Marktmacht unter Beschuss 19.11.2024, 07:06 Uhr

Wird Google zerschlagen? Chrome-Browser könnte als erstes dran sein

Droht Google die Zerschlagung? Das US-Justizministerium prüft Maßnahmen, der Chrome-Browser könnte das erste Opfer sein.

Google

In der digitalen Welt geht fast nichts ohne Google - diese Machtkonzentration ist vielen jedoch ein Dorn im Auge. Immer wieder wird daher eine Zerschlagung des Tech-Giganten diskutiert.

Foto: PantherMedia / Lasse Kristensen

Google ist aus dem digitalen Alltag nicht mehr wegzudenken. Neben der Suchmaschine betreibt das Unternehmen zahlreiche Dienste wie Google Maps, YouTube, den Browser Chrome, Android oder den Play Store. Diese hohe Marktdurchdringung macht Google auch zu einem wichtigen Player im Bereich der Onlinewerbung. Aufgrund dieser Marktstellung gerät der Konzern immer wieder ins Visier der Behörden – sei es das Bundeskartellamt, das EU-Parlament oder das US-Justizministerium (DOJ). Als mögliche kartellrechtliche Maßnahme wird eine Zerschlagung des Unternehmens erwogen. Ganz aktuell wird berichtet, dass das US-Regierung Google den Chrome-Browser entreißen könnte.

US-Regierung will Google den Chrome-Browser entreißen

Laut einem Medienbericht vom 18. November plant die US-Regierung, vor Gericht durchzusetzen, dass Google den weltweit beliebtesten Web-Browser Chrome abgeben muss. Das US-Justizministerium wolle diese Maßnahme im laufenden Wettbewerbsverfahren gegen Google in Washington vorschlagen, berichtete der Finanzdienst Bloomberg unter Berufung auf Insiderinformationen. Bereits im August hatte das Gericht entschieden, dass Google ein Monopol im Bereich der Internet-Suche habe und dabei unfaire Methoden einsetze. Nun stehen mögliche Konsequenzen zur Debatte.

Das Ministerium plane zudem, zu fordern, dass Google Konkurrenten Zugang zu bestimmten Daten gewährt und Websites eine einfachere Möglichkeit bietet, der Nutzung ihrer Informationen für KI-Trainings zu widersprechen. Eine endgültige Entscheidung des Richters zu diesen Maßnahmen wird jedoch erst im kommenden Jahr erwartet.

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Mit einem Marktanteil von rund 60 % in den USA und etwa zwei Dritteln weltweit ist Chrome der am häufigsten genutzte Browser. Nach Einschätzung der Wettbewerbshüter könnte ein Argument sein, dass Chrome viele Nutzer direkt zu Googles Suchmaschine leitet. Die Überlegung, Google zur Abspaltung des Smartphone-Betriebssystems Android zu verpflichten, wurde hingegen fallen gelassen, so Bloomberg.

Kartellrechtliche Maßnahmen gegen Google

Laut einer Stellungnahme des DOJ vom 8. Oktober könnten verschiedene Maßnahmen erforderlich sein, um „die Aufrechterhaltung von Monopolen zu verhindern und einzuschränken“. Zu den vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen gehören Vertragsverbote, Forderungen nach Gleichbehandlung von Produkten und strenge Regeln für die Interoperabilität von Daten und Systemen. Besonders brisant sind die strukturellen Anforderungen, die verhindern sollen, dass Google seine marktbeherrschende Stellung in neuen Bereichen wie der künstlichen Intelligenz ausnutzt.

Das DOJ erwägt auch, Googles Vereinbarungen mit Hardware-Herstellern wie Apple und Samsung auf den Prüfstand zu stellen. Diese Verträge, die Google jährlich Milliarden kosten, sorgen dafür, dass die Google-Suche auf deren Geräten bevorzugt wird. Stattdessen könnte ein „Auswahlbildschirm“ eingeführt werden, der den Nutzern die Wahl zwischen verschiedenen Suchmaschinen lässt.

