KBA gibt grünes Licht: Holon-Shuttle startet bundesweite Tests
Holon darf sein Level-4-Shuttle bundesweit testen. Hamburg startet den ersten Einsatz als Ergänzung zum ÖPNV mit autonomen Ridepooling-Fahrten.
Der erste autonome Kleinbus vom Typ Holon Urban vor der Elbphilharmonie in Hamburg – ab 2026 sollen Fahrgäste damit unterwegs sein.
Foto: Hochbahn
Das Kraftfahr-Bundesamt (KBA) hat sein Go gegeben: Das vollelektrische Shuttle „Holon Urban“ darf ab sofort in ganz Deutschland im autonomen Fahrmodus getestet werden. Holon versteht sein Shuttle nicht als Hightech-Spielerei, sondern als Baustein eines flexibleren Nahverkehrs. Das System übernimmt die Fahraufgabe komplett selbst. Eine Aufsichtsperson sitzt dennoch an Bord, um das Verhalten der Software zu beobachten und im Notfall einzugreifen. Entwicklungsingenieurinnen und -ingenieure begleiten die ersten Testreihen, sammeln Daten und verbessern das Zusammenspiel der Sensoren.
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Ein Shuttle, das ohne Fahrerin oder Fahrer auskommt
Der Holon Urban sieht nicht aus wie ein klassisches Fahrzeug. Fünf Meter Länge, viel Platz im Inneren und ein Design, das eher an eine mobile Lounge erinnert. Die Kabine bietet Raum für 15 Menschen – neun können sitzen, sechs stehen. Das Shuttle ist barrierefrei, elektrisch unterwegs und damit deutlich leiser als ein konventioneller Kleinbus.
Besonders auffällig: Es gibt kein Lenkrad. Keine Pedale. Keine Fahrerkabine. Gestaltet wurde das Fahrzeug vom italienischen Designstudio Pininfarina, das sonst Sportwagen wie Ferrari oder Alfa Romeo entwirft. Nun haben die Designer*innen ein Gefährt geschaffen, das fast schon wie ein Wohnzimmer auf Rädern wirkt, das sich selbst durch die Stadt navigiert.
Die Technik dafür steckt im Dach, in den Seitenpaneelen und unter dem Fahrzeugboden. Kameras, Radar und Lidar erzeugen ein dreidimensionales Bild der Umgebung. Ein Rechner wertet die Daten aus und entscheidet in Millisekunden, ob das Shuttle beschleunigt, bremst oder die Spur wechselt. Die Freigabe des KBA erlaubt Level-4-Betrieb: hochautomatisiertes Fahren in festgelegten Gebieten, weitgehend ohne menschliches Eingreifen.
Hamburg bleibt Testfeld Nummer 1
Deutschlandweit testen – aber zuerst in Hamburg fahren: Die Hansestadt bleibt das zentrale Versuchslabor für das Holon-Shuttle. Bereits im August traf dort das erste Fahrzeug ein. Die Hochbahn koordiniert das Projekt „ALIKE“, in dem mehrere Partner zusammenarbeiten: Holon, Moia, Volkswagen Nutzfahrzeuge, die Verkehrsbehörde sowie das Karlsruher Institut für Technologie.
Das Projekt läuft bis 2026 und wird mit 26 Millionen € vom Bundesverkehrsministerium gefördert. Hamburg gilt dabei als eine Art Schaufenster für den autonomen Nahverkehr – andere Städte beobachten genau, wie sich die Technologie in den Alltag einfügt.
Die ersten Teststrecken führen zwischen Elbe, Stadtpark und Wandsbek. Zunächst fahren die Shuttles mit viel menschlicher Begleitung an Bord. Schrittweise vergrößert sich der Anteil autonomer Fahrten, sobald die Technik zuverlässig arbeitet.
Damit das funktioniert, entsteht in Barmbek ein neuer Betriebshof: der AD Hub. Hier sollen die Shuttles geladen, gewartet und überwacht werden. Bis der Standort fertig ist, steht das erste Holon-Fahrzeug noch auf einem Hochbahn-Gelände in Hummelsbüttel.
Ridepooling statt Robotaxi
Viele verbinden autonomes Fahren mit dem Bild eines Robotaxis, das Sie direkt von Tür zu Tür bringt. Hamburg verfolgt jedoch einen anderen Ansatz. Das Holon-Shuttle soll Fahrgäste mit ähnlichem Ziel in einem Fahrzeug bündeln. Das Prinzip heißt Ridepooling. Eine Algorithmus-basierte Software fasst Routen zusammen, damit weniger Fahrzeuge unterwegs sind und die vorhandene Flotte effizienter arbeitet.
Der Ansatz liegt genau zwischen Linienbus und Taxi. Er ist flexibler als ein fester Fahrplan, aber gemeinschaftlicher als eine reine Einzelfahrt. Das könnte gerade in dicht bebauten Stadtgebieten helfen, den Verkehr zu entlasten und Wege zu verkürzen.
Holon-Technikchef Flavio Friesen beschreibt die Bedeutung der neuen Freigabe mit klaren Worten: „Die Genehmigung des KBA bereitet den Weg für autonome Transportlösungen in Deutschland und zeigt: Unser Fahrzeugsystem überzeugt sowohl technisch als auch regulatorisch.“
Schon im Sommer sagte er über die ersten Testfahrten in Hamburg: „Mit dem Einsatz unserer ersten Fahrzeuge auf Hamburgs Straßen haben wir einen weiteren großen Meilenstein für HOLON erreicht.“
Auch Hamburg sieht sich gut aufgestellt. Verkehrssenator Anjes Tjarks formulierte es so: „Hamburg ist in Europa Vorreiter für das autonome Fahren.“ Er hofft, dass flexible autonome Flotten Wege verkürzen und den ÖPNV attraktiver machen.
Was noch offen bleibt
So viel Bewegung derzeit auch in das Thema kommt – eine Frage lässt sich nicht durch eine einzelne Genehmigung lösen: Wie reagieren Menschen auf ein Fahrzeug, das komplett ohne Fahrerin oder Fahrer fährt? Vertrauen entsteht nicht durch Technik allein. Viele Fahrgäste müssen diese neue Art der Mobilität erst erleben.
Auch technisch bleibt einiges zu klären. Stadtverkehr ist chaotisch. Parkende Lieferwagen, spontane Spurwechsel, spielende Kinder – jede Stadt ist eine Bühne voller Überraschungen. Autonome Systeme lernen zwar dazu, aber der Alltag bleibt anspruchsvoll. Dazu kommen strenge Vorgaben: Jede neue Strecke braucht eine separate Freigabe. Der Weg in den Regelbetrieb wird also schrittweise erfolgen.
Holon denkt längst über Deutschland hinaus. In den USA kooperiert das Unternehmen mit Lyft. Millionen Menschen nutzen dort die App – ein potenziell großer Markt für autonome Ridepooling-Angebote. Ab 2026 sollen die Shuttles in mehreren amerikanischen Städten unterwegs sein, sowohl in großen Metropolen als auch in kleineren Gemeinden, die bisher kaum öffentlichen Verkehr bieten. (mit dpa)
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