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Fassade sicher befestigt 28.08.2020, 14:24 Uhr

Besucherzentrum trotzt Beben, Wind und Schnee

Der Wald mit seinem Totholz dient als Vorbild für das neue Besucher- und Informationszentrum des Nationalparks Schwarzwald. Die aufeinandergestapelten Gebäude aus Holz sind nicht nur durch ihre Anordnung prägend. Auch die Fassade aus Fichte trägt zum Bild des Besucherzentrums bei. Dabei sichern Langschaftdübel die Fassadenunterkonstruktion.

Der Holzbau des Besucher- und Informationszentrums des Nationalparks Schwarzwald erinnert an das Totholz im Wald. Grafik: Bloomimages

Der Holzbau des Besucher- und Informationszentrums des Nationalparks Schwarzwald erinnert an das Totholz im Wald. Grafik: Bloomimages

Im Herbst 2020 ist es soweit, nach drei Jahren Bauzeit wird das neue Besucher- und Informationszentrum (BIZ) Nationalpark Schwarzwald auf dem Berg Ruhestein an das Land Baden-Württemberg übergeben. Ab Frühjahr 2021 haben dann Besucher die Möglichkeit, in den versetzt aufeinandergestapelten Gebäudeteilen mehr über den Schwarzwald zu erfahren oder einfach nur die Landschaft zu genießen. Das federführende Architektenbüro Sturm und Wartzeck aus Dipperz/Hessen hatte das Ziel, dass sich das BIZ seiner Umgebung anpasst und an den Wald, in dem es errichtet ist, erinnert. Diese Assoziation wird nicht nur durch die Form der Baukörper erreicht, auch die Fassadenbekleidung aus regionaler Fichte trägt dazu bei. Dabei wurde darauf geachtet, dass 90 Prozent des Holzes, das für die Konstruktion der Gebäude und ihrer Gestaltung genutzt wurde, aus der nachhaltigen Forstwirtschaft im Schwarzwald kommt.

Nachhaltigkeit wird umgesetzt

Nicht nur beim Holz wurde auf Nachhaltigkeit gesetzt. Die Gebäude verfügen über eine Wärmedämmung, die nach Passivhausstandards ausgeführt wurden. Die Wärmeerzeugung geschieht durch Holz-Pellets. Die Photovoltaik-Anlage und die Regenwassernutzung unterstützen die Bewirtschaftung der Gebäude. Dieser umgesetzte Nachhaltigkeitsgedanke wird durch das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) des Bundes mit einer Qualität in Silber zertifiziert. Eine Vorgabe vom Bauherrn, dem Land Baden-Württemberg, war unter anderem so wenig wie möglich Bäume für die Baustelle und das Gebäude zu fällen. Dieses verlangte viel Planung bei den Bauausführenden, denn das Gebäude und der Skywalk fügen sich in die Topografie des Bergs Ruhestein ein und stehen mitten im Wald. Sie schafften es, diese Vorgaben umzusetzen, und bauten dafür auch schon mal die Gerüste für die Gebäude um Bäume herum. Mit der Tragwerksplanung für das BIZ haben sich Schlaich Bergermann Partner auseinandergesetzt. Auch wenn die Bauten aus Fachwerk bestehen, war dieses eine Herausforderung. Denn neben der Kombination der Fachwerke und der Auswirkungen der Auskragungen mussten auch die hohen Lasten beachtet werden. Das BIZ befindet sich nicht nur in einem Erdbebengebiet, auch hohe Schneelasten mussten bei der Berechnung der Gebäude und dem Bau berücksichtigt werden. Um in den Gebäuden eine Weite zu schaffen, planten die Architekten wenige Stützen ein. Damit die Idee umgesetzt werden konnte, nutzen die Tragwerksplaner Methoden aus dem Brückenbau. Die Lasten des Bauwerks werden dabei über seitliche Träger geführt. Der Skywalk erinnert an einen umgefallenen Baum, der über den Hang in das Tal ragt. Die Fachwerkbrücke aus Brettschichtholz hat eine Spannweite von 65 Metern. Der offene und frei bewitterte Skywalk wird die Besucher über die Baumwipfel führen. Für einen noch besseren Blick in den Schwarzwald können die Besucher auf den 34 Meter hohen Aussichtsturm klettern. Er ist ebenfalls aus Brettsperrholz errichtet und hat eine Neigung von 15 Grad in die Landschaft hinein.

Die Fassadenbekleidung aus Fichteschindeln an den Gebäudeteilen E und F wurde an einer Holz-Unterkonstruktion befestigt.

Foto: Vermögen und Bau Baden-Württemberg Amt Pforzheim

Fest verschraubte Fassade

Die Gebäude des BIZ und der Aussichtsturm sind mit Schindeln aus Fichte verkleidet. Damit diese an den Gebäuden Halt finden, musste eine Holz-Unterkonstruktion für die Fassadenfläche angebracht werden. Diese wurde an den Gebäudeteilen E und F mit Langschaftdübeln und Senkkopfschraube in den Beton befestigt. 200 Millimeter lange Dübel mit einem Durchmesser von zehn Millimetern sorgen für eine sichere Befestigung. Durch die Durchsteckmontage werden die Langschaftdübel gesetzt. Für die eingesetzten Dübel SXR von fischer ist bestätigt durch die Europäische Technische Bewertung (ETA) keine tiefes Bohrloch nötig, da eine sichere Befestigung bei einer Verankerungstiefe von 50 Millimeter entsteht. Die verwendete Senkkopfschraube ist zum Befestigen von Holzkonstruktionen entwickelt worden. 6.000 Spanplattenschrauben verbinden die Holzunterkonstruktion mit dem Beton. Die eingesetzten Teilgewindeschrauben mit Senkkopf bestehen aus nicht rostendem Stahl A 2 für Befestigungen im Außenbereich. Zusammen mit den Langschaftdübeln bilden die Spanplattenschrauben eine leistungsstarke Verbindung zum Einleiten mittelschwerer Lasten in Beton und Mauerwerk. Damit die richtige Verankerung der Fassade möglich war, wurde die Planung und Bemessung der Befestigungslösungen mithilfe der Modulen Modul Wood-Fix und Facade-Fix aus der Softwarefamilie Fixperience berechnet.

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Von Heike van Ooyen