Monopolvorwürfe vor Gericht

Die Maßnahmen des Justizministeriums kommen nicht von ungefähr. Bereits im August stellte ein US-Richter fest, dass Google ein Monopol im Bereich der Suchmaschinen aufgebaut hat. Diese Entscheidung fußt auf einer Klage aus dem Jahr 2020, in der die US-Regierung Google vorwirft, durch hohe Markteintrittsbarrieren seine dominante Stellung gesichert zu haben. Ein zentraler Punkt der Klage ist die angebliche Verletzung des Sherman Acts, der Monopole verbietet.

Gegen das Urteil wird Google in Berufung gehen. Kent Walker, Googles Präsident für globale Angelegenheiten, betonte, dass das Gericht die Qualität der Google-Produkte anerkannt habe. „Google hat die besten Suchprodukte“, so Walker. Das Unternehmen sieht sich zu Unrecht angegriffen und warnt vor negativen Konsequenzen für Verbraucherinnen und Verbraucher, Unternehmen und die Innovationskraft der USA.

Datenteilung und Datenschutz im Fokus

Ein weiterer Vorschlag des DOJ betrifft die Offenlegung von Googles Datenbeständen. Diese sollen Wettbewerbern zugänglich gemacht werden, insbesondere im Bereich der KI-gestützten Suchfunktionen und der Anzeigenplatzierung.

Das Justizministerium erwägt zudem, Google die Nutzung bestimmter Daten zu untersagen, wenn diese nicht effektiv mit anderen Marktteilnehmern geteilt werden können. Hier stellt sich die Frage, wie Google mit den Daten umgeht, die es aufgrund seiner Marktdominanz sammelt.

Was kommt auf Google zu?

Der Ausgang dieses Verfahrens ist noch ungewiss. Ein Einspruch von Google könnte die endgültige Entscheidung auf Jahre hinauszögern. Richter Amit Mehta hat angekündigt, bis August 2025 eine Entscheidung über die Rechtsmittel zu treffen. Auch wenn eine Zerschlagung des Unternehmens nicht unmittelbar bevorsteht, könnten bereits kleinere Maßnahmen wie die Abtrennung von Chrome oder Android erhebliche Auswirkungen auf Googles Geschäftsmodell haben.

Insbesondere dürften auch die Verträge mit Apple und Samsung im Fokus stehen. Rechtsexperten zufolge könnte es am Ende darauf hinauslaufen, dass Google gezwungen wird, Exklusivverträge zu kündigen und Nutzerinnen und Nutzern mehr Auswahl bei der Wahl ihrer Suchmaschine zu bieten.

Google Search erwirtschaftet den Hauptumsatz

Im zweiten Quartal 2024 erwirtschaftete „Google Search & Other“ einen Umsatz von 48,5 Milliarden US-Dollar. Das entspricht 57 % des Gesamtumsatzes des Mutterkonzerns Alphabet. Eine Zerschlagung des Suchmaschinengeschäfts wäre für Google also ein massiver Einschnitt. Der Marktanteil von 90 % in der Internetsuche zeigt, wie abhängig Google von seiner Suchmaschine ist.

Klar dürfte sein, dass die kartellrechtlichen Auseinandersetzungen rund um Google noch lange andauern werden. Auch wenn das US-Justizministerium einschneidende Maßnahmen vorschlägt, ist unklar, welche davon tatsächlich umgesetzt werden. Während Google auf Berufung setzt, steht fest, dass der Konzern seine Marktmacht nicht kampflos aufgeben wird. Eine Zerschlagung des Unternehmens bleibt zwar möglich, scheint aber nach Meinung vieler Expertinnen und Experten derzeit unwahrscheinlich.

Kartellverfahren gegen Google in Europa

Im Jahr 2023 hat die EU-Kommission unter der Leitung von Margrethe Vestager klargestellt, dass Google möglicherweise gezwungen sein könnte, Geschäftsbereiche zu verkaufen. Eine bloße Selbstverpflichtung reiche nicht aus, um den bestehenden Missbrauch zu beenden. Google steht auch in Europa im Verdacht, seine dominante Stellung im Bereich der Online-Werbung auszunutzen. Durch gezielte Bevorzugung eigener Technologien soll das Unternehmen Konkurrenten benachteiligt haben.

