Kult, Komfort, Kurioses: Die schönsten Camping-Oldies
Camping-Oldtimer: Ikonen von den 20ern bis zu den 80ern – eine Reise durch Kult, Kurioses und Kindheitserinnerungen.
Der VW T1 ist die Mutter aller kultigen Camping-Oldies.
Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto | Eibner-Pressefoto/Juergen Augst
Egal ob knuffig, knatternd oder kurios – Camping-Oldtimer ziehen Menschen magisch an. Für manche sind sie ein Stück Kindheit, für andere Sammlerobjekte oder einfach rollende Freiheit. Schon seit mehr als 100 Jahren gibt es mobile Behausungen, die uns unabhängig machen. Und jede Epoche brachte eigene Kultmodelle hervor. Steigen Sie mit ein – wir machen eine Zeitreise durch die Geschichte der Camping-Oldies.
Inhaltsverzeichnis
- Erste Schritte: Vom Pferd zur Dampfmaschine
- Die 20er und 30er: Airstream und deutsche Anfänge
- Nachkriegsjahre: Bulli, Westfalia und das neue Lebensgefühl
- Die 50er: Kleine Anhänger, große Wirkung
- Die 60er: Familien ziehen los
- Die 70er: Vom einfachen Wagen bis zur Luxusklasse
- Die 80er: Klare Kanten und neue Marken
- Warum Camping-Oldies heute begeistern
Erste Schritte: Vom Pferd zur Dampfmaschine
Die Wurzeln des Campings reichen ins 19. Jahrhundert zurück. Damals waren es noch pferdegezogene Kutschen, die als rollende Ferienheime dienten. In Großbritannien entstand schon 1907 der erste Caravan-Club. Bald kamen auch motorisierte Varianten auf die Straße: In Frankreich rollte 1890 der „Quo Vadis“, ein dampfbetriebener Camper. 1902 folgte der „Passe Partout“ mit Benzinmotor. In den USA bauten Roy Faye und Freeman Young zwischen 1904 und 1906 erste „Camp Cars“.
Noch waren diese Fahrzeuge Exoten. Doch die Idee, mobil und unabhängig Urlaub zu machen, war geboren.
Die 20er und 30er: Airstream und deutsche Anfänge
In den 20er-Jahren begann die Blütezeit der Wohnanhänger. In den USA eroberten die ersten stromlinienförmigen Airstreams die Highways. Der Name steht bis heute für glänzende Alu-Karosserien, die schon aus der Ferne auffallen. Auch Bowlus, ein anderer Pionier, setzte früh auf Leichtbau.
In Deutschland baute 1931 Arist Dethleffs den ersten Wohnanhänger. Für ihn war es eine Mischung aus Geschäftsidee und Liebesprojekt – er wollte mit seiner Frau reisen, ohne auf Komfort zu verzichten. Damit war die Basis für eine Marke gelegt, die bis heute im Campinggeschäft mitmischt.

