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Kulturzentrum Kammgarn erweitert 11.11.2022, 15:26 Uhr

Deckenstrahlplatten für kostensparende Wärme

Weil sie nicht die Luft im Raum, sondern unmittelbar den Menschen darin erwärmen, kommen Deckenstrahlplatten häufig bei der Beheizung von Großräumen zum Einsatz. Auch bei der Erweiterung des Kulturzentrums Kammgarn in Kaiserslautern überzeugte das Prinzip.

Der Name „Kammgarn“ stammt vom ursprünglichen Nutzer des 1860 erbauten Gebäudes – einer Kammgarnspinnerei. Heute finden in dem denkmalgeschützten Gebäude bis zu 200 Veranstaltungen pro Jahr statt. Foto: Zehnder Group Deutschland GmbH, Lahr

Der Name „Kammgarn“ stammt vom ursprünglichen Nutzer des 1860 erbauten Gebäudes – einer Kammgarnspinnerei. Heute finden in dem denkmalgeschützten Gebäude bis zu 200 Veranstaltungen pro Jahr statt.

Foto: Zehnder Group Deutschland GmbH, Lahr

Mit jährlich bis zu 200 Veranstaltungen ist das „Kammgarn“, wie das Kulturzentrum kurz genannt wird, Anziehungspunkt für Besuchende aus der Region und ganz Deutschland. Seit 1988 ist es im Kraftwerk einer ehemaligen Kammgarnspinnerei zuhause – woher auch der Name rührt. Zudem ist auf dem Gelände neben der Hochschule Kaiserslautern mit den Fachrichtungen Architektur und Bauingenieurwesen auch ein Teil der Gartenschau Kaiserslautern untergebracht. Das Kammgarn nutzte bisher zwei Locations: Das „Kasino“ mit 1.000 Steh- beziehungsweise 500 Sitzplätzen sowie den „Cotton Club“ mit 350 respektive 150 Plätzen. Insgesamt standen dem Kulturzentrum 2.300 Quadratmeter Innen- und Außenfläche zur Verfügung. Um das Angebot für Konzerte, Ausstellungen und andere kulturelle Events erweitern zu können, sollte zusätzlich die ehemalige Schreinerei nutzungstechnisch neu erschlossen werden.

Energiesparendes Heizkonzept für die Schreinerei gesucht

Seit Ende 2019 beschäftigte sich Kammgarn-Chef Richard Müller mit der Erweiterung: Eine kleinere Location mit Galeriecharakter sollte entstehen, um dort sowohl kleinere Konzerte und Veranstaltungen als auch Ausstellungen und Lesungen realisieren zu können. In der Vergangenheit wurden Halle der früheren Schreinerei selten genutzt, was zu einem großen Teil an der mangelhaften Beheizung lag. „Wir hatten elektrische Heizstrahler installiert, um den Raum zumindest theoretisch nutzen zu können“, so Müller. „In der Praxis lieferte das aber nur sehr unbehagliche Wärme. Unter den Strahlern war es extrem heiß und daneben total kalt. Zudem wurde auf diese Weise sehr viel Strom verbraucht, was natürlich die Kosten in die Höhe schießen ließ. Eine neue Lösung für die Beheizung war somit alternativlos für die angestrebte Nutzung der Schreinerei“, erläutert der Kammgarn-Chef.

Strahlungsprinzip für wohltuende Wärme

Also machte man sich auf die Suche nach einer geeigneten Wärmeversorgung. Im Vorfeld war bereits eine Vielzahl an Heizsystemen für den neu zu erschließenden Veranstaltungsraum diskutiert worden. Richard Müller erinnert sich: „Wir haben auch andere Konzepte durchgespielt, beispielsweise mit einer Fußbodenheizung oder klassischen Heizkörpern. Dabei wurde uns aber schnell klar, dass erstere zu träge reagiert und letztere hätten uns einfach zu viel Platz an den Wänden weggenommen, den wir bei der angestrebten Nutzung als Galerie jedoch unbedingt benötigen.“ Die passende Lösung fanden Müller und der ausführende SHK-Fachbetrieb Laubscher & Moser beim Raumklimaspezialisten Zehnder – genauer gesagt im Geschäftsbereich Heiz- und Kühldecken-Systeme. Die hier verfügbaren Deckenstrahlplatten arbeiten nach dem Strahlungsprinzip, was ihnen die geforderten Eigenschaften in den Bereichen Behaglichkeit und Energieeffizienz verleiht und damit eine deutliche Verbesserung zur mangelhaften Heizstrahlervariante darstellt: Die Deckenstrahlplatten werden von warmem Wasser durchströmt und geben dessen Energie als Infrarotstrahlung ab, die jedoch erst bei Kontakt mit dem menschlichen Körper oder Gegenständen im Raum als behagliche Wärme spürbar wird. Für dieses Wärmegefühl muss also nicht zuerst die gesamte Raumluft aufgeheizt werden. Die Raumlufttemperatur kann daher um bis zu drei Kelvin geringer gehalten werden als bei gewöhnlichen Wärmeverteilsystemen, wodurch sich der Energieverbrauch deutlich verringert. Die besonders kurze Reaktionszeit der Deckenstrahlplatten sorgt zudem dafür, dass die gewünschte Wärme sofort zur Verfügung gestellt werden kann. Im Gegensatz zur Luftheizung findet der Wärmetransport innerhalb des Deckensystems via Wasser statt, dessen hohe Wärmekapazität einen geringeren und ressourcenschonenderen Rohrdurchmesser erlaubt.