Die jüngsten Untersuchungen der EU-Wettbewerbsbehörde kamen zu dem vorläufigen Schluss, dass nur eine Abspaltung von Google-Diensten die Wettbewerbsprobleme dauerhaft lösen könnte. Diese drastische Maßnahme wird von der EU als notwendig erachtet, um den fairen Wettbewerb wiederherzustellen.

Googles Macht in der Online-Werbung

Der Kern des Problems liegt in der umfassenden Kontrolle von Google über den Markt für Online-Werbung. Google bietet nicht nur Werbeflächen an, sondern sammelt auch Nutzerdaten und agiert als Vermittler zwischen Werbetreibenden und Webseiten. Diese marktbeherrschende Stellung verschafft Google erhebliche Vorteile gegenüber seinen Mitbewerbern.

Die Ermittlungen, die sich über zwei Jahre erstreckten, zeigten auf, dass Google seit 2014 systematisch seine eigenen Technologien gegenüber konkurrierenden Angeboten bevorzugt. Diese Praktiken verschaffen dem Unternehmen einen unfairen Vorteil, was letztlich zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führt.

Kartellverfahren gegen Google in Deutschland

Im Jahr 2021 hat das Bundeskartellamt entschieden, dass Google aufgrund seiner Marktmacht in den Anwendungsbereich des §19a GWB fällt, was eine besondere Aufsicht über den Missbrauch von Marktmacht ermöglicht. Mehrere Verfahren wurden auf dieser Grundlage eingeleitet. Einige dieser Verfahren sind bereits abgeschlossen, doch andere Untersuchungen laufen weiter.

Google News Showcase: Verbesserungen für Verlage

Das Verfahren gegen Google News Showcase war eines der ersten, das auf Basis der neuen Regelungen eingeleitet wurde. Google hatte Verlage dazu eingeladen, ihre Inhalte in einem speziellen Bereich darzustellen. Dies rief Bedenken hervor, dass teilnehmende Verlage unfair bevorzugt würden und andere Anbieter verdrängt werden könnten.

Als Reaktion auf das Verfahren nahm Google wesentliche Änderungen vor. Der Konzern verzichtete darauf, Showcase in die allgemeine Google-Suche zu integrieren. Zudem sicherte Google zu, dass Verlage über ihre Teilnahme frei entscheiden können, ohne dass dies Einfluss auf das Ranking in der Suchmaschine hat.

Verbesserte Kontrolle über Datenverarbeitung

Ein weiteres Verfahren betraf die Datenverarbeitung durch Google. Nutzerinnen und Nutzer sollen künftig mehr Kontrolle darüber haben, welche Daten Google aus verschiedenen Diensten kombiniert. Google wurde verpflichtet, klarere Auswahlmöglichkeiten zur Datenverarbeitung anzubieten.

Dies ist besonders wichtig, da die Datenverarbeitung einer der Hauptgründe für Googles Marktdominanz ist. Andere Unternehmen haben keinen Zugang zu diesen umfangreichen Daten und sind dadurch im Nachteil.

Weitere laufende Verfahren

Google steht weiterhin unter genauer Beobachtung. Seit Februar 2022 untersucht das Bundeskartellamt mögliche Wettbewerbsbehinderungen durch die Google Maps Platform. Hier geht es darum, ob Google durch die Verweigerung der Zusammenarbeit mit Drittanbietern den Wettbewerb bei Kartendiensten behindert. Dies betrifft vor allem Anwendungen, die im Logistik- und Mobilitätsbereich eingesetzt werden.

Ein weiterer Untersuchungsbereich betrifft Googles Praktiken bei der Lizensierung von Diensten für Infotainmentsysteme in Fahrzeugen. Google bietet diese Dienste oft nur im Paket an, was den Wettbewerb einschränken könnte. Hersteller müssen dabei Google Maps, Play und Assistant gemeinsam lizenzieren und können keine Alternativen wählen. Das Bundeskartellamt hat bereits eine Abmahnung ausgesprochen, und Google hat erste Lösungsvorschläge gemacht, die nun geprüft werden. (mit Material der dpa)

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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