Wetterphänomen 26.07.2025, 19:37 Uhr

Sommermonsun: Warum es in Bayern wie in Indien regnet

Sommermonsun in Bayern? Wir erklären, wie er entsteht – und was ihn von tropischen Monsunen unterscheidet.

aufziehendes Gewitter in Oberbayern

Aufziehendes Gewitter in Oberbayern am 25. Juli: Es brachte bereits heftige, monsunartige Regenfälle.

Foto: picture alliance / CHROMORANGE | Li Bro.photo

Der Begriff „Monsun“ weckt Assoziationen an Regenzeit in Indien, tropische Hitze und meterhohe Niederschläge. Doch seit Kurzem taucht er auch in deutschen Wetterberichten auf – genauer gesagt: in Bayern. Dort ist Ende Juli 2025 von einem „Sommermonsun“ die Rede. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte vor tagelangem Starkregen, besonders in den Alpenregionen. Meteorolog*innen sprachen von einem Phänomen, das sich in Mitteleuropa festgesetzt hat. Doch wie genau entsteht so ein mitteleuropäischer Sommermonsun – und ist er mit dem asiatischen Original vergleichbar?

Was Meteorologen meinen, wenn sie „Sommermonsun“ sagen

Am letzten Juliwochenende 2025 schieben sich schwere Gewitter über Bayern. Es fällt fast ununterbrochen Regen – in Mengen, die nur alle zehn Jahre zu erwarten sind. In den Alpen kommen zwischen 100 und 150 Liter Wasser pro Quadratmeter innerhalb von drei Tagen zusammen. Der DWD spricht von einer „labil geschichteten Meeresluftmasse mit hoher Luftfeuchtigkeit“, die vom Rand eines Azorenhochs nach Bayern zieht. Diese feuchte Luft trifft dort auf kältere Schichten, was zur Ausbildung intensiver Niederschläge führte.

In der Fachsprache nennt man solche Wetterlagen mit langen Regenperioden und warm-feuchter Luft „sommerliche Troglagen“ oder auch „quasistationäre Höhentiefs“. In der Medienberichterstattung hat sich der Begriff „Sommermonsun“ eingebürgert – auch wenn er meteorologisch nicht exakt passt. Der Begriff ist eher eine Analogie, erklärt aber bildhaft, was passiert: Über mehrere Tage hinweg fällt ungewöhnlich viel Regen, gespeist von feuchter Warmluft, die sich in einer bestimmten Region staut.

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Feuchte Energie trifft auf stabiles Hoch

Wie kommt es zu dieser besonderen Wetterlage? Der Sommer 2025 war bislang geprägt von einem stabilen Hochdrucksystem über Südosteuropa. Gleichzeitig blieben die Temperaturen im Mittelmeerraum ungewöhnlich hoch – teilweise über 27 Grad. Das warme Wasser verdunstet viel Feuchtigkeit, die sich in den unteren Luftschichten anreichert. Diese warme, feuchte Luft steigt in Richtung Mitteleuropa auf, wo sie auf kühlere Luftmassen trifft.

Dabei entsteht ein Störimpuls – ein kleineres Tiefdruckgebiet – das sich in das Hochdrucksystem „eindreht“. Das Hoch wirkt dabei wie ein Deckel: Der Impuls wird nicht weitergeleitet, sondern bleibt an Ort und Stelle. Dieses quasistationäre Verhalten führt dazu, dass sich die Niederschläge über Tage hinweg über derselben Region entladen – in diesem Fall über Bayern. Meteorologisch beschreibt das amerikanische Wettermodell dieses Verhalten als „eingeschlossenes Höhentief mit Feuchtenachschub“.

Monsun: Ein Begriff mit Ursprung in den Tropen

Der Begriff „Monsun“ stammt aus dem Arabischen und bedeutet so viel wie „Jahreszeit“. In der Meteorologie beschreibt er eine Luftzirkulation, die sich im Jahresverlauf regelmäßig ändert. Besonders bekannt ist der Monsun aus Indien. Dort prägt er das Klima und sorgt im Sommer für anhaltenden Regen, im Winter hingegen für trockene Phasen. Ursache ist das Wechselspiel zwischen Land und Meer: Während sich die Landmasse im Sommer stark aufheizt, bleibt das Meer vergleichsweise kühl. Diese Temperaturdifferenz erzeugt Druckunterschiede, die feuchte Luftmassen vom Ozean ins Landesinnere ziehen lassen.

Beim sogenannten Sommermonsun strömt diese feuchte Luft gegen Hindernisse wie den Himalaya. Dort regnet sie sich aus – mit enormer Wucht. In einigen Regionen fallen innerhalb weniger Wochen mehrere Meter Niederschlag. Der Wintermonsun kehrt dieses Muster um: Kalte Luftmassen vom Kontinent strömen zurück aufs Meer und bringen Trockenheit.

Sommermonsun in Bayern – ein Vergleich mit Indien?

Im Vergleich dazu wirkt der „Sommermonsun“ in Bayern eher wie eine lokale Besonderheit. Dennoch gibt es Parallelen. Auch in Mitteleuropa kann sich warme, feuchte Luft in einem begrenzten Gebiet stauen. Entscheidend ist dabei die Kombination aus hoher Luftfeuchtigkeit, labiler Schichtung der Atmosphäre und fehlender Luftbewegung. Diese Zutaten führen zu anhaltenden Regenfällen – ähnlich wie in einem Monsunklima, nur in kleinerem Maßstab.