Bereits seit den 1920er-Jahren begeistern die stromlinienförmigen Airstream-Wohnwagen viele Anhänger.
Foto: Smarterpix / James633
Nachkriegsjahre: Bulli, Westfalia und das neue Lebensgefühl
Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte Camping einen Aufschwung. In den 50ern begann die Erfolgsgeschichte des VW-Bulli. Der Transporter T1 war günstig, vielseitig und bot genug Platz für eine Matratze oder später einen kompletten Ausbau. Westfalia erkannte früh die Chance und machte aus dem simplen Bus einen Campingklassiker.
Der Bulli wurde zum Symbol für Freiheit, besonders in den 60ern. Hippies und Weltenbummler fuhren mit ihm bis nach Indien oder an die Strände Kaliforniens. Ein zeitgenössischer Artikel aus den 60ern schwärmte: „Der VW mit Westfalia-Ausbau ist das Zuhause für unterwegs.“
Auch andere Fahrzeuge prägten die Zeit. In England etwa der Bedford Dormobile mit Hubdach. In Frankreich machte der Citroën HY als Kastenwagen Karriere – heute noch beliebt bei Foodtrucks, damals ein praktischer Camper.
Die 50er: Kleine Anhänger, große Wirkung
Die 50er-Jahre waren das Jahrzehnt der kleinen Anhänger. Sie waren leicht, erschwinglich und ließen sich sogar von Kleinwagen wie dem VW Käfer oder einem Opel Olympia ziehen. Wer damals Urlaub machen wollte, musste also kein großes Auto besitzen. Ein Stück Freiheit auf Rädern war für viele Familien plötzlich erreichbar.
Ein echter Geheimtipp aus den frühen Jahren ist der Austermann Wohnwagenbau Typ Z1. Er kam Mitte der 50er auf den Markt und war einer der ersten in Serie gefertigten Kleinwohnwagen in Deutschland. Mit seiner kompakten Bauweise und dem markanten, fast tropfenförmigen Design war er ideal für die damaligen Kleinwagen, die keine schweren Anhänger ziehen konnten. Trotz seiner geringen Größe bot er Platz für zwei Personen, eine kleine Kochnische und Stauraum – genau das, was man für einen Wochenendausflug brauchte.

Der Eriba Puck ist eine echte Ikone unter den Wohnwagen-Oldtimern.
Foto: picture alliance/dpa | Hauke-Christian Dittrich
Besonders ins Auge stach der Eriba Puck, der 1958 auf den Markt kam. Entwickelt wurde er von Erwin Hymer und dem Luftfahrtingenieur Erich Bachem. Ihr Ziel: ein Wohnwagen, der leicht genug war, um hinter einem Käfer herzurollen, und dennoch Komfort bot. Das Ergebnis war eine kleine silberne Ikone mit einem unverwechselbaren runden Dach und einem Hubteil aus Stoff. Diese Konstruktion sorgte nicht nur für gute Belüftung, sondern auch für Stehhöhe im Innenraum. Modelle wie der Puck, Pan oder Troll sind heute gesuchte Klassiker.
Zwei Jahre später kam ein weiterer Winzling hinzu: das Knaus Schwalbennest. Mit seinen weichen Rundungen, der schlichten Einrichtung und seinem geringen Gewicht war er ideal für Paare oder Alleinreisende. Selbst kleinere Autos wie der NSU Prinz oder der Opel Kadett konnten ihn mühelos ziehen. Was ihm an Größe fehlte, machte er durch Charme wett. Wer heute noch ein gut erhaltenes Schwalbennest findet, darf sich über hohe Sammlerpreise freuen.
Ebenfalls prägend für diese Zeit war der Dethleffs Beduin. Er war deutlich geräumiger und wurde schnell zum Synonym für deutsche Campingkultur. Schon damals bot er eine Küchenecke, Stauraum und bequeme Schlafplätze – Dinge, die viele als puren Luxus empfanden. Für Familien, die längere Urlaube am See oder an der Küste planten, war er ein echter Traumwagen.
Die 60er: Familien ziehen los
Die 60er-Jahre waren die Zeit, in der Camping endgültig zum Massenphänomen wurde. Ganz Deutschland packte die Reiselust. Autos wurden erschwinglicher, Straßen besser, und plötzlich wollten Millionen Menschen raus aus der Stadt, hin ans Meer oder in die Berge. Besonders Familien entdeckten den Caravan für sich. Er bot Platz, war flexibel und ließ sich mit vergleichsweise kleinen Wagen ziehen.
Ein Name, der untrennbar mit dieser Zeit verbunden ist, lautet Wilk Safari. Geräumig, solide gebaut und mit einem für damalige Verhältnisse ungewöhnlich komfortablen Grundriss ausgestattet, wurde er zum Favoriten für Italien-Urlaube. Viele Modelle hatten schon einen abgetrennten Schlafbereich und viel Stauraum. Familien nutzten ihn, um mit Kindern, Fahrrädern und reichlich Gepäck in Richtung Adria oder Kroatien aufzubrechen.

