren um 70 % bis 80 % gestiegen“, heißt es bei der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN). Die Unternehmen wissen meist keine Antwort auf die dringende Frage, wie sie dieser Entwicklung begegnen können. 87 % der deutschen Personalmanager beobachten große Unsicherheit der Führungskräfte im Umgang mit den Betroffenen und 76 % halten sie für unzureichend vorbereitet, ergab eine Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Personalführung.

Die Arbeitsverdichtung nimmt zu, hat Helmut Schröder vom Wissenschaftlichen Institut der Ortskrankenkassen festgestellt. „Die Arbeit verteilt sich auf immer weniger Schultern, von jedem wird Flexibilität und Mobilität gefordert, und viele Unternehmen erwarten ständige Verfügbarkeit von ihren Mitarbeitern“, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Auch das Pendeln zur Arbeit und die Doppelbelastung von Frauen spielten eine Rolle. Und unangemessene Entlohnung, wie jüngst eine Forschergruppe aus Bonn und Düsseldorf feststellte.

Jürgen Hölzinger, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechtsfragen der Ärztekammer Berlin, möchte Thesen, wonach der moderne Mensch dünnhäutiger als seine Vorfahren ist, nicht folgen. Hölzinger macht vor allem das System verantwortlich.

„Die Angst vor Kurz- oder Langzeitarbeitslosigkeit als existenzielle Bedrohung für eine gesicherte Lebens- und Familienplanung, die eigene Altersabsicherung und die kostenintensive Versorgung und Pflege von Angehörigen drängt Menschen in eine Position, in der sie genötigt sind, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen.“

Wettbewerbsgesellschaft verschärft den individuellen Stress

Für Krankheiten, Berufsunfähigkeit oder Frühverrentung seien „nicht mehr wie früher in erster Linie schwere körperliche Arbeit, Mangelernährung oder der Umgang mit Gefahrenstoffen verantwortlich, sondern die Arbeitsbedingungen in einer Wettbewerbsgesellschaft mit stetig steigenden Renditeerwartungen“.

In einer aufsehenerregenden Studie haben die beiden britischen Forscher Kate Pickett und Richard Wilkinson vor knapp zwei Jahren herausgefunden, dass in Staaten, in denen die wirtschaftliche Ungleichheit zwischen den Bürgern groß ist, der Kampf um den Status weitaus intensiver geführt werde als in „gleicheren“ Gesellschaften, wie in Skandinavien. Die Distanz zwischen den Menschen sei in Staaten mit weit geöffneter sozialer Schere größer, die Mühe aufzusteigen oder oben zu bleiben, sei größer. Kurz gesagt: Die Gefahr, in massiven Stress zu geraten, ist wesentlich wahrscheinlicher.

Es geht aber nicht nur um den Einzelnen, sondern um das Ganze. „Die Gesundheit der Beschäftigten als zentrale Innovationsträger ist eine wesentliche Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung am Hightech-Standort Deutschland“, mahnt der Dortmunder Arbeitsforscher Arno Georg.

* Namen von der Red. geändert

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Schmitz

    Wolfgang Schmitz

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: Bildung, Karriere, Management, Gesellschaft

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