Hyundai mit 800-Volt-Batterie und deutschem Entwicklungschef
Hyundai bringt 2026 sein größtes E-Auto mit 800-Volt-Technik. Parallel übernimmt Manfred Harrer die globale Entwicklungsleitung.
Hyundai erweitert seine EV-Palette nach oben und setzt mit Manfred Harrer auf deutsche Entwicklungskompetenz.
Foto: picture alliance / NurPhoto | Firdous Nazir
Hyundai nutzt den Brüsseler Autosalon im Januar 2026 als Bühne für einen strategischen Doppelschritt. Der Konzern zeigt dort sein bislang größtes Elektrofahrzeug und kündigt zugleich einen tiefgreifenden Umbau seiner Entwicklungsorganisation an.
Im Mittelpunkt steht ein neues batterieelektrisches Modell mit 800-Volt-Technik. Es soll 2026 in den Markt kommen und die bestehende EV-Palette nach oben erweitern. Parallel dazu rückt ab 1. Januar mit Manfred Harrer ein deutscher Ingenieur an die Spitze der globalen Forschung und Entwicklung. Hyundai koppelt damit Produktstrategie und Organisation enger als zuvor.
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Großes Elektroauto als Lückenfüller nach oben
Hyundai bestätigt, dass das neue Modell mit einem 800-Volt-Ladesystem ausgestattet ist. Diese Architektur erlaubt hohe Ladeleistungen, kurze Standzeiten und geringere thermische Belastung der Komponenten. Für große Fahrzeuge ist das kein Luxus, sondern Voraussetzung. Hohe Masse und große Batterien treiben sonst Ladezeiten und Kosten nach oben.
Bisher reicht Hyundais Elektroangebot in Europa vom kompakten Einstiegsmodell bis zum dreireihigen Ioniq 9. Mit mehr als fünf Metern Länge kratzt dieser bereits an der Grenze dessen, was auf europäischen Straßen noch als alltagstauglich gilt. Das kommende Modell setzt darüber an. Es ersetzt nichts, sondern ergänzt.
Ein zentrales Indiz liefert ein Teaserbild. Zu sehen ist eine durchgehende LED-Lichtleiste über die gesamte Fahrzeugbreite. Solche Signaturen nutzt Hyundai gezielt zur Abgrenzung seiner Elektromodelle. Frühere Berichte deuten darauf hin, dass es sich um eine vollelektrische Variante des Staria handeln könnte.
Staria als Elektroversion: plausibel, aber anspruchsvoll
Der Staria ist kein Nischenprodukt. Seit 2021 verkauft Hyundai den großvolumigen People Mover mit Benzin-, Diesel- und Hybridantrieb. Mit 5,25 m Länge liegt er klar über dem Ioniq 9. Genau das macht ihn für eine Elektrifizierung interessant – und technisch anspruchsvoll.
Ein elektrischer Staria würde Hyundai Zugang zu einem Segment verschaffen, das bislang kaum besetzt ist: große, vollelektrische Vans für Shuttle-Dienste, Familien und Flotten. Europa gilt dabei als Schlüsselmarkt. Interne Prognosen gehen von bis zu 20.000 Einheiten pro Jahr weltweit aus, mit Schwerpunkt in der EU.
Die Herausforderung liegt im Detail. Aerodynamik, Gewicht und Reichweite stehen in direktem Konflikt. Ohne 800-Volt-Technik wäre ein solches Fahrzeug kaum wettbewerbsfähig. Hyundai setzt hier sichtbar auf Skaleneffekte aus der bestehenden EV-Plattformstrategie.
Europa bleibt Fokus – trotz politischer Unsicherheit
Die Markteinführung fällt in eine Phase regulatorischer Unschärfe. In Brüssel wird über eine mögliche Aufweichung des geplanten Verbrenner-Aus ab 2035 diskutiert. Hyundai reagiert darauf nicht mit Zurückhaltung, sondern mit Investitionen.
