Unterwasser-Baustellen leiser machen: Blasenschleier im Einsatz
Offshore-Lärm gefährdet Schweinswale. Blasenschleier wirken wie ein Schutzwall aus Luftblasen. So funktioniert die Technik.
Luftblasen als Lärmschutz: Blasenschleier reduzieren Schall beim Bau von Offshore-Windparks und schützen die Unterwasserwelt.
Foto: PantherMedia / balipadma
Wer schon einmal unter Wasser getaucht ist, weiß, wie weit sich Geräusche dort tragen. Ein leises Klopfen klingt plötzlich laut und nah. Wenn beim Bau von Offshore-Anlagen tonnenschwere Pfähle in den Meeresboden gerammt werden, potenziert sich dieser Effekt. Die Schläge hallen kilometerweit. Für Meeressäuger wie Schweinswale bedeutet das Stress, Orientierungslosigkeit oder sogar Gehörschäden. Genau hier setzt eine Technologie an, die fast unscheinbar wirkt: der Blasenschleier. Er verwandelt aufsteigende Luftblasen in eine wirksame Schallbarriere.
Inhaltsverzeichnis
Ozeanpakt und neue Vorgaben
Die Europäische Union hat mit dem Ozeanpakt einen Rahmen geschaffen, um die Meere besser zu schützen. Ziel ist, Infrastrukturprojekte wie Windparks oder Tunnel mit möglichst geringen Belastungen umzusetzen. Lärm steht dabei ganz oben auf der Liste der Risiken.
Für die EU ist klar: Offshore-Windkraft soll beim Klimaschutz eine tragende Rolle spielen. Aber nur, wenn der Bau mit dem Schutz von Flora und Fauna vereinbar ist. Der Ozeanpakt setzt deshalb auf verbindliche Regeln und fordert Technologien, die Geräusche eindämmen.
Aggreko bringt Erfahrung ein
Das britische Unternehmen Aggreko zählt zu den Pionieren, die früh erkannt haben, welche Rolle Blasenschleier beim Bau von Offshore-Anlagen spielen können. André Wellmann, Vertriebsmanager im Geschäftsfeld Utilities, betont: „Offshore-Windenergie ist für die Erreichung unserer Klimaziele unerlässlich, aber wir müssen sicherstellen, dass der Bau der Anlagen die Meeresökosysteme nicht gefährdet.“
Aggreko liefert nicht nur die Technik für den Blasenschleier, sondern auch die Infrastruktur, die ihn zuverlässig macht. Dazu gehören ölfreie Druckluftkompressoren, die verhindern, dass Öl ins Wasser gelangt, sowie Fernüberwachungssysteme, die die Funktionsfähigkeit während der gesamten Bauphase sicherstellen. Für Unternehmen bedeutet das geringere Risiken – sowohl ökologisch als auch rechtlich.
Was passiert beim Rammen?
Um eine Windkraftanlage offshore zu errichten, werden Stahlpfähle bis zu 30 Meter tief in den Meeresboden geschlagen. Jeder Schlag erzeugt Lärm, der in seiner Intensität mit einem startenden Düsenjet vergleichbar ist – nur eben unter Wasser. Geräusche breiten sich dort etwa fünfmal schneller aus als in Luft.
Besonders empfindlich reagieren Schweinswale. Sie orientieren sich mit Ultraschall im Frequenzbereich bis 150 Kilohertz. Wird dieses Sinnesorgan durch Schallwellen gestört, verlieren die Tiere die Orientierung. Fachleute unterscheiden zwischen einer vorübergehenden Schwerhörigkeit (Temporary Threshold Shift) und einer dauerhaften Schädigung (Permanent Threshold Shift). Beides ist für die Tiere gefährlich.
Die Idee der Blasenschleier
Die Lösung klingt simpel: Luftblasen. Doch die Technik dahinter ist ausgeklügelt. Auf dem Meeresboden verlegen Spezialfirmen perforierte Schläuche in einem Kreis um die Baustelle. Kompressoren pumpen Druckluft hinein. Aus den Düsen entweichen Blasen, die zur Oberfläche steigen und dabei eine Art Vorhang bilden. Dieser Blasenschleier bricht die Schallwellen und schwächt sie ab.
