ICE L offiziell vorgestellt: Das kann der barrierefreie Schnellzug
Der neue ICE L der Deutschen Bahn startet im Dezember 2025. Erstmals ist der Einstieg stufenlos – mehr Komfort, Flexibilität und Barrierefreiheit..
ICE L beim spanischen Hersteller Talgo. Wegen der breiteren Spurweite in Spanien wird der Zug auf Hilfsdrehgestellen transportiert.
Foto: Deutsche Bahn AG / Tobias Holzer
Die Deutsche Bahn hat ihren neuen Fernverkehrszug ICE L offiziell präsentiert. Das „L“ steht für „Low Floor“ – und beschreibt zugleich die wichtigste Neuerung: Der Zug kommt ohne Stufen aus. Damit soll das Reisen künftig bequemer, inklusiver und verlässlicher werden. Ab dem 14. Dezember 2025 wird der ICE L schrittweise in den Fahrplan aufgenommen – zunächst zwischen Berlin und Köln.
Inhaltsverzeichnis
- Barrierefreier Einstieg für alle
- Premiere mit Verspätung
- Zwischen Köln und Berlin geht’s los
- Technik aus Spanien – angepasst an deutsche Strecken
- Modularer Aufbau für flexible Einsätze
- Komplexer Weg zur Zulassung
- Komfort neu gedacht
- Familienfreundlich und digital vernetzt
- Für die Zukunft des Bahnverkehrs
Barrierefreier Einstieg für alle
Mit dem ICE L beginnt für die Bahn ein neues Kapitel im Fernverkehr. Zum ersten Mal können Fahrgäste ohne Hublift oder Rampe in einen Hochgeschwindigkeitszug einsteigen – vorausgesetzt, der Bahnsteig ist 760 Millimeter hoch. Die Einstiegshöhe des Zuges ist exakt darauf abgestimmt. Menschen mit Rollstuhl, Familien mit Kinderwagen oder Reisende mit schwerem Gepäck profitieren davon gleichermaßen.
„Dieser Zug ist für alle Fahrgäste leichter zugänglich – egal ob mit oder ohne Mobilitätseinschränkung“, betont die Deutsche Bahn. Möglich macht das ein durchgängiger, nahezu ebener Innenboden. Auch Fahrräder lassen sich einfacher mitnehmen – acht Stellplätze sind fest eingeplant.
Premiere mit Verspätung
Eigentlich hätte der ICE L schon 2024 starten sollen. Doch Lieferengpässe und ein aufwendiges Zulassungsverfahren verzögerten das Projekt um rund ein Jahr. Die Vorstellung am 17. Oktober 2025 im Berliner Ostbahnhof markiert nun den offiziellen Startschuss.
Bahnchefin Evelyn Palla sprach bei der Präsentation von einem Meilenstein:
„Wir wollen nicht nur befördern, wir wollen insbesondere begeistern.“ Ihr Ziel sei, Komfort und Zuverlässigkeit sichtbar zu verbessern.
Auch Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) würdigte die neue Zuggeneration: „Der Kunde müsse auf der Schiene wieder König sein. Wer modernisiert, verbessert nicht nur die Technik, sondern gleichzeitig das Reiseerlebnis für Millionen Menschen.“
Zwischen Köln und Berlin geht’s los
Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2025 wird der ICE L zunächst auf der Strecke Berlin–Köln verkehren. Nach und nach folgen weitere Linien. Ab Mai 2026 ist der Einsatz zwischen Berlin, Hamburg und Westerland geplant, im Sommer auch im Allgäu. Langfristig sollen die Züge bis nach Österreich und in die Niederlande rollen.
Insgesamt hat die Deutsche Bahn 79 Züge beim spanischen Hersteller Talgo bestellt. Sie gehören zur Plattform Talgo 230, die speziell für den europäischen Fernverkehr konzipiert wurde.
Technik aus Spanien – angepasst an deutsche Strecken
Der ICE L unterscheidet sich grundlegend von bisherigen ICE-Baureihen. Statt fester Triebzüge setzt die Bahn auf ein lokomotivbespanntes Konzept. Eine Lok zieht oder schiebt den Wagenzug – ähnlich wie bei klassischen Intercitys.
