Ferienflieger aus Korfu 17.08.2025, 20:35 Uhr

Flammen im Turbofan: Condor-Flug von Korfu endet in Brindisi

Stichflammen im Triebwerk: Eine Condor-Boeing musste auf dem Weg nach Düsseldorf in Brindisi notlanden. Was passiert ist.

Boeing 757 von Condor

Eine Boeing 757 von Condor startet von Düsseldorf. Solch eine Maschine musste in Brindisi notlanden, weil Flammen aus dem Triebwerk kamen.

Foto: picture alliance / Jochen Tack | Jochen Tack

Ein Routineflug von Korfu nach Düsseldorf verwandelte sich am Samstagabend für 273 Passagiere in eine Nervenprobe. Eine Boeing 757 von Condor musste außerplanmäßig im süditalienischen Brindisi landen, nachdem im rechten Triebwerk Stichflammen sichtbar wurden.

Flammen am Triebwerk – und plötzlich Stille im Flugzeug

Kurz nach dem Start bemerkten Fluggäste, dass etwas nicht stimmte. Videos aus der Kabine zeigen, wie Flammen im Sekundentakt aus dem Triebwerk schlagen. „Wir waren schon in der Luft und dann ging es eben los, dass man ein ganz lautes Geknatter gehört hat“, schildert Passagierin Leah Steininger.

Eine Mutter berichtet der „Bild“: „Es war eine unfassbar schlimme Erfahrung. Ich habe schon Abschieds-SMS verschickt, weil ich dachte, jetzt ist es vorbei.“ Viele Reisende sprachen später von einem Moment, in dem die Gespräche verstummten und nur das Knallen des Triebwerks zu hören war.

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Entscheidung im Cockpit

Im Cockpit meldete ein Instrument eine Abweichung im Luftstrom des Triebwerks. Solche Anzeigen sind Warnsysteme, die Abweichungen von normalen Betriebsparametern sofort sichtbar machen. Der Pilot entschied, den Kurs zu ändern und über die Adria nach Brindisi zu fliegen.

Nach rund 40 Minuten in der Luft setzte die Maschine sicher zur Landung an. Verletzte gab es nicht.

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Kein Brand, aber ungewöhnlicher Verbrennungsprozess

Condor betont, dass es nicht zu einem Triebwerksbrand gekommen sei. Eine Sprecherin erklärte: „Es handelte sich hier um eine chemische Reaktion am Triebwerk, die normalerweise in der Brennkammer des Triebwerks stattfindet, durch den gestörten Luftstrom allerdings in diesem Fall außerhalb wahrnehmbar war.“

Angst an Bord – aber professionelle Crew

Viele Passagiere erlebten den Vorfall als beängstigend. „Wir hörten plötzlich einen lauten Knall, dann schossen Flammen aus dem Triebwerk“, sagt ein Mitreisender. Ein anderer ergänzt: „Es war total beängstigend. Im ganzen Flugzeug wurde es plötzlich still.“

Trotz der Situation habe die Crew Ruhe bewahrt. Der Pilot informierte die Fluggäste regelmäßig und versuchte, die Aufregung zu nehmen. Fachleute betonen, dass moderne Flugzeuge so ausgelegt sind, dass sie auch mit nur einem funktionierenden Triebwerk sicher fliegen und landen können.

Nacht in Brindisi – Ersatzflugzeug am Morgen

Nach der Landung in Brindisi warteten neue Probleme: Für die hunderten Passagiere standen nicht genug Hotelzimmer bereit. Einige mussten die Nacht im Terminal verbringen, ausgestattet mit Decken und Versorgungsgutscheinen. Am nächsten Vormittag stellte Condor ein Ersatzflugzeug bereit, das die meisten Reisenden nach Düsseldorf brachte.

Nicht alle wollten allerdings wieder ins Flugzeug steigen. Eine Mutter und ihre Tochter, die die Flammen aus nächster Nähe gesehen hatten, entschieden sich, den Heimweg per Bus anzutreten.

Technischer Hintergrund

Ein Turbofan-Triebwerk wie das der Boeing 757 arbeitet nach einem einfachen Prinzip: Vorne wird Luft angesaugt und durch mehrere Verdichterstufen stark komprimiert. Ein Teil dieser Luft gelangt in die Brennkammer, wo er mit Kerosin vermischt und gezündet wird. Der heiße Gasstrom treibt die Turbine an und erzeugt den Schub.

Normalerweise bleibt der Verbrennungsprozess vollständig innerhalb der Brennkammer. Kommt es jedoch zu Störungen im Luftstrom, entstehen ungleichmäßige Druckverhältnisse. Die Flamme kann sich dann nach außen „durchschlagen“ – sichtbar als Stichflamme.

Ingenieur*innen sprechen in solchen Fällen auch von „Engine Surge“ oder „Compressor Stall“. Dabei strömt Luft nicht mehr gleichmäßig durch die Verdichterstufen, sondern teilweise zurück. Das führt zu hörbaren Knallen, Vibrationen und kurzzeitigem Leistungsverlust.

Technische Untersuchung läuft

Die Boeing 757 wird in Brindisi untersucht. Der genaue Auslöser der Luftstromstörung ist noch nicht bekannt. Fachleute halten mehrere Ursachen für denkbar:

  • Fremdkörper im Ansaugtrakt, die den Luftfluss stören,
  • ungleichmäßige Treibstoffzufuhr,
  • oder ein Defekt in der Sensorik, die die Gemischbildung steuert.

Triebwerke sind so konstruiert, dass sie solche Situationen kurzzeitig verkraften. Doch jeder „Compressor Stall“ belastet Bauteile und muss genau untersucht werden. Besonders betroffen sind die Verdichterschaufeln, die bei Rückströmungen extremen Kräften ausgesetzt sind.

Warum Flammen kein Einzelfall sind

Sichtbare Flammen am Triebwerk wirken für Passagiere dramatisch, sind aber kein seltenes Phänomen. Start und Steigflug belasten das Triebwerk besonders, da dort maximale Schubleistung gefordert ist. Kommt es zu Instabilitäten, zeigen sich Flammen oder Knallgeräusche – ähnlich wie Fehlzündungen in einem Auto, nur deutlich stärker.

Ein Vergleich hilft: Bei einem Verbrennungsmotor im Auto führt ein falsches Luft-Kraftstoff-Gemisch ebenfalls zu unvollständiger Verbrennung und Knallen aus dem Auspuff. Im Flugzeugtriebwerk geschieht das Gleiche – nur unter wesentlich höheren Temperaturen und Drücken.

(mit dpa)

 

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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