Verkehr 13.05.2025, 15:00 Uhr

Ford in Köln: Erster Streik in fast 100 Jahren

Ford hat in Köln voll auf die E-Mobilität gesetzt. Weil die Autos sich schlecht verkaufen, müssen nun Mitarbeiter gehen. Die IG Metall hat zum Streik aufgerufen.

Am 14. 5. stehen die Bänder bei Ford in Köln still. Die Belegschaft wehrt sich gegen den geplanten Stellenabbau. Foto: picture alliance/dpa/Henning Kaiser

Am 14. 5. stehen die Bänder bei Ford in Köln still. Die Belegschaft wehrt sich gegen den geplanten Stellenabbau.

Foto: picture alliance/dpa/Henning Kaiser

Es ist ein weiterer Tiefschlag für die Automobilindustrie am Standort Deutschland: Ford plant, im Rahmen eines europäischen Gesamtplans insgesamt 4000 Stellen abzubauen, 2900 davon bis Ende 2027 allein in Deutschland. Am härtesten soll es das Kölner Stammwerk treffen. Die IG Metall reagiert auf die Pläne mit der Ankündigung von Streiks von Mittwoch, 14. Mai, morgens bis zum Ende der Nachtschicht am Donnerstagmorgen, 15. Mai.

Was plant der US-amerikanische Mutterkonzern für Ford in Europa?

Die Ankündigung, in Deutschland 2900 Stellen bis zum Jahresende abzubauen, ist nicht neu. Sie erfolgte bereits im November 2024. Mit dem Stellenabbau sollen Kosten im defizitären Geschäft eingespart werden. Nach der Ankündigung kam zunächst ein positives Signal vom amerikanischen Mutterkonzern, der Ford Motor Company: Am 10. März gab sie in einer Pressemitteilung bekannt: „Um die Transformation seines Europageschäfts zu unterstützen und dessen Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu steigern, stellt die Ford Motor Company neues Kapital sowie Mittel für einen umfassenden Businessplan der deutschen Tochtergesellschaft, Ford-Werke GmbH, zur Verfügung.“ Allerdings soll einem Bericht der Tagesschau zufolge künftig kein Insolvenzschutz mehr garantiert werden. Schon in den vergangenen Jahren gab es in mehreren Ländern Stellenstreichungen und Standortschließungen bei Ford. In Deutschland soll die Automobilproduktion in Saarlouis im November 2025 eingestellt werden. Bereits Mitte 2024 wurde nach fast 30 Jahren das Ford-Forschungszentrum in Aachen geschlossen. Die Möglichkeiten der Einflussnahme seitens des deutschen Managements der Ford-Werke GmbH auf Entscheidungen der US-Konzernmuttergesellschaft sind begrenzt.

Erst Warnstreiks, jetzt Streik

Nach den Ankündigungen vom November 2024 brachten die Verhandlungen zum geplanten Personalabbau mit dem Betriebsrat kaum eine Annäherung. Bereits im März und April gab es Warnstreiks, zuvor hatte es phasenweise Kurzarbeit gegeben. In der vergangenen Woche führte die IG Metall dann eine Urabstimmung bei den Ford-Werken durch. Das Ergebnis: 93,5 % der bei Ford tätigen IG-Metall-Mitglieder erklärten sich in der Befragung bereit für Streiks, um den Druck auf das Management zu erhöhen und ihre Forderungen durchzusetzen. „Es ist Zeit für den Arbeitgeber, sich zu bewegen und eine Gesamtlösung für die Belegschaft in Köln hinzubekommen“, erklärte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Ford Deutschland, Benjamin Gruschka, in einem Bericht der Tagesschau. Gestreikt werden soll an beiden Kölner Standorten, Niehl und Merkenich, von Mittwochmorgen, 14. Mai, bis zum Ende der Nachtschicht am Donnerstagmorgen, 15. Mai. Wie der Westdeutsche Rundfunk berichtet, erwartet die IG Metall breite Unterstützung, denn rund 80 % der Beschäftigten sind Gewerkschaftsmitglieder. Die IG Metall fordert einen Sozialtarifvertrag, der sowohl hohe Abfindungen als auch finanzielle Sicherheiten für die Belegschaft im Fall einer Insolvenz vorsehen soll.

Der aktuelle Streik ist nach Angaben des Westdeutschen Rundfunk der erste „offizielle“ Streik in den Kölner Ford-Werken. 1973 hatte es bereits einen „wilden“ Streik ohne die Unterstützung der IG Metall durch überwiegend türkische Beschäftigte gegeben, der letztlich gewaltsam von der Polizei beendet wurde.

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Warum fährt Ford in Deutschland Verluste ein?

