Bosch testet ersten Wasserstoff-Truck im Werksverkehr
Bosch testet in Nürnberg seinen ersten Wasserstoff-Truck im Werksverkehr – ein Schritt hin zur klimafreundlichen Logistik.
Bosch startet in seinem Werk in Nürnberg erstmals mit einem brennstoffzellenelektrischen Truck in den Realbetrieb.
Foto: Bosch
Bosch hat in Nürnberg seinen ersten brennstoffzellenelektrischen Lkw im Werksverkehr in Betrieb genommen. Das Fahrzeug ist mit dem hauseigenen Fuel Cell Power Module (FCPM) ausgestattet – jenem System, das gerade für den Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten nominiert wurde.
„Als wir beschlossen haben, unseren Werksverkehr klimafreundlicher zu gestalten, war klar: Wir wollen einen Lkw mit FCPM von Bosch“, sagt Alexander Weichsel, kaufmännischer Werkleiter in Nürnberg. Der Truck soll nicht nur Emissionen einsparen, sondern auch zeigen, dass Brennstoffzellen längst im Alltag funktionieren.
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Wasserstoff trifft Sauerstoff – Strom entsteht
Das Herz des Fahrzeugs ist die Brennstoffzelle. Vereinfacht gesagt, reagiert darin Wasserstoff mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft. Dabei entsteht Strom – und als Nebenprodukt nur Wasser. So kann ein Truck komplett elektrisch fahren, ohne eine schwere Batterie zu brauchen. Wird der Wasserstoff zudem mit erneuerbaren Energien hergestellt, ist der Betrieb nahezu klimaneutral.
Der 40-Tonner stammt von Iveco und wird im Auftrag des Bosch-Werks von der Spedition Schäflein betrieben. Diese mietet den Truck von Hylane, einem auf emissionsfreie Nutzfahrzeuge spezialisierten Anbieter. Rund 12.000 Kilometer pro Jahr soll das Fahrzeug auf festen Routen zurücklegen – vor allem, um eigene Bosch-Produkte zwischen den Standorten zu transportieren.
800 Kilometer mit einer Tankfüllung
Der Lkw kommt mit einer Tankfüllung bis zu 800 Kilometer weit. Im Inneren des Fahrzeugs stecken fünf Wasserstofftanks, die rund 70 Kilogramm Gas bei 700 bar speichern. Das Brennstoffzellensystem liefert mehr als 200 Kilowatt Leistung, gespeist wird eine elektrische Achse. Zwei Batteriepakete dienen als Zwischenspeicher, um Leistungsspitzen abzufangen.
Insgesamt erreicht der Truck eine Systemleistung von rund 400 Kilowatt – genug, um die zulässigen 44 Tonnen Gesamtgewicht souverän zu bewegen. „Der problemlose Betrieb zeigt, dass die Brennstoffzelle reif für den Serieneinsatz ist“, so Weichsel. Betankt wird der Lkw in wenigen Minuten – ähnlich schnell wie ein Diesel. Und anders als bei batterieelektrischen Fahrzeugen bleibt die Reichweite auch bei Kälte konstant.
Test im Alltag – Daten für die Zukunft
Für Bosch ist der Einsatz mehr als nur ein Pilotprojekt. Der Realbetrieb liefert wertvolle Daten: Wie verhält sich das System bei unterschiedlichen Lasten, wie altert es, wie effizient läuft es im Dauerbetrieb? All das fließt in die Entwicklung der nächsten Generation ein – in kompaktere Modelle wie das Compact 190 oder das Compact 300.
Das Werk in Nürnberg spielt dabei eine doppelte Rolle: als Nutzer und als Testlabor. Die Daten aus dem Truck ergänzen Simulationen, die Bosch mit digitalen Zwillingen durchführt. Jedes FCPM existiert also auch virtuell – und ermöglicht Ingenieurinnen und Ingenieuren, Parameter wie Temperatur oder Druck in Echtzeit zu analysieren.
Komplex, aber robust gebaut
Das Brennstoffzellenmodul gilt als das komplexeste System, das Bosch je entwickelt hat – über 1000 Einzelteile, etwa 500 Kilogramm schwer. Im Zentrum steht der sogenannte Stack, in dem die chemische Reaktion stattfindet. Dazu kommen Komponenten wie ein Wasserstoff-Dosierventil, eine Rezirkulationspumpe und ein elektrischer Luftverdichter.
Bosch fertigt all das selbst – vom Stack im Werk Bamberg bis zu den Luftkompressoren aus Homburg. Die Serienproduktion läuft seit Mitte 2023 in Stuttgart-Feuerbach und im chinesischen Chongqing. Ein Vorteil: Für die Herstellung werden kaum kritische Rohstoffe benötigt. Stattdessen setzt Bosch auf Verfahren wie das Highspeed-Laserschweißen, bei dem pro System über einen Kilometer Schweißnähte wasserstoffdicht versiegelt werden.
Ein leiser Riese
Wer neben dem Truck steht, hört kaum etwas. Kein lautes Motorengeräusch, keine Vibrationen – nur das leise Surren der Elektronik. Damit könnte der Wasserstoff-Lkw nicht nur in der Logistik, sondern auch im städtischen Lieferverkehr Vorteile bringen. Die Robustheit entspricht der eines Diesels, die Handhabung ebenfalls. Das Modul ist so konstruiert, dass es in denselben Bauraum passt, den heute noch der Verbrennungsmotor belegt.
Praktisch: Die Technik lässt sich auch in Schiffen einsetzen oder zur Stromversorgung von Rechenzentren nutzen. Umgekehrt arbeitet Bosch an Elektrolyseuren, die Wasserstoff mit erneuerbarer Energie herstellen – also am Anfang der Wertschöpfungskette.
„Wir müssen dringend mit dem Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft und der entsprechenden Infrastruktur für die Erzeugung, Speicherung und Nutzung von Wasserstoff beginnen“, betont Bosch-Chef Stefan Hartung. „China und auch Indien zeigen uns, wie das gehen kann. Wir als Industrie stehen mit technischen Lösungen bereit – das FCPM ist ein erster Baustein.“
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