Autonomes Fahren in der Stadt 13.10.2025, 14:00 Uhr

Managed Automated Driving: DLR testet Fahren mit digitalem Lotsen

Das DLR zeigt mit „Managed Automated Driving“, wie autonome Fahrzeuge dank digitaler Infrastruktur sicher durch den Stadtverkehr kommen.

Praxistest von MAD Urban

Bei Tests am Braunschweiger Tostmannpatz erprobte das DLR erstmals das autonome Fahren mit Infrastruktur-Unterstützung.

Foto: DLR ( CC BY-NC-ND 3.0 DE )

Autonomes Fahren auf der Autobahn gilt inzwischen als machbar. Doch in der Stadt wird es kompliziert. Hier kreuzen Fußgängerinnen und Fußgänger die Straße, Radfahrende schlängeln sich zwischen Autos hindurch, Lieferwagen parken halb auf dem Gehweg, und E-Roller tauchen unvermittelt auf. Was für uns Menschen bereits chaotisch wirkt, ist auch für Maschinen eine echte Herausforderung.

Fahrzeuge mit automatisierter Steuerung müssen diese unübersichtlichen Situationen erkennen, bewerten und reagieren – und das in Sekundenbruchteilen. Bisher bedeutete das: lieber langsam und vorsichtig fahren. Doch wer möchte in der Innenstadt hinter einem selbstfahrenden Auto feststecken, das an jeder Ecke zögert? Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat nun eine Idee, wie es besser gehen kann – mit einem Konzept namens MAD: Managed Automated Driving.

Unterstützung von außen

Das Besondere an MAD ist, dass das Fahrzeug nicht mehr alles allein können muss. Stattdessen bekommt es Unterstützung von der Umgebung – von der sogenannten digitalen Infrastruktur. Dazu gehören Sensoren an Ampeln, Straßenlaternen oder Gebäuden sowie kompakte Edge-Rechner. Diese Computer verarbeiten Daten direkt dort, wo sie entstehen, also am Rand des Netzwerks.

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„Die Daten, die diese Sensoren erfassen, führen wir dann zusammen, um ein Gesamtbild aller Verkehrsteilnehmenden zu erzeugen. Das schließt auch die aus Sicht des Fahrzeugs verdeckten Objekte ein. So ‚sieht‘ das autonome Fahrzeug mehr und kann besser mit herausfordernden Situationen zurechtkommen“, erklärt DLR-Forscher Julian Schindler, technischer Leiter des Projekts.

Mit anderen Worten: Ein Auto erkennt nicht nur, was seine eigenen Kameras und Radarsensoren wahrnehmen, sondern erhält zusätzliche Informationen aus seiner Umgebung. Ein Kind, das hinter einem parkenden Transporter auf die Straße läuft, ist so viel früher „sichtbar“.

Testfahrt in Braunschweig

Im September 2025 war es soweit: Das DLR und das Forschungszentrum Informatik (FZI) testeten MAD erstmals im realen Stadtverkehr. Dafür diente der Tostmannplatz in Braunschweig als Versuchsfeld. Zwei Säulen mit Sensoren und Recheneinheiten beobachteten dort den Verkehr, erfassten Fahrzeuge, Fußgänger*innen und Radfahrende – selbstverständlich anonymisiert.

Wenn sich die Testfahrzeuge der Kreuzung näherten, übernahm der Edge-Rechner die Kontrolle und berechnete den sicheren Fahrweg. Erst nachdem die Autos den Kreuzungsbereich verlassen hatten, schaltete sich die Fahrzeugautomatik wieder ein. „Man kann sich das MAD-Verfahren wie einen Lotsen in der Luft- oder Schifffahrt vorstellen. MAD unterstützt in schwierigen Situationen beim sicheren und effizienten Fahren und erhöht so die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden“, so Schindler.

Dieses Prinzip könnte in Zukunft auch auf andere Szenarien übertragen werden. Eine stark befahrene Kreuzung würde dann nicht mehr allein den Blicken der Fahrzeugsensoren überlassen, sondern aktiv durch die Infrastruktur gesteuert – quasi ein digitales Verkehrsleitsystem, das alle Beteiligten im Blick hat.

Warum Infrastruktur die bessere Rechenzentrale sein kann

Heute sitzen die meisten „Gehirne“ autonomer Fahrzeuge direkt im Wagen. Sie müssen riesige Datenmengen auswerten und Entscheidungen in Echtzeit treffen. Doch mit steigender Zahl selbstfahrender Autos stoßen diese Systeme an ihre Grenzen. Jedes Fahrzeug arbeitet isoliert, obwohl viele Daten – etwa über Ampelphasen oder Fußgängerbewegungen – ohnehin allen zur Verfügung stehen könnten.

MAD dreht das Prinzip um: Statt jedes Auto mit teurer Hochleistungstechnik auszustatten, verlagert das System zentrale Funktionen in die Umgebung. „Quasi an jedem Lampenmast ein Sensor und das Fahrzeug einfach nur noch ferngesteuert“, beschreibt es das DLR. So könnte sich autonomes Fahren besonders für Flotten lohnen – etwa für Shuttlebusse, Lieferdienste oder kommunale Fahrzeuge.

Zwar kostet der Aufbau einer solchen Infrastruktur zunächst Geld, doch doch je mehr automatisierte Fahrzeuge unterwegs sind, desto schneller amortisiert sich das System. Außerdem ließen sich aus den erfassten Daten neue digitale Dienste entwickeln, etwa zur Verkehrslenkung oder Energieoptimierung.

 

Vom Schritttempo zur Stadtgeschwindigkeit

Bisher fahren viele autonome Kleinbusse in Innenstädten nur im Schritttempo – weil ihre Sensoren schlicht nicht genug „sehen“. Mit Unterstützung aus der Infrastruktur könnten sie dagegen in Zukunft mit bis zu 70 km/h unterwegs sein, wie das DLR im Rahmen seiner U-Shift-Plattform testet.

Das wäre ein großer Fortschritt für die Wirtschaftlichkeit: Denn langsame Fahrzeuge blockieren nicht nur den Verkehr, sondern verteuern auch den Betrieb. Wenn Systeme wie MAD mehr Überblick schaffen, kann der Stadtverkehr flüssiger werden – und sicherer obendrein.

Sicherheit bleibt das zentrale Thema

Doch bevor die Technik in Serie geht, müssen noch viele Fragen beantwortet werden. Derzeit gibt es keine einheitlichen Normen für den Datenaustausch zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur. Wichtig wird die sogenannte Interoperabilität – also die Fähigkeit, dass Systeme verschiedener Hersteller reibungslos zusammenarbeiten.

Auch beim Thema Sicherheit sind neue Konzepte gefragt. Was passiert, wenn die Verbindung zur Infrastruktur ausfällt? Partner wie Intel arbeiten an Notfallstrategien, bei denen Fahrzeuge automatisch sichere Ausweichrouten berechnen. Andere beteiligte Unternehmen wie GFT, VITRONIC oder MATRIX VISION entwickeln leistungsfähige Sensoren, Datendrehscheiben und Steuerplattformen, um den Betrieb ganzer Fahrzeugflotten zu ermöglichen.

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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