Knuffiger geht es kaum: das Knauf Schwalbennest.
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Während Anhänger immer beliebter wurden, wagte ein Hersteller den nächsten Schritt. 1961 brachte Hymer den Caravano auf den Markt, das erste vollwertige Wohnmobil der Marke. Erwin Hymer hatte die Vision, Auto und Wohnen in einem Fahrzeug zu vereinen. Der Caravano war damit der Beginn einer völlig neuen Fahrzeugklasse. Man musste keinen Wagen mehr ziehen, sondern hatte alles in einem. Küche, Schlafplätze und ein fester Aufbau machten das Reisen noch unkomplizierter. Für viele galt er als Inbegriff von Freiheit auf vier Rädern.
Parallel erlebte der VW Bulli seinen zweiten Frühling. Schon in den 50ern als Transporter erfolgreich, verwandelte ihn Westfalia mit cleveren Einbauten in ein richtiges Freizeitmobil. Klappbetten, Schränke, manchmal sogar kleine Küchen – alles passte in den T1 und später den T2. Der Bulli wurde damit endgültig zum Kult. Ob Hippies in Kalifornien oder junge Familien am Bodensee, überall sah man die bunten Busse. Zeitzeugen schwärmen noch heute: „Der VW mit Westfalia-Ausbau war das Zuhause für unterwegs.“
Auch in der DDR entstand eine lebendige Campingkultur. Zwar waren die Möglichkeiten begrenzter, aber das hinderte Menschen nicht am Reisen. Trabant und Wartburg zogen kleine Anhänger wie den „QEK Junior“. Er war leicht, praktisch und für viele das Tor in die Ferien. Oft wurde improvisiert – mit selbstgebauten Vorzelten oder umfunktionierten Möbeln. Doch gerade das machte den Charme aus. Wer heute einen QEK auf einem Oldtimertreffen sieht, spürt sofort die Nostalgie.

Noch einmal der VW Bulli T1 – diesmal auf einem Campingplatz mit Anbauzelt.
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Die 70er: Vom einfachen Wagen bis zur Luxusklasse
In den 70ern veränderte sich die Campingwelt deutlich. Während in den 50er- und 60er-Jahren vor allem Leichtigkeit und Erschwinglichkeit zählten, wuchs nun das Bedürfnis nach Komfort. Manche wollten den Urlaub auf Rädern fast wie im Hotel verbringen, andere blieben bodenständig und suchten nach praktischen Lösungen für die Familie.
Ganz oben in der Rangliste der rollenden Prestigeobjekte stand die Tabbert Baronesse. Schon der Name klang nach Adel, und wer mit ihr auf dem Campingplatz einfuhr, zog alle Blicke auf sich. Außen glänzten goldene Zierstreifen, innen warteten dunkle Hölzer, schwere Vorhänge und oft sogar Kristallgläser im Schrank. Die Baronesse war groß, schwer und teuer. Doch für viele war sie die Königin der Landstraße, ein Symbol für den Aufstieg der Mittelschicht. Sie verband das Freiheitsgefühl des Campens mit dem Komfort eines Hotelzimmers – eine Mischung, die damals als regelrechte Revolution galt.
Am anderen Ende der Skala bewegte sich der Bürstner Flipper. Weniger prunkvoll, dafür praktisch und erschwinglich. Mit cleverem Grundriss, Stauraum und Platz für bis zu vier Personen war er ideal für Familienurlaube. Besonders beliebt war seine Vielseitigkeit: Sitzgruppen, die sich in Betten verwandelten, und Stauraumlösungen, die den knappen Platz optimal nutzten. Der Name „Flipper“ sollte Leichtigkeit und Spaß ausstrahlen – genau wie die Ferien, die man mit ihm verbrachte.

