Raus aus dem DAX – quo vadis, Porsche?
Die Porsche AG ist einer der beliebtesten deutschen Arbeitgeber, hat aber mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Das spüren auch die Beschäftigten.
Porsche bleibt einer der beliebtesten Arbeitgeber Deutschlands.
Foto: Peter Kellerhoff
Von außen allerdings ist zurzeit, zumal auf der IAA Mobility 2025 in München, von Problemen nichts zu hören und zu sehen. Als wäre alles beim Alten: Ein Porsche-Wappen in gigantischer Größe zieht auf dem Open Space am Wittelsbacher Platz die Blicke der IAA-Besucherinnen und Besucher auf sich. Auch das Motto des aktuellen Standkonzeptes klingt nicht gerade nach Zweifeln oder nach Zukunftsangst. Im Gegenteil: „Porsche. There is no substitute“, das klingt nach ungebrochenem Selbstbewusstsein. Dennoch: Bereits im Februar hatte Porsche angekündigt, bis 2029 rund 1.900 Stellen in der Region Stuttgart zu streichen, im Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen und am Standort in Weissach.
Inhaltsverzeichnis
- Porsche ist einer der beliebtesten Arbeitgeber in Deutschland
- Porsche – ein Traumarbeitgeber für junge Menschen
- Stimmen aus Bewertungsportalen über den Stuttgarter Sportwagenhersteller
- Auf der IAA Mobility 2025 startet Porsche durch
- Entlassungspläne bei Porsche
- Wie Porsche in die Krise fuhr
- Im Rückwärtsgang vom E-Sportwagen zum Verbrenner?
- Nach nur knapp drei Jahren im Rückwärtsgang aus dem DAX
- Vom DAX in den MDAX – was heißt das für den Aktienkurs?
- Raus aus dem DAX – der Imageaspekt
- Schafft Porsche tatsächlich einen U-Turn, zurück in den DAX?
Porsche ist einer der beliebtesten Arbeitgeber in Deutschland
Den Beschäftigten, die Porsche verlassen müssen, dürfte der Abschied doppelt schwer fallen. Zum einen generell wegen des Arbeitsplatzverlustes, zum anderen, weil der Stuttgarter Sportwagenhersteller als einer der beliebtesten Arbeitgeber gilt. Diese Einschätzung findet sich in zahlreichen Untersuchungen und Rankings wieder. Um ein aktuelles Beispiel zu nennen: Auf dem Jobportal LinkedIn präsentiert sich die Porsche AG auf Platz 5 im Ranking der Top 10 Arbeitgeber 2025 in Deutschland. Dem Ranking liegt eine umfassende Online-Befragung des Karriereportals FOCUS-Business gemeinsam mit dem Rechercheinstitut FactField zugrunde.
Die Beschäftigten wurden dabei zu Aspekten wie
- dem Arbeitsklima
- den Entwicklungsmöglichkeiten
- und der Work-Life-Balance
befragt.
Porsche erreichte dabei 190,2 von maximal 200 Punkten. Als weitere Pluspunkte gelten eine überdurchschnittlich gute Bezahlung und ebensolche Sozialleistungen, ebenso wie vielfältige Job-Benefits. Die Porsche Consulting erreicht nach eigenen Angaben sogar Platz 3 und wurde damit ebenfalls als „Top Arbeitgeber 2025“ ausgezeichnet.
Porsche – ein Traumarbeitgeber für junge Menschen
Die Zeitschrift Automobilwoche berichtete im Sommer, dass Porsche trotz der Turbulenzen der attraktivste Arbeitgeber für junge Menschen geblieben ist und den automotive TopCareer Award gewonnen hat. Lob gab es auch von der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Sie erwähnte Porsche als den neuen „Traumarbeitgeber bei Schülern“.
Stimmen aus Bewertungsportalen über den Stuttgarter Sportwagenhersteller
Auch auf den einschlägigen Bewertungsportalen schneidet Porsche häufig gut ab. Negativkritik gibt es dort allerdings auch. Vor allem diese drei Punkte werden genannt: In einigen Abteilungen wird über eher hierarchische und starre Strukturen berichtet, und es wird kritisiert, dass je nach fachlichem Bereich die Führungskultur und die Chancen eines beruflichen Aufstiegs sehr unterschiedlich ausfallen. Zudem wird hin und wieder die Kommunikation zwischen einzelnen Abteilungen als ausbaufähig betrachtet. Zudem wird erwähnt, dass es in einzelnen Bereichen erhöhte Belastung bei hohem Arbeitsaufkommen entstehen kann.