Das ist kein Zufall. Europa dient dem Konzern als Testfeld für anspruchsvolle Emissionsziele, hohe Kundenerwartungen und dichte Ladeinfrastruktur. Wer hier besteht, kann global skalieren. Das neue Modell passt exakt in dieses Bild.
Wasserstoff bleibt zweite Säule
Parallel zur Batterie-Offensive treibt Hyundai seine Wasserstoffstrategie weiter. Auf der Seoul Mobility Show 2025 zeigte der Konzern die nächste Generation des NEXO. Das Brennstoffzellenfahrzeug bleibt bewusst im Portfolio – trotz schwacher Verkaufszahlen in Europa.
Technisch wurde der NEXO deutlich überarbeitet. Das Brennstoffzellensystem leistet nun 110 kW, ein Plus von 16 %. Der Elektromotor liefert 150 kW und 350 Nm. Damit beschleunigt das Fahrzeug in 7,8 s auf 100 km/h. Die Batterie wurde auf 80 kW Leistung und 2,64 kWh Kapazität ausgelegt. Sie puffert Lastspitzen und erhöht die Systemeffizienz.
Entscheidend ist jedoch die Wasserstoffspeicherung. Drei Tanks fassen zusammen 6,69 kg bei einem Volumen von 162,6 l. Das reicht nach koreanischem Testzyklus für über 700 km. Das Tanken dauert rund fünf Minuten. Hyundai hält damit ein Alleinstellungsmerkmal hoch, das batterieelektrische Fahrzeuge nicht bieten können.
Das Unternehmen betont, man setze weiterhin auf einen technologieoffenen Ansatz. Batterie, Hybrid und Brennstoffzelle sollen parallel entwickelt werden. Das erhöht die Komplexität, reduziert aber strategische Abhängigkeiten.
Deutscher Ingenieur an der Spitze der Entwicklung
Der zweite große Schritt ist organisatorisch. Zum 1. Januar 2026 übernimmt Manfred Harrer die Position des Präsidenten und Leiters der Forschung und Entwicklung der Hyundai Motor Group.
Harrer kommt aus der klassischen deutschen Automobilentwicklung. Stationen bei Audi, BMW und Porsche prägen seinen Lebenslauf. Bei Porsche galt er über Jahre als einer der führenden Fahrwerksentwickler. Danach folgte ein kurzer Abstecher zu Apple, wo er am eingestellten E-Auto-Projekt „Titan“ arbeitete.
Seit 2024 ist Harrer bei Hyundai. Zunächst verantwortete er die Gesamtfahrzeugentwicklung der drei Pkw-Marken. Nun erweitert sich sein Aufgabenfeld massiv. Er steuert künftig nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Plattformen, Softwarearchitekturen und Grundlagenforschung.
Hyundai beschreibt das Ziel folgendermaßen: Man wolle den Wandel zu einem softwaregesteuerten Mobilitätskonzern beschleunigen. Harrer soll die Verzahnung von Hard- und Software vorantreiben und Entwicklungsprojekte der nächsten Generation bündeln. Wörtlich heißt es, er habe bereits die „Verbesserung der Kernleistung von Fahrzeugen maßgeblich vorangetrieben“.
Kontinuität mit deutscher Handschrift
Harrer ist nicht der erste Deutsche in dieser Rolle. Bereits 2018 übernahm Albert Biermann die Leitung der Entwicklung. Der frühere BMW-Ingenieur prägte insbesondere die sportlichen N-Modelle. Ende 2021 zog er sich in eine Beraterrolle zurück.
Mit Harrer setzt Hyundai diese Linie fort. Der Konzern signalisiert damit, dass Fahrdynamik, Systemintegration und Entwicklungsdisziplin weiterhin hohe Priorität haben – auch im Zeitalter softwaredefinierter Fahrzeuge.
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