Talgo nutzt dabei ein besonderes Laufwerkssystem: Zwischen den Wagen befinden sich einachsige Laufwerksportale statt durchgehender Drehgestelle. Das spart Gewicht und ermöglicht einen fast durchgehend ebenen Wagenboden. Ein kompletter Zug besteht aus 17 Wagen und ist rund 236 Meter lang.
Die Züge erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h. Das ist weniger als bei den ICE 3 oder ICE 4, die bis zu 300 km/h schaffen. Dafür beschleunigt der ICE L kräftiger und bremst stärker – ein Vorteil auf Strecken mit vielen Halten.

Blick in die 1. Klasse des neuen ICE L.
Foto: Deutsche Bahn AG / Tobias Holzer
Modularer Aufbau für flexible Einsätze
Die Züge sind modular aufgebaut. Das bedeutet: Die Bahn kann die Länge je nach Nachfrage anpassen – zwischen neun und 21 Wagen. Auch der Einsatz unterschiedlicher Lokomotiven ist möglich, etwa Dual-Mode-Loks für nicht elektrifizierte Abschnitte.
Diese Flexibilität soll den Betrieb wirtschaftlicher machen. Statt Züge ungenutzt stehen zu lassen, kann die Bahn sie auf verschiedenen Strecken einsetzen. Das reduziert Standzeiten und Wartungskosten.
Komplexer Weg zur Zulassung
Bis zur Einsatzfreigabe war es ein weiter Weg. Die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) und das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) prüften jedes Detail – von der Bremsleistung bis zur elektromagnetischen Verträglichkeit. Talgo arbeitete dabei eng mit TÜV SÜD Rail zusammen.
Erst im Sommer 2025 kam das entscheidende Signal: Die Typgenehmigung für den Einsatz in Deutschland wurde erteilt. Noch dürfen die Steuerwagen allerdings nicht an der Spitze des Zuges fahren – das ist die letzte offene Hürde.
Komfort neu gedacht
Auch im Innenraum unterscheidet sich der ICE L deutlich von seinen Vorgängern. Mehr als 1600 Testpersonen bewerteten verschiedene Sitzkonzepte. Das Ergebnis: Sitze mit verbesserter Ergonomie, größeren Klapptischen und integrierten Halterungen für Smartphones und Tablets.
Das Licht passt sich automatisch der Tageszeit an. Morgens hell und aktivierend, abends gedimmt und warm – ein System, das für eine angenehmere Atmosphäre sorgen soll. Materialien und Farben orientieren sich am Design moderner Wohnräume.
Der ICE L bietet 562 Sitzplätze, davon 85 in der 1. Klasse. Drei Rollstuhlplätze, ein Familienbereich mit 46 Plätzen sowie ein Kleinkindabteil mit Spielfläche gehören zur Standardausstattung.
Familienfreundlich und digital vernetzt
Für Familien soll der neue Zug besonders attraktiv sein. Nach Angaben der Bahn bietet der ICE L den größten Familienbereich der gesamten ICE-Flotte. Farbige LED-Leuchten zeigen an, ob ein Platz reserviert ist, und jede Sitzreihe verfügt über Steckdosen.
WLAN und das ICE-Portal mit Filmen, Spielen und Echtzeit-Fahrgastinformationen sind selbstverständlich. Neu ist der bessere Mobilfunkempfang: Dank spezieller mobilfunkdurchlässiger Fensterscheiben können Signale direkt ins Wageninnere gelangen. Aufwendige Verstärkeranlagen werden überflüssig.
Für die Zukunft des Bahnverkehrs
Der ICE L ist Teil einer größeren Strategie. Die Deutsche Bahn will ihre Fernverkehrsflotte verjüngen. Das Durchschnittsalter der ICE-Züge liegt derzeit bei 17 Jahren. Bis 2030 soll es auf 15 Jahre sinken.
„Neue Züge bedeuten weniger Wartung und weniger Störanfälligkeit – und das sind gute Nachrichten für die Fahrgäste“, sagte Michael Peterson, Vorstand DB Personenfernverkehr. (mit dpa)
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