Auf der IAA Mobility 2025 startet Porsche durch
In München zeigt sich das Unternehmen von seiner besten Seite: mit der Weltpremiere des neuen 911 Turbo S, einem limitierten 911 „Spirit 70“ in Olive Neo, einem vollelektrischen Macan 4 und Taycan GTS und einem Cayenne E-Hybrid in der „Black Edition“ Variante. Im Sonderwunsch-Bereich auf dem Messestand wird ein Unikat gezeigt, ein 911 GT3 mit Touring-Paket, in Zusammenarbeit mit dem luxemburgischen Künstler Jacques Schneider individualisiert und mit einer extrem aufwändigen Designlackierung versehen wurde. Messegäste haben die Gelegenheit, begleitete Probefahrten mit der Taycan- und Macan-Flotte zu machen. E-Bikes von Porsche können auch ausprobiert werden.
Entlassungspläne bei Porsche
So gut wie die Performance auf der IAA Mobility ist die Unternehmensentwicklung bei Porsche aber nicht. Ende August hatte Porsche in einem Bericht von ZDFheute angekündigt, das Tochterunternehmen Cellforce im baden-württembergischen Kirchentellinsfurt in großen Teilen zu schließen. Statt der Fertigung von Batteriezellen werde man sich dort auf Forschung und Entwicklung konzentrieren. Laut Schätzungen der IG Metall bedeutete das, 200 der 300 Beschäftigten könnten entlassen werden. „Ein herber Schlag für die deutsche Automobilindustrie“, sagte Helena Wisbert, Professorin für Automobilwirtschaft an der Ostfalia Hochschule in Wolfsburg, in ZDFheute: „Eigentlich sollten wegfallende Stellen aus der Verbrennertechnologie durch neue Jobs in der Elektromobilität ersetzt werden – dieser Plan geht nicht auf.“ Auch bei der Porsche-Tochter MHP Management- und IT-Beratung GmbH, die auf Automobilkunden spezialisiert ist, sollen einem Bericht der Zeitung Die Welt zufolge mehrere hundert Stellen gestrichen werden.
Wie Porsche in die Krise fuhr
Nicht nur Porsche, die Automobilbranche samt Zulieferern generell arbeitet unter anhaltend schwierigen, sich verschärfenden Rahmenbedingungen. Dazu gehören:
- die „klassischen“ Negativfaktoren am heimischen Standorten wie bürokratische Auflagen, hohe Energie- und Personalkosten
- die Unsicherheit und die höheren Kosten durch die US-amerikanische Zollpolitik
- die Absatzprobleme im chinesischen Markt – deutsche Luxusautos sind dort wenig beliebt
- das ungünstige Preis-Leistungsverhältnis im Vergleich vor allem zu den staatlich subventionierten chinesischen E-Autos
- generell weniger Nachfrage nach E-Autos in Deutschland als erhofft.
Gerade auf diese Nachfrage aber hatte Porsche-CEO Oliver Blume gesetzt. Er hatte, einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel zufolge, „eine radikale Neuerfindung des Herstellers von röhrenden Benzinschluckern versprochen“. Konkret: Der Anteil reiner Elektroautos am Porsche-Absatz sollte bis 2030 auf 80 Prozent steigen. Es gibt weitere mögliche Ursachen für die Talfahrt bei Porsche: Branchenexperten sehen Blumes Doppelrolle als Chef bei Porsche und VW gleichzeitig als problematisch an. So äußerte Ferdinand Dudenhöffer gegenüber dem SWR, dass es sehr schwer sei, zwei „ganz große Themen“ in einer Person zu managen, und dass auch die VW-Betriebsratschefin ein Ende der Doppelrolle fordere, zeige, „wie dramatisch die Situation“ sei. Hinzu kommt: US-amerikanische Importzölle machen es dem Sportwagenhersteller insofern besonders schwer, als es keine amerikanischen Werke gibt, die Autos also ausnahmslos importiert werden müssen.
Im Rückwärtsgang vom E-Sportwagen zum Verbrenner?
Der Wegfall der eigenen Batterieproduktion bei Cellforce könnte eine Wende in der E-Mobilität bei der Porsche AG sein. Oliver Blume wurde dazu in ZDFheute zitiert: „Eine eigene Fertigung von Batteriezellen verfolgt Porsche aus Volumengründen und fehlenden Skaleneffekten nicht weiter“.
Branchenexperte Dudenhöffer sagte gegenüber dem SWR, aus seiner Sicht habe sich der Sportwagenhersteller beim Thema E-Mobilität überhoben.
