Geiger Engineering 09.09.2025, 07:00 Uhr

Elektroantriebe für Ultraleichtflugzeuge

Im fränkischen Seigendorf entwickelt Geiger Engineering komplette elektrische Antriebe für einen speziellen Markt: für Ultraleicht-Flugzeuge, Segelflugzeuge, Gleitschirme und Luftschiffe.

Messestand von Geiger Engineering

Messestand von Geiger Engineering auf der Aero 2025 in Friedrichshafen.

Foto: Geiger Engineering

Irgendwann hatte Joachim Geiger keine Lust mehr. Der Hobbypilot ärgerte sich immer häufiger über die Begleitumstände des Motorfluges, also Lärm, Vibrationen, Emissionen. All das habe ihm den Spaß am Fliegen zunehmend genommen. Die Lösung: elektrische Antriebe. Geiger ist Elektroingenieur, entwickelte lange Jahre industrielle Antriebssysteme und gründete 2006 sein eigenes Unternehmen, die Geiger Engineering GmbH.

Lag der Schwerpunkt zunächst auf den industriellen Anwendungen, so wuchs das Geschäft mit den Flugzeugantrieben kontinuierlich. „Inzwischen hat sich das Verhältnis umgekehrt, die Flugmotoren machen aktuell 70 % unseres Umsatzes aus“, sagt Joachim Geiger im sympathisch fränkischen Dialekt. Wobei es um viel mehr geht als nur um den Motor.

Zuerst versuchte Geiger, mit zugekauften Komponenten ein fußstartfähiges Ultraleicht-Flugzeug zu elektrifizieren. „Das hat auch funktioniert, aber das Ergebnis war nicht zufriedenstellend.“ Das Problem: Komponenten aus der industriellen Antriebstechnik waren zu schwer und solche aus dem Modellbau boten zu wenig Leistung. „Es war schnell klar, dass es am Markt nichts gibt, was passt, und wir alles selbst entwickeln müssen.“ Will heißen: den kompletten Antriebsstrang aus Motor, Controller, Interface-System, Akkus, Ladegerät und Propeller.

Konzentration auf die Entwicklung

Drei Aspekte hebt Geiger hervor: erstens die Effizienz durch die exakte Abstimmung des Systems. Zweitens: Die Kunden von Geiger bekommen ein fertiges, einbaubares „Plug-and-Play“-System. Und drittens: Geiger ist flexibler sowie resilienter. „Sobald man eine Standardkomponente zukauft, ist man vom Zulieferer abhängig“, erklärt Geiger die strategische Entscheidung. Ändert dieser Hersteller irgendeine Spezifikation, dann müsse man alles wieder anpassen. Und das erst recht, wenn Kunden nach Jahren Ersatz für defekte Komponenten benötigen. „Wir wollen unseren Kunden aber nachhaltige Lösungen anbieten“, so Geiger. Also konzipiert er mit seinem kleinen Team alles selbst, produziert wird bei einem Dutzend Partnerfirmen in ganz Deutschland. „Wir konzentrieren uns auf die Fertigungssteuerung und die Entwicklung.“ Fast drei Viertel der Manpower können so in die Entwicklung fließen.

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800 Antriebssysteme sind aktuell im Einsatz, verteilt auf 85 verschiedene Lösungen – denn jedes Fluggerät ist anders. Allein in diesem Jahr werden wohl 150 weitere Antriebe aufsteigen. Zu den Kunden Geigers gehören beispielsweise Ultraleicht-Hersteller wie Elektra Solar mit der zweisitzigen Elektra Trainer, aber auch Multirotor-Geräte wie die Rettungsdrohne Grille von Avilus und das Kippflügel-Projekt von Dufour Aero.