„Wir sprechen bei solchen Lagen manchmal von einem mitteleuropäischen Sommermonsun“, erklärt der DWD. Die Ursache liegt häufig in einem blockierenden Hochdruckgebiet über Osteuropa, das Störungen aus dem Westen nicht abziehen lässt. Dadurch bleibt feuchte Luft über Süddeutschland hängen – und regnet sich tagelang ab.

Der Mittelmeer-Einfluss: Warum es immer öfter kracht

Ein Blick auf die Meere zeigt: Das Mittelmeer ist deutlich zu warm. Im Juli 2025 lag die durchschnittliche Oberflächentemperatur bei rund 27 Grad – etwa 2 Grad über dem langjährigen Mittel. Das ist kein Detail, sondern ein wesentlicher Faktor. Denn warme Meere liefern der Atmosphäre mehr Feuchtigkeit. Diese feuchte Energie – in der Meteorologie spricht man von latenter Wärme – ist der Treibstoff für konvektive Wetterlagen. Gewitter, Starkregen und Höhentiefs finden damit beste Bedingungen.

Das Prinzip ist einfach: Je wärmer das Wasser, desto mehr Wasser verdunstet. Und je mehr Wasserdampf die Luft transportiert, desto mehr Regen kann fallen. Wenn diese Luftmassen dann nicht weiterziehen können, weil ein Hochdrucksystem blockiert, entsteht genau die Wetterlage, die Bayern Ende Juli getroffen hat.

Der Alpenbogen als natürliche Wetterscheide

Ein weiteres Puzzlestück ist die Topografie. Der Alpenraum wirkt wie ein natürlicher Damm. Trifft feuchte Luft aus Süden oder Südosten auf das Gebirge, wird sie zum Aufsteigen gezwungen. Dabei kühlt sie ab und gibt ihre Feuchtigkeit in Form von Regen ab. In der Fachsprache heißt dieses Phänomen Stauregen. Besonders in Regionen wie dem Allgäu, Berchtesgaden oder dem Werdenfelser Land kann es deshalb zu extremen Regenmengen kommen – genau wie in diesem Sommer.

Die Gefahr steigt, wenn diese Regenfälle nicht mehr punktuell, sondern flächendeckend auftreten. Wenn sich über mehrere Tage hinweg Gewitterzellen und Höhentiefs an derselben Stelle festsetzen, entsteht eine sogenannte trainierende Wetterlage. Dabei ziehen immer wieder Regenzellen über denselben Bereich – wie Waggons eines Güterzugs. Die Folgen: Überschwemmungen, vollgelaufene Keller und steigende Pegel in Flüssen.

Der Sommer spielt verrückt – und das ist kein Zufall

Meteorolog*innen beobachten seit Jahren eine Häufung solcher Wetterlagen. Die Ursache liegt unter anderem im veränderten Verhalten der Jetstreams – also der Starkwindbänder, die das Wettergeschehen lenken. Sie verlaufen heute oft wellenförmiger und bewegen sich langsamer als früher. Dadurch bleiben Hochs und Tiefs länger an Ort und Stelle.

Hinzu kommen wärmere Meere, veränderte Luftdruckverteilungen und ein insgesamt instabileres Klimasystem. All das führt dazu, dass sich feuchtwarme Luftmassen häufiger und länger über Mitteleuropa halten. „Was wir erleben, ist keine normale Wetterlage mehr“, heißt es in einer aktuellen Analyse. „Es handelt sich um ein neues Muster, das wir genau beobachten müssen.“

Wetter bleibt Wetter – oder doch ein Trend?

Natürlich lässt sich kein einzelnes Unwetter einem globalen Trend zuordnen. Wetter bleibt zunächst immer ein kurzfristiges Phänomen. Aber wenn sich solche Lagen häufen – wie es in den letzten Jahren der Fall war – deutet vieles auf einen Zusammenhang mit dem Klimawandel hin. Die Erwärmung der Atmosphäre, die Verschiebung von Druckgebieten, die Zunahme feuchter Luftmassen: All das sind Bausteine, die die Entstehung eines mitteleuropäischen Sommermonsuns wahrscheinlicher machen.

Ausblick: Was bedeutet das für Bayern?

Die Meteorologie spricht derzeit noch nicht von einem festen Klimaphänomen. Doch die Wiederholung ähnlicher Lagen macht deutlich: Der Sommer in Bayern wird nasser, unbeständiger und von feuchter Warmluft geprägt. Das hat Konsequenzen für Infrastruktur, Landwirtschaft und Wasserwirtschaft. Denn wenn auf einmal 150 Liter Regen pro Quadratmeter fallen, stoßen viele Systeme an ihre Grenzen.

„Das war nicht das letzte Mal“, sagt ein Sprecher des DWD. Die Kombination aus warmen Meeren, blockierenden Hochs und stationären Tiefdruckgebieten sei ein ernstzunehmender Trend. Wie stark sich dieses Muster künftig zeigt, hängt auch davon ab, wie sich das globale Klimasystem weiter verändert.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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