Nachfrage nach Ingenieur- und IT-Fachkräften geht zurück
Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) meldet eine klare Abschwächung der Nachfrage nach Ingenieur- und IT-Fachkräften. Das ändere allerdings nichts an dem akuten Fachkräftemangel, der nach wie vor in Deutschland herrscht.
Trotz Krise bleibt Ingenieurmangel in Deutschland akut – offene Stellen, steigende Arbeitslosigkeit und fehlender Nachwuchs gefährden Zukunft
Foto: picture alliance / Westend61 | Pau Cardellach Lliso
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Im Vergleich zum Vorjahr verringerten sich die offenen Stellen in der Ingenieur- und IT-Branche im zweiten Quartal 2025 um 22,1 %, heißt im Ingenieurmonitor vom VDI und Institut der Deutschen Wirtschaft (IW).
Das heißt: 106.310 Arbeitsplätze bleiben unbesetzt. Zeitgleich meldeten sich knapp 55.000 Menschen aus diesen Berufszweigen arbeitslos, was eine Steigerung um 19,1 % bedeutet – der höchste Stand seit Erfassung der Daten im Jahr 2011.
Nichtsdestotrotz ist in kommenden Jahren mit einem steigenden Bedarf an Ingenieurinnen und Ingenieuren zu rechen. Auch die Nachwuchsgewinnung bleibt ein wichtiges Thema, heißt es in der Pressemitteilung des VDI.
Arbeitslosenquote hängt von Berufsfeld ab
Die Beschäftigungstrends variieren stark je nach Berufsfeld. Besonders stark betroffen ist aktuell die Technische Forschung und Produktsteuerung. Hier ist die Arbeitslosigkeit im Vergleich zu 2024 um fast 40 % gestiegen. In der Rohstofferzeugung dagegen ist der Anstieg deutlich moderater und liegt bei rund 8 %. Insgesamt ist allerdings offensichtlich, dass der Fachkräftemangel in IT- und Ingenieurberufen nach wie vor bestehen bleibt.
Im Durchschnitt standen 194 unbesetzte Positionen 100 arbeitslosen Ingenieurinnen und Ingenieuren und IT-Fachkräften gegenüber. Die sogenannte Engpasskennzahl ist zwar im Vergleich zum Vorjahr gesunken (296 offene Stellen pro 100 Arbeitslose), aber die Zahl bleibt dennoch hoch.
Auch regional variiert die Entwicklung: In keinem der zehn untersuchten Arbeitsmarktgebiete wurde im Vergleich zu 2024 ein Anstieg offener Stellen verzeichnet. Bayern liegt mit 20.610 offenen Stellen vorn, Nordrhein-Westfalen folgt mit 19.480.
Fachkräftemangel nach wie vor akut
„Die schwächelnde Wirtschaft beeinflusst auch den Ingenieurarbeitsmarkt, die Lücke bei den Fachkräften schließt sich damit jedoch nicht“, erklärt VDI-Arbeitsmarktexperte Ingo Rauhut.
In zentralen Branchen wie Bau, Energie- und Elektrotechnik oder Maschinenbau sind qualifizierte Fachkräfte nach wie vor sehr gefragt. Die größten Engpässe sind zur Zeit in den folgenden Bereichen:
- Ingenieurberufe Bau, Vermessung, Gebäudetechnik und Architektur – 314 offene Stellen pro 100 Arbeitslose
- Energie- und Elektrotechnik – 284 offene Stellen pro 100 Arbeitslose
- Maschinen- und Fahrzeugtechnik – 222 offene Stellen pro 100 Arbeitslose
Langfristiger Trend zeichnet positives Bild
Trotz der aktuell angespannten Konjunkturlage bleibt der langfristige Trend positiv: Seit 2012 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Ingenieur- und Informatikberufen um 58,5 % gestiegen – auf 1,53 Mio. Eine besonders starke Entwicklung weisen dabei die Informatikbranche (+151 %) und das Bauwesen (+54 %) auf.
Zuwachs auch durch internationale Fachkräfte
Rund ein Viertel des gesamten Beschäftigungszuwachses in Ingenieurberufen entfällt dabei auf internationale Fachkräfte. Das ist ein Beleg für deren zunehmende Bedeutung zur Sicherung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Die größten Gruppen stellen dabei Fachkräfte aus:
- Indien (13.893)
- Türkei (9136)
- Italien (6916)
- China (6690)
Vor allem die Zuwanderung über Hochschulen trägt dabei zum Erfolg bei: Der Anteil internationaler Studentinnen und Studenten in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen ist von 15 % im Jahr 2010 auf 33 % im Jahr 2023 angestiegen.
„Ingenieurinnen und Ingenieure sind und bleiben der Schlüssel für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland“, betont VDI-Direktor Adrian Willig. „Deshalb müssen wir internationale Fachkräfte langfristig integrieren und gleichzeitig junge Menschen früh für Technik begeistern, um den Nachwuchs zu sichern.“
Immer weniger Nachwuchsgewinnung
Während die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften in der IT- und Ingenieurbranche insgesamt gewachsen ist und voraussichtlich auch in Zukunft wachsen wird, bleibt die Situation bei der Nachwuchsgewinnung eher angespannt. In Deutschland schließlich jährlich beispielsweise nur 90.000 bis 100.000 junge Ingenieurinnen und Ingenieure ihr Studium ab.
Die jüngste Publikation des VDI im Rahmen der Initiative Zukunft Deutschland 2050 zum Thema Bildung und Qualifikation zeigt: Es reicht nicht mehr aus, nur Fachwissen in klassischen Lehrplänen zu vermitteln. Zukunftskompetenzen wie KI-, Digital- und Nachhaltigkeitskompetenz sowie interdisziplinäres Arbeiten müssen Teil der Ingenieurausbildung werden. „Mit den richtigen Kompetenzen sichern wir nicht nur die Innovationskraft Deutschlands, sondern auch die wirtschaftliche Stärke unseres Standortes“, so Willig.
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