Warum Geiger in ein EMV-Gutachten investierte

Als Geiger seine Systeme 2014 erstmals auf der Messe Aero präsentierte, fiel er kaum auf. „Das interessierte nur wenige Besucher, weil die Flugzeiten gerade mal 20 min Minuten betrugen“. Aber Jahr für Jahr stieg dieser Wert. „2017 dann konnten wir eine Stunde in der Luft bleiben. Ab da wurden wir nicht mehr belächelt, sondern eher angefeindet. Die Verbrennerbranche ist damals aufgewacht.“

Joachim Geiger hat sein Unternehmen im Jahr 2006 gegründet.

Foto: Geiger engineering

„Als Siemens dann 2018 in den Markt einstieg, war das ein wichtiges Zeichen, auch für uns“, sagt Geiger. Damals wurde noch kolportiert, dass E-Antriebe gefährlich seien, beispielsweise für Menschen mit Herzschrittmachern. Also investierte Geiger in ein 60.000 € schweres Gutachten, das die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) der Systeme bestätigte und das zweifelnde Luftfahrtbundesamt zufriedenstellte. „Dabei kam heraus, dass elektrische Antriebe weit harmloser sind als Verbrennungsmotoren mit ihren Zündanlagen.“ Geiger-Systeme bieten einen weiteren, vor allem für Entwickler wichtigen Benefit: Die Betriebsdaten der Antriebe lassen sich gezielt auslesen und per Software auswerten. „So lässt sich der Effizienzgewinn aerodynamischer Optimierungen direkt ablesen. Diese Möglichkeiten kann der Kunde quasi kostenlos mitbenutzen.“

Am teuersten sind die Akkus

Die leistungsfähigsten Motoren liefern derzeit 80 kW bei einer Betriebsspannung von 120 V. „Wir können damit den Ultraleicht-Markt bis zum Zweisitzer abdecken.“ Höhere Leistungen habe man nicht im Fokus, der UL-Markt sei groß genug, das Potenzial für entsprechende Lösungen riesig. Das betrifft auch Flugzeuge, die noch mit Verbrennungsmotoren unterwegs sind. „Jede Woche bekommen wir Anfragen von Segelfliegern, die ihre Heimkehrhilfe nicht mehr gewartet bekommen und sich nach anderen Optionen umschauen.“ Allerdings: Noch ist der Anschaffungspreis für die leise und smarte Antriebslösung gegenüber einem Verbrenner um den Faktor zwei höher. Obwohl die Betriebs- und Wartungskosten deutlich geringer ausfallen, schrecke das noch viele Interessenten ab.

Hauptkostenfaktor sind übrigens die Akkus mit einem Anteil von 60 % bis 70 % an den Gesamtkosten. Bei kleineren Systemen sind es 30 % bis 40 %, bei größeren mit mehr Energiebedarf steigt der Anteil deutlich.

Fünf ZIM-Förderprojekte (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand der Bundesregierung) hat Geiger in den letzten zehn Jahren absolviert – nach dem ersten Schock ob der Komplexität der Anträge, die ihn trotz externer Unterstützung mitunter wochenlang beschäftigten, sei der Projektablauf selbst problemlos gelaufen. „Das ist ein guter Weg, um Forschungsprojekte zu finanzieren“, resümiert Geiger. „Wir konnten so auch einige wertvolle Patente entwickeln.“

Wie aber steht es um Mitbewerber? Geiger denkt nach, sagt dann: „Haben wir eigentlich nicht.“ Ein chinesisches Unternehmen habe eine Zeit lang versucht, Kopien zu verkaufen, ist aber gescheitert. „Man muss den Markt schon genau kennen, wobei wir ja genau genommen mehrere Teilmärkte mit ganz eigenen Anforderungen haben.“ Die Flieger passen nicht in ein übliches Vermarktungsschema, weiß Geiger. „Wir sind selbst Teil der Fliegergemeinde, also ganz nah dran an den Endkunden, bekommen viele wertvolle Informationen aus erster Hand, die wir dann sofort in die Entwicklung einfließen lassen können. Wenn es schnell gehen soll, dann haben wir eine Lösung schon am nächsten Morgen parat.“

Ein Beitrag von:

  • Armin Scharf

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