So viele nehmen den Job mit in den Urlaub
Urlaub soll Erholung bringen – doch für viele wird die Auszeit zum Jobstress. Warum immer mehr Arbeitnehmer trotz Freizeit erreichbar bleiben und warum echte Erholung oft ausbleibt, zeigt eine aktuelle Umfrage.
Arbeit im Urlaub - Eine Herausforderung für Work-Life-Balance und Erholung.
Foto: PantherMedia / apid
Urlaub – eigentlich Zeit zum Abschalten. Eigentlich. Fast die Hälfte des Jahres fiebern wir ihm entgegen, träumen von Erholung, Sonne und Abstand vom Alltag – dem Urlaub. Schließlich ist es gesetzlich klar geregelt: „Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten“ – so heißt es bereits seit 1963 in § 8 des Bundesurlaubsgesetzes. Doch die Realität sieht oft ernüchternd aus: Statt abzuschalten, bleiben viele im Arbeitsmodus. Laut einer aktuellen Umfrage der Jobplattform Indeed greift mehr als jeder Zweite (57 %) der Deutschen im Urlaub zumindest gelegentlich zum Laptop oder Smartphone, um zu arbeiten.
Doch eine aktuelle Appinio-Umfrage im Auftrag der Jobplattform Indeed unter 1.000 Arbeitnehmern zeigt eine ganz andere Realität: Für viele Beschäftigte in Deutschland bleibt die Erholung im Urlaub auf der Strecke. Statt komplett abzuschalten, schleicht sich die Arbeit heimlich mit ein – oft über das Diensthandy. Die angespannte wirtschaftliche Lage setzt viele zusätzlich unter Druck, auch während der freien Tage erreichbar zu bleiben oder zumindest gedanklich beim Job zu sein.
Immer online, immer erreichbar
Mehr als jeder Zweite in Deutschland (57,3 %) arbeitet im Urlaub – ob regelmäßig (19,6 %) oder gelegentlich (37,7 %). Und es geht noch weiter: 71 % fühlen sich während ihrer freien Tage grundsätzlich verpflichtet, erreichbar zu sein.
Kein Wunder – fast jeder Zweite (48,7 %) wurde im Urlaub schon zu beruflichen Themen kontaktiert. In vielen Fällen liegt das nicht nur an mangelnder Rücksichtnahme, sondern auch an fehlender Organisation: 29,1 % haben schlicht keine funktionierende Vertretung. Bei 17,3 % erwarten die Vorgesetzten sogar ausdrücklich, dass sie in der Auszeit verfügbar bleiben.
Doch nicht nur Chef oder Kolleg*innen sind schuld: Knapp ein Drittel (29,6 %) gibt zu, freiwillig beruflich auf dem Laufenden zu bleiben – aus Angst, etwas zu verpassen. Wirklich gern arbeiten im Urlaub? Das sagen nur 16,2 %. Bei Topverdienern (über 7.000 € monatlich) liegt dieser Wert immerhin bei 28 %.
Genau das trifft auch auf die Gen Z zu – wir haben das Thema schon aufgegriffen.
Druck statt Pause – warum viele im Urlaub nicht abschalten können
Stagnierende Wirtschaft, ein unsicherer Arbeitsmarkt und die Angst vor dem Jobverlust durch KI: Jeder Zweite fühlt sich im Urlaub unter Druck, sich trotzdem mit der Arbeit zu beschäftigen.
Ein Drittel (33,7 %) beobachtet die Entwicklungen im Job heute aufmerksamer als früher – auch wenn sie nicht direkt eingreifen. 16,7 % sind sogar deutlich häufiger erreichbar als früher.
Doch es gibt auch eine Gegenbewegung: 7,3 % der Befragten empfinden gerade wegen der angespannten Lage das Bedürfnis, im Urlaub konsequent abzuschalten – und setzen bewusst Grenzen.
Urlaub – und trotzdem gestresst?
Schon die Vorbereitung auf die freie Zeit ist für viele eine Herausforderung: 73,1 % der Befragten machten vor ihrem letzten Urlaub Überstunden, um alles zu regeln – bei fast einem Viertel (22,9 %) dauerte das sogar länger als fünf Stunden.
Doch damit nicht genug: Nach dem Urlaub geht der Stress oft direkt weiter. 62 % hatten keine Vertretung oder empfanden die vorhandene als unzureichend.
Kein Wunder also, dass sich 64,3 % nach ihrem letzten Urlaub nicht wirklich erholt fühlten. Belastung vor und nach der Auszeit lässt echte Erholung oft kaum zu.
Frauen kämpfen mit Stress, Männer mit Vertretung
Die Umfrage zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: So sagen 32,9 % der Männer, dass sie sich im Urlaub nicht verpflichtet fühlen, für den Job erreichbar zu sein. Bei den Frauen sind es deutlich weniger – nur 24,7 %.
Auch die Woche vor dem Urlaub empfinden Frauen als belastender: 64,4 % berichten von mehr Stress als sonst – bei den Männern sind es nur 52 %.
Dazu kommt: Frauen machen häufiger viele Überstunden, bevor es in die Ferien geht. 9,2 % der Frauen arbeiteten in der letzten Woche vor dem Urlaub mehr als zehn Stunden extra – bei den Männern waren es nur 4,8 %.
Dafür sind Männer im Schnitt unzufriedener mit ihrer Urlaubsvertretung.
„Unsere Umfrage zeigt: Die angespannte Lage am Arbeitsmarkt spielt für viele Menschen längst nicht mehr nur im Berufsalltag eine Rolle, sondern wird auch in der Freizeit mitgedacht. Dabei ist die Distanzierung von der Arbeit laut aktuellen Studien einer der förderlichsten Faktoren für Entspannung im Urlaub. In Zeiten von stetiger Erreichbarkeit, steigenden Burnout-Fällen und Fachkräftemangel in fast allen Branchen sollten Vorgesetzte also zweimal überlegen, ob sie ihre Angestellten während einer Abwesenheit kontaktieren“, kommentiert Dr. Stefanie Bickert, Arbeitsmarktexpertin bei Indeed, die Ergebnisse der Untersuchung.
Im Juli 2025 hat das Marktforschungsinstitut Appinio im Auftrag von Indeed 1.000 berufstätige Menschen aus Deutschland befragt – je zur Hälfte Frauen und Männer, zwischen 18 und 65 Jahren.
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