Man habe geglaubt, die Elektrochemie und die Batteriezelle „neu erfinden zu können“. Auf eigene Batteriezellenproduktion zu setzen, wie etwa mit Cellforce, sei ein „großes Abenteuer“ gewesen. Für Helena Wisbert zeichnet sich ein tiefer Einschnitt in die E-Mobilitätsstrategie des Konzerns ab: „Das ist ein Strategiewechsel um 180 Grad. Porsche verabschiedet sich vom E-Sportwagen als Leuchtturmprojekt und setzt wieder stärker auf Verbrenner und synthetische Kraftstoffe.“ Dabei war Cellforce 2022 ambitioniert gestartet. Das Unternehmen sollte hochleistungsfähige Batteriezellen entwickeln, die nicht nur besonders schnell laden, sondern auch hohen Temperaturen standhalten. Und damit zum Aufbau einer Wertschöpfungskette im Inland beitragen. Das ist nun erst einmal Geschichte.
Nach nur knapp drei Jahren im Rückwärtsgang aus dem DAX
Ab dem 22. September soll die Porsche AG nicht mehr im wichtigsten der deutschen Aktienindizes gelistet sein soll – nach einem eher kurzen Gastspiel, das erst knapp drei Jahre zuvor, am 29. September 2022 begonnen hatte. Die Aktie startete damals zunächst durch: Mit 84 Euro wurde sie in den Handel gebracht, stieg in wenigen Monaten auf über 120 Euro. Später folgte die Talfahrt: Der Jahrestiefstkurs lag 2024 bei gut 57 Euro, zum Börsenschluss am 8. September 2025 bei nicht einmal 44 Euro. Der gesunkene Börsenwert des Unternehmens war einer der beiden entscheidenden Gründe, die zur der Ausschluss-Entscheidung beitrugen. Der andere ist der relativ geringe Anteil der Aktien in Streubesitz.
Vom DAX in den MDAX – was heißt das für den Aktienkurs?
Die Aktie der Porsche-AG rutscht bei einem Ausscheiden aus dem DAX in den MDAX ab. Damit dürfte ein weiterer Kursrückgang verbunden sein, schon allein, weil Indexfonds, die den DAX abbilden, bei jeder Änderung die „Aussteiger-Aktien“ gegen die „Neueinsteiger-Aktien“ austauschen müssen. Doch, so zeigt der Blick auf das Auf und Ab an den Börsen: Ist der Kurs weit genug unten, finden sich neue Käufer, und der Kurs steigt wieder. So könnte es auch bei der Porsche AG sein.
Raus aus dem DAX – der Imageaspekt
Der Abschied aus dem illustren Kreis der 40 DAX-Unternehmen, die als die wichtigsten hierzulande gelten, hat nicht nur einen finanziellen, sondern auch einen starken Imageaspekt. Vor allem Porsche-Fans dürften darunter leiden, dass ihre Kult-Marke nun börsenmäßig nicht mehr ganz vorn mitfährt. Das wiederum könnte sich ändern – jedenfalls, wenn man an positive Community-Vibes glaubt. Ragnar Schulte, Leiter Experiential Marketing bei Porsche, ließ auf der IAA verlauten: „Das Porsche-Wappen ist unser höchstes Gut, es steht für unsere Marke und vereint unsere Heritage mit Innovationskraft und Pioniergeist. Wir setzen es bei der IAA 2025 sinnbildlich als Hommage an die Porsche-Community ein“.
Schafft Porsche tatsächlich einen U-Turn, zurück in den DAX?
Ausgeschlossen ist das nicht. Oliver Blume hat es offenbar vor: „Wenn wir die Gesamtmarktkapitalisierung und die Strahlkraft der Marke Porsche betrachten, zählen wir weiterhin zu den großen börsennotierten Unternehmen in Deutschland“, sagte er in der Tagesschau. Er kritisierte dort auch, dass dem Anteil des frei handelbaren Streubesitzes – bei der Porsche AG mit etwa zwölf Prozent relativ gering – eine so große Bedeutung zukomme. Blume gab sich optimistisch: „Ich bin aber sicher, dass Anleger den Wert unserer Aktie weiterhin erkennen“, sagte Blume weiter. Strahlkraft hin oder her – die Zahlen müssen stimmen. Ferdinand Dudenhöffer sagte dazu, Porsche müsse sich aus seiner Sicht öffnen – und „aufhören zu glauben, in Weissach werden die Autos erfunden“. Dudenhöffer empfiehlt – Beispiel Batterieherstellung – statt Alleingängen Kooperation mit Unternehmen, die in solchen Zukunftsfeldern bereits führend seien. Und er plädiert dafür, auch bei den Produktionsstrukturen die internationale Zusammenarbeit ins Visier zu nehmen.
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