Der Austermann Typ 1 war einer der ersten in Serie gebauten Kleinwohnwagen in Deutschland.
Foto: picture alliance/dpa | Revierfoto
Ein weiteres Erfolgsmodell dieser Dekade war der Knaus Südwind. Er brachte Größe und Solidität zusammen. Viele Modelle boten bereits Waschtische, große Panoramafenster und praktische Staumöglichkeiten. Mit ihm konnte man problemlos mehrere Wochen unterwegs sein – ob am dänischen Kattegat oder mitten in den Alpen. Dass der Südwind bis heute gebaut wird, zeigt, wie stark seine Basisidee war.
Nicht zu vergessen der Eifelland Holiday, der mit seiner hellen, freundlichen Einrichtung bei jungen Familien sehr beliebt war. Kunststoff prägte das Interieur, dazu kamen bunte, gemusterte Sitzbezüge. Wer einen Holiday betrat, spürte sofort: Hier sollte es unkompliziert und gemütlich zugehen. Es war ehrliches Camping, bodenständig und charmant – ohne Glanz und Gloria, dafür mit Herz.

Der Citroen HY78 erfreut sich nicht nur als Camper, sondern auch als Foodtruck großer Beliebtheit.
Foto: Smarterpix / ynos21
Die 80er: Klare Kanten und neue Marken
Die 80er-Jahre brachten nicht nur Schulterpolster und Neonfarben, sondern auch eine neue Camping-Ästhetik. Runde Formen wichen klaren Linien, Kunststoff und glatte Oberflächen hielten Einzug. Die Caravans wirkten technischer, moderner – und spiegelten den Zeitgeist wider.
Ein Vorreiter war der Hobby 440. Ende der 70er auf den Markt gebracht, zeigte er die Richtung für die 80er. Aerodynamisch geschwungene Außenlinien, große Fensterflächen und eine helle, moderne Inneneinrichtung prägten ihn. Orangefarbene oder blaue Polster sorgten für das typische 80er-Jahre-Flair. Der 440 war zuverlässig, bezahlbar und vermittelte ein neues Gefühl von Leichtigkeit. Innerhalb weniger Jahre stieg Hobby zu einem der beliebtesten Caravanhersteller Deutschlands auf.
Auch Bürstner stellte sich neu auf. Der Bürstner Club präsentierte sich kantig, aufgeräumt und funktional. Grau gerahmte Kunststofffenster und helle Holzdekore bestimmten das Bild. Die Innenaufteilung war clever durchdacht: Sitzgruppen ließen sich blitzschnell in Schlafplätze verwandeln, und pflegeleichte Oberflächen erleichterten den Alltag. Für viele Familien war der Club der Inbegriff von Zuverlässigkeit.

Wurde und wird sehr gerne zum Wohnmobil umgebaut: der Fiat Ducato.
Foto: Smarterpix / tupungato
Noch mehr Fernweh vermittelte der TEC Weltbummler. Der Name war Programm: Viele Camper fuhren mit ihm bis ans Mittelmeer, nach Skandinavien oder quer durch Osteuropa. Beige Außenhaut, farbige Zierstreifen, getönte Fenster – so sah die Reiselust der 80er aus. Innen bot der Weltbummler eine großzügige Sitzgruppe, viel Stauraum und oft schon eine kleine Nasszelle.
Parallel veränderte sich auch die Basis vieler Wohnmobile. Der 1981 vorgestellte Fiat Ducato wurde schnell zum wichtigsten Transporter für den Ausbau. Marken wie Pössl oder Hymer nutzten ihn, um Wohnmobile zu entwickeln, die den Standard bis heute prägen. Damit begann die Ära der Großserien-Mobile, die den Markt bis weit in die Gegenwart dominieren.
Warum Camping-Oldies heute begeistern
Heute sind viele dieser Modelle Oldtimer – und begehrte Sammlerstücke. Auf Oldtimer-Rallyes sieht man glänzende Airstreams, liebevoll restaurierte Eriba Pucks oder bunt lackierte Bullis. Aber es geht nicht nur um Nostalgie.
Viele Menschen verbinden persönliche Geschichten damit. Die erste Reise ans Meer, das erste Mal Schlafen im Hochdach, Regenabende mit Kartenspielen. Genau das macht die Faszination aus.
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