Die Praxis zeigt, dass damit deutliche Effekte erreichbar sind. Messungen bei Forschungsplattformen wie FINO 3 oder im Windpark alpha ventus haben Schallminderungen von bis zu 18 Dezibel ergeben. Das ist für das empfindliche Gehör von Meeressäugern ein relevanter Unterschied.
Big Bubble Curtain – der große Bruder
In Deutschland hat sich besonders der „Big Bubble Curtain“ etabliert. Das Bundesumweltministerium förderte die Entwicklung, nachdem klar wurde, dass Meerestiere beim Bau von Offshore-Windparks akut bedroht sind. Ein flexibles Schlauchsystem mit Düsen wird am Meeresgrund ausgebracht, bei Bedarf auch in zwei Ringen. Mit Luftdrücken von bis zu 10 bar entsteht eine geschlossene Wand aus Blasen.
Schon 2008 kam der große Blasenschleier beim Bau der Forschungsplattform FINO 3 zum Einsatz. Seitdem gilt er als Standard bei Offshore-Bauvorhaben in Nord- und Ostsee – auch bei Munitionssprengungen. Mit einem Ring sind 15 Dezibel Schalldämpfung möglich, mit zwei Ringen bis zu 18 Dezibel.
Technik trifft auf Vorschriften
Die EU und deutsche Behörden haben klare Lärmgrenzen gesetzt. In Nord- und Ostsee gilt ein Grenzwert von 160 dB SEL in 750 Metern Abstand zur Schallquelle. Ohne Schutzmaßnahmen wird dieser Wert bei Rammarbeiten deutlich überschritten.
Damit Projekte wie der Fehmarnbelt-Tunnel oder neue Windparks genehmigt werden können, sind Blasenschleier inzwischen praktisch Pflicht. Aggreko rät Bauunternehmen, ölfreie Kompressoren einzuplanen. So wird vermieden, dass Öl ins Wasser gelangt. „Die Blasenschleiertechnologie wirkt dem entgegen. Sie erzeugt eine Barriere aus Luftblasen, die die Schallwellen absorbiert und zerstreut“, betont André Wellmann.
Die Technik hat ihren Preis. Beim Bau des Trianel-Windparks vor Borkum investierten die Betreiber rund 5 Mio. € allein in den Unterwasser-Lärmschutz. Pressesprecher Elmar Thyen erklärte damals: „Wir müssen einen Ausgleich schaffen zwischen den Bedürfnissen des Naturschutzes und der Wirtschaftlichkeit.“
Grenzen und Herausforderungen
Ein Problem bleibt die Strömung. Blasen können abgetrieben werden, sodass die Schutzwand durchlässig wird. Außerdem verändert sich die Größe der Blasen beim Aufsteigen. Das macht die genaue Steuerung schwierig. „Die Blase verhält sich so, wie die Natur es vorgibt“, sagt Cay Grunau von der Hydrotechnik Lübeck GmbH. Er hat die Idee einer Druckluftsperre zum Lärmschutz weiterentwickelt.
Auch die Installation ist anspruchsvoll: Schlauchsysteme müssen präzise verlegt, Luftmengen genau berechnet und Kompressoren überwacht werden. Moderne Systeme nutzen daher Fernüberwachung, um die Effizienz während der gesamten Bauphase sicherzustellen.
Blick nach vorn
Für Aggreko ist der nächste Schritt klar: Politik und Wirtschaft müssen gemeinsam prüfen, wie Blasenschleier fester Bestandteil des Ozeanpakts werden. „Mit ihnen lässt sich sicherstellen, dass Offshore-, Wind- und Meeresinfrastrukturprojekte nicht nur effizient umgesetzt werden, sondern auch umweltverträglich und mit dem Ozeanpakt konform sind“, so Wellmann.
Aggreko verweist darauf, dass die Technologie bereits erfolgreich in europäischen Gewässern eingesetzt wurde. Das Unternehmen bietet an, seine Erfahrung in künftige Projekte einzubringen – und damit sicherzustellen, dass der Schutz der Meere und die Energiewende Hand in Hand gehen.
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