Das europäische Autogeschäft bringt dem US-amerikanischen Mutterkonzern seit Längerem Verluste. Stark ist der US-Konzern demnach grundsätzlich in den Segmenten Pick-ups und Nutzfahrzeuge. Darüber hinaus war aber zum Beispiel auch der in Köln produzierte Kleinwagen Ford Fiesta lange ein Verkaufserfolg. Er blieb es allerdings nicht. 2023 wurde die Produktion eingestellt. Keine Frage: Auch bei der Krise der deutschen Ford GmbH spielen die hinlänglich beklagten Faktoren wie bürokratische Hürden, hohe Energiepreise und der Fachkräftemangel sowie die zunehmende Unsicherheit an den globalen Märkten eine Rolle. Experten sehen aber auch darüber hinaus konkrete Ursachen für das defizitäre Geschäft: Zum einen wird die geringe Wertschöpfungstiefe angeführt. Wichtige Bauteile werden bei Volkswagen gekauft. Zum anderen sei es Ford nicht überzeugend gelungen, das jahrzehntelange Günstigpreis-Image, das bei Verbrennerkleinwagen bestand, in ein höherpreisiges Image bei den aktuellen Modellen zu wandeln. Entscheidend für die aktuelle Misere dürfte aber vor allem das dramatisch schwächelnde Geschäft mit den E-Autos sein.

Die E-Autos kommen nicht in Fahrt

Die Ford-Werke Köln haben vor zwei Jahren komplett auf den Bau von Elektroautos umgestellt – doch ohne Erfolg: Die Modelle verkaufen sich schlecht, bei der Produktion entstehen hohe Verluste. Nach behördlichen Angaben soll der Anteil der Ford-Modelle an neu zugelassenen Autos in Deutschland 2024 lediglich bei 3,5 % liegen – gegenüber 5 % in 2022. Selbst die vom Mutterkonzern angekündigten mehreren Hundert Millionen Euro für weitere Investitionen in einem Zeitraum von vier Jahren dürften nach Meinung von Branchenexperten nicht reichen, um die E-Autos von Ford in Schwung zu bringen.

Problematische Fahrt in die Zukunft

„Die Lage ist schlecht und die Perspektive noch schlechter“, wird der Direktor des Bochumer Autoinstituts CAR, Ferdinand Dudenhöffer, zitiert. Die Gründe: „Ford ist im Pkw-Bereich zu klein, als dass es in Europa ertragreich arbeiten könnte. Das ist jetzt so und das wird sehr wahrscheinlich auch künftig so sein.“ Von Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM), ist ebenfalls eine pessimistische Aussage zu lesen: Er betont, dass Ford zu spät und nur mit halber Kraft auf das Thema E-Mobilität gesetzt habe, was sich nun räche: „Chinesische Anbieter drängen auf den Markt und erhöhen den Wettbewerbsdruck deutlich.“ Alles in allem habe Ford mit seinem Pkw-Geschäft „eine Riesenaufgabe“ vor sich, so Bratzel.

Das Stammwerk von Ford in Köln

Die traditionsreiche Geschichte der deutschen Ford-Tochter ist untrennbar mit dem Standort im nördlichen Stadtteil Köln-Niehl verbunden.

  • 1929 unterschrieb der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer den Vertrag für die Errichtung des Ford-Werkes in Köln-Niehl.
  • 1930 wurde der Unternehmenssitz von Ford aus Berlin nach Köln verlegt. An der Grundsteinlegung nahm Henry Ford teil.
  • Unter dem Namen „Ford Rheinland“ wurde 1932 in Köln der Ford B gefertigt.
  • Im Zweiten Weltkrieg wurde auf Druck der nationalsozialistischen Regierung die Herstellung privater Automobile eingestellt; es wurden Fahrzeuge für die Wehrmacht produziert.
  • Nach Kriegsende dauerte es einige Jahre, bis die Produktion von Pkw in deutschen Unternehmen wieder aufgenommen werden durfte. Ford produzierte ab November 1948 wieder das Vorkriegsmodell des „Buckeltaunus“ und als erste Neukonstruktion 1952 den „Weltkugeltaunus“ (Taunus 12M).
  • 1958 hatte Ford in Köln 10.000 Beschäftigte, und es wurden 128.000 Fahrzeuge produziert.
  • 1965 wurden mehr als 500.000 Fahrzeuge produziert, und im benachbarten Stadtteil Köln-Merkenich eröffnete Ford ein Forschungszentrum.
  • 1998 ist Köln-Niehl auch Sitz von Ford of Europe.
  • 2004 entstand die Ford-Werke GmbH in ihrer heutigen Rechtsform.
  • 2009 waren am Kölner Standort mehr als 17.000 Menschen, am zweiten Standort in Saarlouis 6500 Menschen beschäftigt.
  • 2025 ist das Kölner Stammwerk mit seiner verlustreichen Produktion von E-Autos am stärksten von geplanten Stellenstreichungen betroffen – und zum Symbol für die Ford-Krise in Deutschland geworden.

Ein Beitrag von:

  • Barbara Willms

    Barbara Willms

    Barbara Willms ist diplomierte Volkswirtin soz-.wiss. und hat als freie Autorin im In- und Ausland in den Bereichen Print, Hörfunk, TV und Online gearbeitet. Sie schreibt über Immobilien-, Versicherungs- und Verbraucherthemen sowie über berufsbezogene Themen mit psychologischem Hintergrund. Daneben arbeitet Barbara Willms als PR-Beraterin (blackdog-media.de), als Kabarettistin (frauwillms.de) und bildende Künstlerin (gunhillpictures.de).

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