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Verbundträger 07.10.2020, 12:31 Uhr

Brückenträger in der Deckenkonstruktion

Im Ballsaal des neuen Hotels an der Landsberger Straße in München sollen keine Stützen die Tanzenden und die Raumwirkung stören. Daher wurde der Saal ohne zusätzliche Stützen geplant. Damit dies gelingt, kommen bei der Deckenkonstruktion Doppelverbundträger zum Einsatz, die eigentlich beim Brückenbau Verwendung finden.

Acht Brückenträger erschaffen einen säulenfreien Ballsaal. Foto: Köster GmbH

Acht Brückenträger erschaffen einen säulenfreien Ballsaal.

Foto: Köster GmbH

An der Landsberger Straße in München entsteht ein neues Hotel. Damit eine große Weite im Ballsaal des Hotels entsteht, soll hier ohne zusätzliche Stützen gebaut werden. Um diesen Plan umzusetzen, geben die EuroAtlantic Gruppe als Bauherr und die ATP München Planungs GmbH mit Schäfer + Merkin Ingenieure GmbH als Planer gemeinsam mit dem Bauunternehmen Köster einer bekannten Technik eine neue Funktion. Sie nutzen für die Deckenkonstruktion Doppelverbundträger, die eigentlich im Brückenbau Anwendung finden. Montiert wurden die Verbundträger mit einem der leistungsfähigsten Teleskop-Raupenkräne der Welt. Ursprünglich ist der Kran für die Montage von Windkraftanlagen konzipiert und kann eine Traglast von maximal 1.200 Tonnen aufnehmen. Mit sechs Schwertransporten und zehn Standardtransporten kam der Kran in Einzelteilen nach München. Dort war seine Aufgabe, acht Doppelverbrundträger mit einem Gewicht von bis zu 74 Tonnen und einer Länge von 25 Metern in ihre Montageposition zu heben.

Brückenträger werden präzise positioniert

Beim Aufbau des Krans stieg die Temperatur auf 40 Grad Celsius. Bei der teilweise nächtlichen Montage der Brückenträger brachte den Kran ein Wetterumschwung mit aufkommenden Wind an sein Limit. „Das war eine äußerst anspruchsvolle Herausforderung für das gesamte Team, das in erheblichem Maße partnerschaftlich und motiviert zusammengearbeitet hat“, berichtet Köster-Bauleiter Martin Förg. Die Monteure nahmen mit äußerster Vorsicht die schwebenden Träger entgegen und passten sie präzise in ihre Position ein. Diese von außen leicht wirkende Arbeit wurde im Vorfeld intensiv vorbereitet. „Die einzige Zufahrt zur Baustelle führt über die Straße, an der das DB-Betriebswerk München mit zahlreichen Mitarbeitenden liegt. Diese musste bei allen Arbeiten durchgängig als Feuerwehrzufahrt zugänglich bleiben“, beschreibt Meike Kreiser, Projektleiterin bei Köster, eine der Herausforderungen bei der Projektplanung. Zudem musste, bevor der Kran aufgestellt wurde, die Statik des benachbarten Bahntunnels geprüft werden. Schließlich musste jeder Quadratmeter unter den massiven Stützen des Teleskop-Raupenkrans immerhin einer Stützlast von etwa 250 Tonnen standhalten.

Bisher einmalige Konstruktion

Ist das Hotel an der Landsberger Straße einmal fertig gebaut, umfasst es acht Etagen der Kategorie 4-Sterne. Der große Konferenz- und Ballsaal wird der Hingucker im Gebäude sein. Neben Tagungen und Konferenzen sollen hier große Präsentationen und Bühnenprogramme stattfinden. Die sechs Meter hohe Saaldecke soll auf die Gäste schwebend wirken. Daher wird auf Säulen in dem 24,5 x 37,5 Meter großen Saal verzichtet. Hier kommt der Verbundträger zum Einsatz. Er nimmt die Lasten der sieben Stockwerke über ihn auf. Diese Konstruktion mit Brückenträgern ist in Deutschland bislang einmalig. Jedoch sind die eingesetzten sogenannten Preflex-Träger bereits seit einigen Jahren aus dem Brückenbau bekannt. „Durch diese Erfahrung wissen wir, um die Leistungsfähigkeit dieses Doppelverbundträgers. Trotzdem ist es auch für uns etwas Besonderes, das Produkt jetzt einmal in einem völlig anderen Kontext zu erleben“, erklärt Michael Steeger, Geschäftsführer der Herstellerfirma C + P Brückenbau GmbH & Co. KG. Kreiser fügt hinzu: „Wir errichten hier quasi auf der Brücke noch ein siebenstöckiges Hotel.“

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Von Heike van Ooyen