Anschluss an Fernwärme

Die Laubscher & Moser GmbH sorgte vor der Installation der Deckenstrahlplatten noch für einen Anschluss an das Fernwärmesystem, um das nötige Heizwasser für die Deckenstrahlplatten zur Verfügung zu stellen. An dieses ist das Kulturzentrum ohnehin seit 2017. „Bezüglich Vor- und Rücklauftemperaturen sind wir mit unseren Deckenstrahlplatten sehr flexibel“, erklärt Zehnder-Gebietsleiter Maik Brauer. „Diese können mit Vorlauftemperaturen von 30 bis 120 °C arbeiten und dank den eingesetzten Volumenstromreglern können wir sicherstellen, dass auch die Rücklauftemperatur den gewünschten Wert erreicht und das Wasser nicht zu heiß in des Fernwärmenetz zurückgegeben wird.“ In Kaiserslautern beträgt dieser Wert 50 °C, während die Vorlauftemperatur bei 70 °C und die gewünschte Raumtemperatur bei 20 °C liegen. Die optionale Kühlfunktion der Deckenstrahlplatten wird im Falle Kammgarn nicht benötigt, da das gesamte Kulturzentrum in den hitzetechnisch kritischen Monaten Sommerpause hat und ausschließlich Open Air-Veranstaltungen im hauseigenen Innenhof stattfinden. Eine Nachrüstung wäre aber möglich.

Die Deckenstrahlplatten werden von warmem Wasser durchströmt und geben dessen Energie als Infrarotstrahlung ab, die jedoch erst bei Kontakt mit dem menschlichen Körper oder Gegenständen im Raum als behagliche Wärme spürbar wird.

Foto: Zehnder Group Deutschland GmbH

Premiere in der Pfalz

Aus produkttechnischer Sicht kam dem Kulturzentrum eine Art Pionierrolle zu, handelt es sich hier doch um das erste Objekt, in dem die neu entwickelten Deckenstrahlplatten verbaut wurden. Die Produkt-Generation ist modular aufgebaut: Aus zahlreichen Produktcharakteristika wie Modulbreiten und -längen oder Art der Deckenbefestigung und der Abdeckungen können die jeweils passenden Spezifikation ausgewählt und nach dem Baukastenprinzip kombiniert werden. Alle Bauteile sind komplett verzinkt und damit korrosionsgeschützt. Der kleine Rohrdurchmesser und die geringen Rohrabstände tragen zu einem filigraneren Design bei und verbessern zudem die Systemleistung, sollte ein Niedertemperaturheizsystem zum Einsatz kommen. Außerdem sind die neuen Deckenstrahlplatten besonders leicht, was in Kaiserslautern eine entscheidende Eigenschaft darstellte. Eine Herausforderung an das Heizsystem war nämlich die exakte und statisch einwandfreie Einbringung in die filigrane Deckenkonstruktion der ehemaligen Schreinerei. Maik Brauer: „Um die Deckenstrahlplatten mit der Hallendecke in sechs Meter Höhe abschließend installieren zu können, haben wir diese an der hölzernen Balkenkonstruktion des Daches angebracht. So wurde das Gewicht von der bestehenden Dachhaut auf die Dachbalken verlagert.“ Verbaut wurden sechs Deckenstrahlplatten mit einer Baubreite von 1,05 Metern und einer Länge von jeweils zwölf Metern.

Vereinfachte Anbringung durch geringes Gewicht

Das geringe Gewicht verringert nicht nur die Dachlast, sondern erleichterte auch die Montage erheblich, wie das dreiköpfige Montageteam um Heizungs- und Lüftungsbaumeister Eberhard Rösen bestätigen kann. „Bei der Installation konnten mein Team und ich definitiv vom geringen Gewicht der Deckenstrahlplatten profitieren. Die Montage verlief unkompliziert und auch die Anbringung an die Deckenkonstruktion gelang letztendlich problemlos“, fasst Rösen zusammen. Für die Installation habe man keinerlei Umbaumaßnahmen am Interieur vornehmen müssen und sogar die Beleuchtung konnte komplett bestehen bleiben. „Mir als Ästhet sagt besonders die Optik zu. Wie schon gesagt, fügen sich die Deckenstrahlplatten außerordentlich gut und auf dezente Art in den Raum ein. Und da sie in sechs Meter Höhe angebracht sind, können wir die Raumhöhe auch super nutzen, zum Beispiel wenn wir bei Varietéveranstaltungen Trapeze oder ähnliches benötigen“, so Müller.

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Von Zehnder / Marc Daniel Schmelzer