Ryanair schafft Papier-Bordkarten ab – ohne App wird’s teuer
Ab 12. November wird Ryanair digital: Nur noch Bordkarten über die App. Wer analog bleibt, zahlt bis zu 55 Euro extra.
Ryanair wird papierlos – und wer kein Smartphone hat, zahlt.
Foto: picture alliance / NurPhoto | Dominika Zarzycka
Ryanair zieht die Digitalisierung an Bord weiter an: Europas größte Billigfluggesellschaft will künftig keine Papier-Bordkarten mehr akzeptieren. Wer mitfliegen will, muss seine Bordkarte künftig über die App „myRyanair“ auf dem Smartphone vorzeigen. Für Viele sicher kein Problem – doch für Menschen ohne Smartphone oder technisches Geschick kann das teuer werden.
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App statt Ausdruck: Neue Pflicht für alle Passagiere
Das Prinzip ist einfach, aber konsequent: Nur noch digitale Bordkarten, keine Ausdrucke mehr. Wer seine Bordkarte bislang zu Hause ausdruckte oder am Flughafen in Papierform erhielt, muss sich umstellen. Ab Mitte November wird der Check-in ausschließlich über die Ryanair-App möglich sein. Eine Bordkarte in Papierform gibt es dann nur noch in Ausnahmefällen – etwa auf bestimmten Strecken, bei denen Behörden eine physische Karte verlangen.
Ursprünglich wollte Ryanair schon im Mai auf das neue System umstellen. Wegen möglicher Startprobleme wurde der Termin jedoch in die ruhigere Herbstzeit verschoben. So soll der Übergang mit weniger Reisenden reibungsloser verlaufen.
Umweltargument und Effizienz
Ryanair begründet den Schritt mit Umwelt- und Kostenvorteilen. Durch den Verzicht auf gedruckte Bordkarten sollen jährlich mehr als 300 Tonnen Papiermüll eingespart werden. Gleichzeitig will das Unternehmen Abläufe beschleunigen und die Nutzung der eigenen App ausbauen.
CEO Michael O’Leary bezeichnet Ryanair als „weltweit erste papierlose Airline“. Das passt zur Strategie des Unternehmens, Prozesse zu digitalisieren und dabei möglichst viele Daten über die eigene App laufen zu lassen. Sie zeigt nicht nur die Bordkarte an, sondern informiert auch über Gate-Änderungen, Boarding-Zeiten und Verspätungen. Selbst Speisen und Getränke lassen sich künftig direkt vom Sitzplatz aus bestellen.
Verbraucherschützer schlagen Alarm
Der digitale Zwang gefällt nicht allen. Besonders ältere oder weniger technikaffine Reisende könnten damit überfordert sein. Der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert, dass Mobilität auch ohne Smartphone möglich bleiben muss.
„Mobilität darf nicht an das technische Geschick oder die technischen beziehungsweise tatsächlichen Möglichkeiten von Reisenden geknüpft werden. Es darf nicht zum Ausschluss von einzelnen Gruppen kommen“, sagt Fluggastrechte-Referent André Duderstaedt. Wenn Menschen mit Behinderung betroffen seien, könnten sie sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz berufen.
Für den Verband steht fest: Wenn Airlines den Zugang zu Leistungen nur noch digital ermöglichen, entsteht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Wer mitmacht, spart Geld. Wer analog bleibt, zahlt drauf.
Die App als Dreh- und Angelpunkt
Im Zentrum der Umstellung steht die myRyanair-App. Sie wird künftig der einzige Weg sein, eine Bordkarte zu erstellen – auch dann, wenn das Ticket über ein Reiseportal gebucht wurde. Laut Ryanair nutzen bereits rund 80 % der Passagiere ihr Smartphone für den Check-in. Nun sollen auch die restlichen 20 % folgen.
Die Nutzung funktioniert unkompliziert: Nach dem Online-Check-in erscheint die Bordkarte direkt in der App. Am Flughafen wird der QR-Code am Sicherheitscheck und am Gate gescannt. Wer mit Familie oder Freunden reist, kann alle Bordkarten auf einem Gerät verwalten oder sie an andere weiterleiten.
Wenn der Akku schlappmacht
Was passiert, wenn das Smartphone streikt? Ryanair versichert, dass niemand zurückgelassen wird. „Wenn die Batterie leer ist oder etwas passiert, haben wir nach dem Einchecken sowieso Ihre Sequenznummer am Flugsteig, und wir bringen Sie an Bord. Es braucht sich also niemand Sorgen zu machen“, erklärte O’Leary in einem Interview mit der britischen Zeitung The Independent.
Allerdings gilt das nur, wenn Sie bereits eingecheckt sind. Wer das versäumt, muss am Flughafen eine Check-in-Gebühr bezahlen.
Teurer Check-in am Schalter
Der Online-Check-in ist Pflicht. Wer ihn verpasst oder keine App nutzt, kann am Flughafen noch nachträglich einchecken – gegen Gebühr. Je nach Abflugland kostet das zwischen 30 und 55 Euro pro Person und Flugstrecke. Für Familien oder Gruppen kann das schnell teuer werden. Immerhin: Die bisherige Gebühr von 20 Euro für den Neuausdruck einer bereits erstellten Bordkarte entfällt.
Ryanair empfiehlt Reisenden ohne Smartphone, sich beim digitalen Check-in von Freunden oder Verwandten helfen zu lassen. Für die Verbraucherschützer ist das keine echte Lösung. Sie sehen darin vielmehr eine Verschiebung der Verantwortung auf die Kunden.
(Mit Material der dpa)
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