Neue Regeln auf Europas Straßen – was alles geplant ist
Neue EU-Verkehrsregeln geplant: Digitaler Führerschein, europaweite Fahrverbote, neue Altersgrenzen – was Sie jetzt wissen müssen.
Das EU-Parlament stimmt über zahlreiche neue Regeln auf Europas Straßen ab. So sollen Fahrverbote zum Beispiel künftig keine Grenzen mehr kennen.
Foto: Smarterpix / jomahepu@gmail.com
Europa stellt den Verkehr auf neue Beine. Heute stimmt das Europaparlament über ein Reformpaket ab, das fast jede Autofahrerin und jeden Autofahrer betreffen wird. Die Richtlinie soll das Fahren in Europa einfacher, digitaler und sicherer machen – und sie gibt den Mitgliedsstaaten zugleich vier Jahre Zeit für die Umsetzung.
Inhaltsverzeichnis
- Der Führerschein wandert aufs Smartphone
- Fahrverbote kennen künftig keine Grenzen
- Begleitetes Fahren in der ganzen EU
- Jüngere Lkw- und Busfahrer sollen Lücken schließen
- Sicherheit wird Unterrichtsstoff
- Mehr Freiheit für Wohnmobilfans
- Kein Zwang zu Medizinchecks
- Europa will die Zahl der Verkehrstoten halbieren
Der Führerschein wandert aufs Smartphone
Ein wichtiger Punkt: Bis 2030 soll in allen EU-Staaten ein digitaler Führerschein verfügbar sein. Er wird künftig auf dem Smartphone abrufbar sein und überall in der EU gelten. „In Zukunft wird es in allen EU-Staaten einen digitalen Führerschein geben, der über das Smartphone abrufbar ist und in der gesamten EU gilt“, heißt es vom EU-Parlament.
Wer lieber beim Plastikkärtchen bleibt, darf das. Beide Varianten sollen gleichwertig sein. Ziel ist, Verwaltungswege zu verkürzen und den Datenaustausch zwischen den Behörden zu vereinfachen.
Fahrverbote kennen künftig keine Grenzen
Auch bei Verkehrsverstößen zieht die EU die Zügel an. Bisher endeten Fahrverbote an der Landesgrenze – künftig sollen sie in der ganzen EU gelten. Wer etwa in Frankreich alkoholisiert am Steuer erwischt wird, soll seinen Führerschein nicht einfach im Heimatland weiter nutzen dürfen.
Das neue Verfahren sieht vor, dass der Staat, in dem der Verstoß passiert, den Ausstellungsstaat informiert. Der wiederum kann das Fahrverbot übernehmen und europaweit durchsetzen. Damit will die EU verhindern, dass Verkehrssünder*innen in einem anderen Land einfach weiterfahren.
Der ADAC weist allerdings darauf hin, dass diese Regelung „praxisrelevant erst wird, wenn die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt wurde“.
Begleitetes Fahren in der ganzen EU
Wer in Deutschland schon mit 17 Jahren ans Steuer darf, soll das künftig auch im Urlaub können. Das Konzept des begleiteten Fahrens wird auf ganz Europa ausgeweitet. Junge Fahrende können so Erfahrung sammeln, bevor sie allein unterwegs sind. Auch Berufskraftfahrerinnen und -fahrer sollen von diesem Modell profitieren. Es soll helfen, die Sicherheit zu erhöhen – und den Fachkräftemangel in der Logistik zu mildern.
Jüngere Lkw- und Busfahrer sollen Lücken schließen
Auch beim Berufseinstieg tut sich etwas: Das Mindestalter für Lkw-Führerscheine sinkt von 21 auf 18 Jahre, für Busse von 24 auf 21 Jahre. Damit will die EU Nachwuchs in den Verkehr bringen – buchstäblich. Kritiker befürchten allerdings, dass junge Fahrende noch zu wenig Erfahrung mitbringen. Befürworter verweisen dagegen auf bessere Ausbildungskonzepte und moderne Assistenzsysteme.
Sicherheit wird Unterrichtsstoff
In Fahrschulen sollen künftig Themen wie Ablenkung durch Smartphones, Gefahren im toten Winkel und der richtige Umgang mit Radfahrenden, Kindern und Fußgänger*innen eine größere Rolle spielen. Auch Fahrassistenzsysteme werden stärker behandelt. Ziel ist ein moderner Unterricht, der auf reale Verkehrssituationen vorbereitet.
Mehr Freiheit für Wohnmobilfans
Eine weitere Neuerung betrifft Wohnmobilfahrerinnen und -fahrer: Künftig dürfen Inhaber der Führerscheinklasse B Fahrzeuge bis 4,25 Tonnen lenken – wenn sie zuvor ein spezielles Training oder eine Prüfung absolvieren. Ob eine Zusatzschulung genügt oder eine Prüfung nötig ist, entscheiden die Mitgliedsstaaten selbst. „Ob für Wohnmobile eine Zusatzschulung oder auch eine Prüfung dafür nötig sein wird, legt jedes Land selbst fest“, teilte der ADAC mit.
Kein Zwang zu Medizinchecks
Lange war über verpflichtende Gesundheitschecks ab einem bestimmten Alter diskutiert worden. Diese Idee ist nun vom Tisch. Die Mitgliedsstaaten dürfen selbst entscheiden, ob sie ärztliche Gutachten oder Selbstauskünfte verlangen. Für Deutschland dürfte sich damit vorerst wenig ändern.
Auch weitere Vorschläge wie spezielle Führerscheinkategorien für SUVs oder Nachtfahrverbote für junge Fahrende fanden keine Mehrheit. Ebenso entfällt die geplante Pflicht, Führerscheine über 70 alle fünf Jahre zu erneuern.
Europa will die Zahl der Verkehrstoten halbieren
Hinter all den Änderungen steckt ein ehrgeiziges Ziel: Die EU verfolgt mit ihrer „Vision Zero“ die Idee, dass bis 2050 niemand mehr im Straßenverkehr sterben oder schwer verletzt werden soll. Bereits bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten halbiert werden – ausgehend von 2019.
Davon ist Europa allerdings noch weit entfernt. Nach Zahlen der EU-Kommission kamen 2024 rund 19.940 Menschen im Straßenverkehr ums Leben – nur etwa zwei % weniger als im Jahr zuvor. Am sichersten sind die Straßen derzeit in Schweden und Dänemark, Deutschland liegt mit 33 Toten pro Million Einwohner*innen unter dem EU-Schnitt. (mit dpa)
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